Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
es Sagen über Wesen, die sich Vampire nennen. Der Beschreibung nach passen sie wirklich gut auf eure Nidhöggs hier.«
»Tatsächlich?«, fragte Biarn. Charlie nickte.
»Und der Drache, ich meine natürlich der Lindwurm, den wir aus Versehen mitgebracht haben, hat sich auch verwandelt, als er hier herkam. Und nicht nur der! Denk mal an die Katzen, die hier zu Sphinx wurden. Diese Verwandlungsgeschichte kann doch kein Zufall sein, oder? Ich frage mich, was hier so Besonderes ist, dass es all diese Wesen gibt. Du hattest diesen Gedanken doch auch schon. «
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte Biarn. »Aber sagtest du nicht, es hätte in deiner Welt der Sage nach auch Lindwürmer und andere Wesen gegeben? Weshalb sollte es sie früher gegeben haben, in Fleisch und Blut, und heute verwandeln sie sich zu Fliegen oder Katzen?« Charlie zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Aber seltsam ist es doch schon, oder nicht?« Biarn nickte nachdenklich.
»Eine interessante Idee, dass es hier auf Godheim etwas gibt, was es auf Mannaheim nicht gibt oder nicht mehr gibt.«
Natürlich, schoss es Charlie durch den Kopf! Das musste es sein! Etwas, das es einmal gegeben hat, aber nun nicht mehr gab! Das würde die Sagen von früher doch erklären!
»Dann müssen wir herausbekommen, was an Godheim so Besonderes ist!«, rief Charlie erregt. Wäre sie nicht so aufgeregt gewesen, hätte sie vermutlich dem grünen Blitz, der durch ihr Gehirn huschte, mehr Aufmerksamkeit geschenkt. So verschwand er unbeachtet in den Tiefen ihres Unterbewusstseins.
Charlie schlief unruhig. Die Nacht schien unendlich lang und viele Male fuhr sie in die Höhe, aus Angst den Sonnenaufgang verschlafen zu haben. Letztendlich musste sie doch einen längeren Zeitraum geschla fen haben, denn sie wurde sanft , aber bestimmt von Biarn wachgerüttelt. Sie hatte wieder, wie schon so oft in den letzten Monaten, von einem grünen Felsvorsprung geträumt.
Schlaftrunken setzte sie sich auf und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Sie gähnte, streckte sich und: oh Mann, tat das weh! Sie fühlte jeden einzelnen Muskel in ihrem Körper und durch ihren Sitzknochen fuhr ein stechender Schmerz. Der Tagesritt und die Ereignisse der vergangenen 24 Stunden forderten ihren Tribut. Charlie verzog das Gesicht und versuchte vorsichtig aufzustehen. Biarn hielt ihr einen Proviantbeutel entgegen.
»Hier! Iss etwas und dann brechen wir sofort auf.« Charlie nahm den Beutel wortlos entgegen und spähte zum Fenster hinaus. Die Sonne war hervorgekommen und der Himmel war frei. Keine Wolken und was noch wichtiger war, kein einziger Nidhögg weit und breit.
Sie stöhnte erleichtert und wandte sich ihrem Frühstück zu. Ihr Blick fiel auf das Bett, in dem sie geschlafen hatte. Am Kopfende lag ihr Amulett und direkt daneben der Hexenstein. Charlie war überrascht und hob beide Steine hoch. Sie konnte sich nicht erinnern, diesen pflaumengroßen, dunklen, fast schwarzen Stein mit dem auffälligen Loch darin, am Abend zuvor hervorgeholt zu haben. Sie hielt beide Steine nebeneinander in der Hand, und betrachtete sie nachdenklich. Zwei Steine, die unterschiedlicher kaum sein konnten. Plötzlich riss Biarn sie aus ihren Gedanken. Er war bereits draußen und rief:
»Bist du so weit, Charlie?« Er führte Gler und Skinfaxe an die Hüttentür und Charlie streifte sich schnell ihr Amulett über den Kopf und ließ den Hexenstein in eine ihrer vielen Taschen gleiten. Vermutlich war er bloß herausgefallen. Immerhin hatte sie ihren Umhang als Bettdecke benutzt.
Biarns langer Umhang verdeckte Skinfaxes Kruppe und damit auch den Großteil seiner blauen Tupfen. Zum Glück lahmte er nicht. Biarn behielt die Umgebung - und dazu gehörte auch der Himmel - stets im Auge. Tagsüber brauchten sie die Nidhöggs zwar nicht zu fürchten, dafür aber Hugin und Munin umso mehr. Biarn war sich sicher, dass neben Lodur und Höner auch Odens Späher an der Suche am Berg teilnehmen würden. Sie konnten nur hoffen, dass die Suche an der nördlichen Seite beginnen würde, was ihnen den nötigen Vorsprung liefern könnte.
Nur einige hundert Meter vom Steinbruch entfernt lag ein toter Nidhögg mitten auf dem sandigen Weg. Charlie schauderte bei diesem makaberen Anblick, denn er war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt! Biarn hob lediglich eine Augenbraue und steuerte Skinfaxe um die verkohlte Leiche herum. Der Geruch von verbranntem Fleisch lag in der Luft und ließ die Einhörner nervös tänzeln.
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