Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
kann sich nicht einfach hinter einem Stein verstecken!
Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen! Gymers-Berg! Gymer! War das möglich? Mit weit aufgerissenen Augen, fragte sie aufgeregt:
»Wie groß sind diese Trolle eigentlich wirklich?« Kunar sperrte die Augen auf und starrte auf den mächtigen Kothaufen!
»Na klar!«, rief er und schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Wieso bin ich nicht gleich darauf gekommen! Gymer!« Er pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Groß!«, sagte er dann ehrfürchtig und fixierte immer noch den schwirrenden Haufen.
»Sehr groß! Groß genug für das da jedenfalls!«
»Unglaublich!«, flüsterte Charlie. Kunar nickte.
»Ja, wirklich Wahnsinn! Na zumindest haben wir laut Biarn nichts von ihm zu befürchten. Er schläft jetzt irgendwo anders. Hoffentlich!«, fügte er stirnrunzelnd hinzu.
Ja, dachte Charlie mit einem letzten Blick auf den mächtigen Rimturs Kothaufen. Hoffentlich!
Die Eröffnung der Jagdsaison wurde in Vanaheim gewöhnlich mit einem Fest begrüßt. Um der Tradition zumindest im Ansatz treu zu bleiben, bereitete Tora mit Charlies Hilfe ein köstliches Kaninchenragout zu. Kunar war damit beschäftigt, sich neue stärkere Pfeile zu schnitzen. Er und Charlie wollten am nächsten Tag Jagd auf größeres Wild machen. Bergziege stand ganz oben auf ihrer Liste. Hirsche, Rehe und Elche waren zwar sehr schmackhaft, aber lebten leider nicht auf Gymers felsigem Berg. Dazu müssten sie in die alten Wichtelwälder ziehe n und davor hatte ihnen Biarn abgeraten. Ziegen dagegen waren sie schon häufig begegnet.
Die Jagdsaison begann immer an dem Tag im Herbst, an dem Tag und Nacht genau gleich lang waren. Und das war heute der Fall. Während Tora auf Pilzsuche ging, schulterten Kunar und Charlie ihre Bögen und marschierten in den Berg.
Kunar hatte auf seinen zahlreichen Streifzügen einen Felsvorsprung ausgemacht, an dem sich fast immer eine kleinere Herde Böcke auf hielt. Dorthin waren sie unterwegs.
Sie waren bereits zwei Stunden durch das unwegsame Gelände geklettert, als sie endlich den Felsvorsprung erreichten. Kunar und Charlie gingen hinter einem Gebüsch in Deckung und beobachteten eine Weile schweigsam die Lage. Drei Böcke lagen friedlich im Halbschatten und dösten, zwei weitere maßen ihre Kräfte in einem spielerischen Kampf. Sie konnten klar und deutlich das helle Klacken hören, dass jedes Mal erklang, wenn die gewundenen langen Hörner aufeinander schlugen.
Ein Stückchen weiter entfernt, an einem kleinen Abhang, graste ein einzelner, etwas kleinerer Bock. Ab und an hob er seinen Kopf und warf einen Blick auf seine kämpfenden Herdenkameraden.
»Der da!«, flüsterte Kunar und zeigte auf das grasende Tier. Charlie nickte. Genau wie Kunar nahm sie langsam ihren Bogen in ihre linke Hand, griff nach einem Pfeil und legte ihn bereit. Pfeil und Bogen zielsicher vor sich hertragend, pirschten sie sich vorsichtig näher.
In dieser kargen Landschaft ständig in Deckung zu bleiben, war schier unmöglich. Um nahe genug heranzukommen, mussten sie einige Meter schutzlos vorwärts schleichen. Während sie die letzten Schritte auf ihr Opfer zu machten, spannten Charlie und Kunar ihre Bögen. Genau in dem Moment, als der Bock Witterung aufnahm und sein Kopf ruckartig in die Höhe flog, gab Kunar das Zeichen! Ein kurzes Kopfnicken nur, und schon schwirrten zwei Pfeile durch die Luft!
Der kleine Bock hatte keine Chance! Beide Pfeile trafen sicher ihr Ziel und bohrten sich in seinen Körper! Er war sofort tot. Kunar hatte seinen Pfeil zielsicher platziert. Erleichtert sah Charlie, wie der kleine Bock sofort zu Boden stürzte und reglos liegen blieb.
Während der Rest der kleinen Herde panisch die Flucht ergriff, rannten Charlie und Kunar zu ihrer Beute. Heute Abend würde endlich einmal etwas anderes als Kaninchen oder Leogriff auf dem Speiseplan stehen!
Der Ziegenbock war aus der Nähe betrachtet doch um einiges größer, als Charlie gedacht hatte! Zufrieden zog Kunar seinen Pfeil aus dem toten Tier. Blut sickerte hervor.
»Fleisch für viele Tage!«, sagte er glücklich. »Tora wird sich freuen, endlich einmal etwas anderes servieren zu können!« Charlie lächelte. Wohl wahr , dachte sie. Seit Monaten hatte sie nichts anderes als Kaninchen, Leogriff oder andere Vögel gegessen! Nachdem auch Charlie ihren Pfeil wieder an sich genommen hatte, verknoteten sie Hinter-und Vorderläufe des Bockes und sahen sich nach einem geeigneten Tragestock
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