Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
Charlie hatte Mühe Gler vorwärtszutreiben. Er scheute seitwärts in den Wald und stürmte dann plötzlich hastig vorwärts, um den Anschluss an seinen Leithengst nicht zu verlieren.
Der zweite tote Nidhögg war etwas abseits des W eges zwischen die hohen W ichtel fichten gestürzt. Unmengen von Blut tränkten den Waldboden, das offensichtlich aus einer tiefen Stichwunde im Oberkörper hervorgequollen war. Biarn sprang aus dem Sattel und reichte Charlie die Zügel.
»Hier! Halte Skinfaxe!« Und bevor Charlie fragen konnte, was er vorhatte, lief Biarn mit wehendem Umhang zu dem toten Nidhögg hinüber. Er holte ein Messer hervor und kniete sich am Kopfende nieder.
Mit Entsetzen sah Charlie, wie Biarn sich ans Werk machte. Er packte den menschenähnlichen Kopf des Wesens und drehte ihn unsanft zu sich heran. Rote Augen starrten aus einem kreideweißen Gesicht ins Leere und ein schwarzer, lederartiger Kragen umrahmte den kahlen Kopf mit den riesigen Eckzähnen.
Mit Hilfe seines Messers brach Biarn die gefährlichen und begehrten Zähne aus dem Kiefer des toten Nidhöggs. Charlie hörte es Knirschen und Krachen und sah wie Biarn seinen ganzen Körper einsetzte, um genügend Hebelkraft zu erreichen. Bald lagen vier blutverschmierte Eckzähne im Moos und Biarn wischte sich das Nidhöggsblut von den Händen. Er holte einen Stoffbeutel aus einer Tasche im Umhang und ließ die Schätze darin verschwinden. Dann kam er zu Charlie zurück.
»So etwas Wertvolles sollte man nicht verfaulen lassen!« Er schwenkte den Beutel und band ihn dann an Skinfaxes Seitentasche fest. Charlie warf einen letzten Blick auf den ausgeweideten Nidhögg. Angewidert wandte sie sich ab, aber Biarn hatte natürlich recht. Nidhöggszahn war einfach zu kostbar, um ihn einfach liegen zu lassen.
Nach diesem ertragreichen Aufenthalt kamen sie zügig voran und erreichten nac h etwa vier Stunden Ritt Gymers-See. Sie befanden sich direkt am Fuße des Berges, nicht weit von der Hufeisenbucht entfernt, und von hier aus war es nicht mehr weit bis zur Höhle.
»Warte hier«, sagte Biarn. »Ich werde die Einhörner tränken und sie dann in der Nähe verstecken.« Er sah sich nach allen Seiten um. Es war nichts zu sehen.
»Bleibe trotzdem vorsichtshalber in Deckung«, mahnte er, bevor er ihm Dickicht verschwand.
Charlie kauerte sich hinter einen Busch und wartete. Sie behielt die Umgebung im Blick, auch den Himmel. Plötzlich hörte sie jemanden kommen!
Es war Hanna. Langsam schlenderte sie den Berghang hinunter, genau auf Charlies Versteck zu. Vermutlich war sie auf dem Weg in die Hufeisenbucht, um zu baden. Charlie kroch aus dem Dickicht hervor und versperrte ihr den Weg.
»Charlie!«, schrie Hanna erschreckt auf und machte einen Satz rückwärts. Sie hielt sich die Hand auf die Brust und knurrte grimmig.
»Musst du mich so erschrecken? Ich dachte schon mein Herz bleibt stehen! Was machst du überhaupt hier? Ich dachte du und Biarn seit meilenweit fort!« Charlie nickte.
»Waren wir auch. Aber wir sind umgekehrt, um euch zu warnen.« Hanna hob die Augenbrauen. Das heißt Charlie nahm an, dass sie beide hob, denn die Linke war samt Auge hinter der Binde versteckt. Komisch, dachte Charlie. Irgendwie sah das anders aus als sonst.
»Wieso warnen?«, fragte Hanna. Charlie musterte Hanna eingehend, während sie ihr erklärte, was sie auf ihrer Reise gehört hatten.
»... und Biarn tränkt gerade die Einhörner, er kommt bestimmt gleich«, schloss sie ihre Erzählung. Hanna war beunruhigt.
»Kunar und Tora wollten später nachkommen«, sagte sie zögernd und sah sich suchend um, als ob sie die beiden jeden Augenblick erwarten würde.
»Warum starrst du mich so an?«, fragte sie plötzlich irritiert. Charlie zuckte zusammen.
»Keine Ahnung«, sagte sie schnell und im leicht entschuldigenden Ton. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen!
»Hanna!«, rief sie entrüstet. »Wenn du schon mit nur einer grünen Linse hinausgeht, dann sieh zumindest zu, dass du die Binde über dem richtigen Auge trägt!« Hanna sah Charlie verwirrt an.
»Was meinst du?« Sie tastete ihr Gesicht ab.
»Ich habe die Kontaktlinse doch ins rechte Auge gesetzt und hier ist doch links, oder?« Ihre Hand hob die Binde von ihrem linken Auge und gab den Blick in zwei klarblaue Augen frei. Charlie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Du hast die Kontaktlinse ganz vergessen. Wie konntest du nur so unvorsichtig sein?« Hannas Gesichtsfarbe wechselte von Normal zu Rot und
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