Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
kam das nicht in Frage. Sie war sich dessen, dort in der Höhle soeben ernsthaft bewusst geworden. Für den Fall, dass es ihnen nicht gelang , die Sphinx zurück zur Erde zu bringen, gab es für sie keine andere Wahl. Sie würde Tora und ihren Schützlingen vertrauen müssen. Sie würde darauf vertrauen müssen, dass das Band zwischen den jungen Sphinx und ihrer Ziehmutter Tora stark genug war. Stark genug, um die einzige Familie, die sie zurzeit kannten, zu schützen.
»Wir werden es für uns behalten müssen, Tora. Kunar und Biarn würden das Risiko vermutlich nicht eingehen.« Tora nickte besorgt und verknotete ihre Hände.
»Ich weiß«, flüsterte sie. »Deswegen habe ich auch nichts gesagt.«
Charlie schwieg. Hatten sie das Recht, diese Entscheidung alleine zu fällen? Obwohl sie damit vielleicht ihren einzigen sicheren Ort aufs Spiel setzten? Obwohl sie riskierten den Zorn der Sippen auf sich zu lenken und damit nicht nur sich selbst in Gefahr brachten? Zweifel nagten an ihr. Hoffentlich begingen sie nicht einen großen Fehler. Sie seufzte noch einmal und sah wie Tora sich ebenso besorgt und schuldbewusst an die steinerne Wand der Vorratskammer lehnte. Sie standen sich lange schweigend gegenüber. Plötzlich sagte Charlie:
»Hier, probiere mal das Wasser!« Sie hielt Tora die Holzschüssel mit dem Blütenwasser entgegen.
»Nimm nur wenig. Es ist sehr stark.« Tora sah Charlie verständnislos an. Charlie erklärte:
»Das ist das Wasser in dem unsere Blüten ihr Sonnenbad genommen haben. Ich habe die Blüten abgeschöpft. Das Wasser hat irgendwie die Energie des Blaukrautes übernommen. Frage mich nicht wieso, aber es ist so. Ich habe es genau gespürt, als ich etwas davon aus Versehen verschüttete.«
Tora nippte an der Flüssigkeit. Es passierte sofort. Toras Blick wurde weich. Verträumt starrte sie ins Leere und seufzte wohlig. Charlie beobachtete Tora genau.
»Tora?«, fragte sie nach einer Weile. »Tora? Ist alles in Ordnung?« Toras Blick wurde heller und traf Charlies. Sie lächelte sanft.
»Ja«, sagte sie. »Alles in Ordnung.« Sie sah auf die Schüssel in ihren Händen herab und lächelte zufrieden.
»Du hast recht gehabt , Charlie. Eine Medizin für Gefühle.« Sie zögerte. »Es geht mir gut. Endlich geht es mir wieder gut.« Tränen traten in ihre Augen. »Ich habe nichts vergessen, aber es ist jetzt gut.« Charlie starrte Tora ungläubig an. Tora sprach weiter.
»Es ist schrecklich, was passiert ist. Ganz furchtbar und grausam, aber es ist jetzt gut. Ich kann es ertragen, daran zu denken ohne zu verzweifeln. Ich kann wieder klar denken, Charlie.« Sie schwiegen eine Weile.
»Es ist, als ob ich mein inneres Gleichgewicht wiederhabe«, flüsterte Tora schließlich.
19. Oden
»Und wie bewahren wir jetzt diese flüssige Medizin auf?«, fragte Charlie. Es war am nächsten Morgen und alle waren bereits auf den Beinen und gingen ihren täglichen Aufgaben nach. Kunar war auf der Jagd, Hanna fegte die Höhle aus, und Tora und Charlie räumten auf.
Biarn hatte für all ihre getrockneten Kräuter und Wurzeln Tuch mitgebracht, so bewahrten Charlie und Tora ihre Kostbarkeiten in kleinen Seidenbeutelchen auf, ähnlich dem kleinen braunen Beutel mit dem Lindwurmblutskraut, den Charlie von der alten Fulla bekommen hatte. Verschließbare Glasflaschen gab es in Vanaheim nicht. Tora hatte von Tonkrügen erzählt, in denen Saligaster Jul-Med aufbewahrt hatte. Aber leider besaßen sie keine Sammlung an handlich großen Tonfläschchen.
»Vielleicht kann man die Blüten getrocknet aufbewahren und sie dann frisch zubereiten?«, überlegte Tora.
»Du meinst, dass die getrockneten Blüten ein Sonnenbad nehmen sollen? Das müssen wir aber vorher ausprobieren.« Das Ergebnis war äußerst unbefriedigend. Charlie und Tora mussten feststellen, dass offenbar nur frisch gepflückte Blüten ihre Energie auf das Wasser übertrugen.
In den nächsten Tagen kamen sie außerdem zu dem Schluss, dass offensichtlich nicht das Wasserbad allein, sondern das Sonnenbad der Schlüssel zum Erfolg war. Nur wenn sie morgens frische Blüten in Wasser legten und die Sonne den ganzen Tag darauf schien, nahm das Wasser die Energie der kleinen blaulila Blüten auf. Eine recht aufwändige Herstellungsmethode. Sie deckten die so erlangte Flüssigkeit erst einmal mit einem Tuch ab und hofften darauf, dass Biarn ihnen kleine Tonfläschchen besorgen konnte.
Sie mussten noch eine ganze Weile darauf warten, genau genommen noch fast drei
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