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Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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stärker und war auch durch Fullas Salben nur mäßig zu lindern.
    Tora, die abwechselnd ihren Bruder zu Hause auf dem Saligasterhof und Charlie auf ihrem Lager unter der alten Eberesche pflegte, sagte das läge am Heilungsprozess. Na toll! , dachte Charlie. Ich sterbe also am Heilungsprozess anstatt an dem Gift!
    Eigentlich ging es aber beiden den Umständen entsprechend ganz gut. (Zumindest behauptete Tora das!)
    Nach etwa drei Tagen tauchten Tora und Kunar das erste Mal wieder gemeinsam auf. Seine Schwellungen im Gesicht und an den Armen waren verschwunden und nur noch eine leichte Rötung der Haut erinnerte an die schrecklichen Geschehnisse am See. Dafür hatte Kunar allerdings Schwierigkeiten sich hinzusetzen. Irgendetwas schien ihm unangenehme Schmerzen zu bereiten. In einem unbeobachteten Augenblick erklärte Tora Charlie, das Saligaster Kunar für seine Dummheit mit Lokesranken in Berührung zu kommen, bestraft hatte. Charlie wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte. Sie schämte sich und sie fühlte sich schuldig, war Kunar doch nur ihretwegen in diese verdrießliche Situation gekommen. Er hatte ihr das Leben gerettet!
    Die saßen sich schweigend gegenüber und keiner wusste, wie er die unangenehme Situation überwinden sollte. Er redet nicht mit mir. Er ist wütend auf mich , dachte Charlie beschämt und traurig. Zu Recht. Wegen mir hat er nicht nur Schmerzen und Schwellungen, sondern auch noch Prügel bekommen! Und gestorben wären wir beide auch fast! Vom Midgârdsorm gefressen !, dachte sie zynisch.
    Tatsächlich aber war Kunar aus einem ganz anderen Grund schweigsam. Er war ein sehr gewissenhafter und verlässlicher Junge. Er fühlte sich für Charlie verantwortlich und gab sich die Schuld an dem Unglück am See. Er schämte sich dafür, dass er nicht daran gedacht hatte, Charlie zu warnen. Seiner Meinung nach, war es durch nichts zu entschuldigen, dass er sich auf der Jagd so weit von Charlie entfernt hatte. Seine Prügelstrafe trug er wie ein Mann. Er hatte es nicht anders verdient. Wäre er nicht so dumm gewesen und hätte daran gedacht, dass Charlie die Gefahr, die in dem See lauerte nicht erkennen würde, wäre er nie mit Lokesranken in Berührung gekommen und hätte folglich auch keine Prügel erhalten! Er hatte versagt. Tora schlich um Kunar und Charlie herum und versuchte sich rauszuhalten. Die beiden mussten das unter sich klären. Dieser Vorsatz fiel ihr aber von Tag zu Tag schwerer. Am vierten Tag platzte sie vor Wut über die Unfähigkeit der beiden, sich gegenseitig zu verzeihen.
    Kunar war gerade von der Jagd zurückgekehrt, während Charlie, die fast wieder völlig gesund war, ein Feuer entzündete. Tora bereitete alles für das Mittagessen vor. Charlie und Kunar redeten, wie in den vorherigen Tagen auch, nur das Nötigste miteinander. Die Kluft zwischen ihnen schien immer größer statt kleiner zu werden. Plötzlich fuhr Tora in die Höhe! Ihre grünen Augen blitzten gefährlich und sie hielt den soeben gerupften Leogriff wütend in der rechten Hand.
    »Jetzt reicht es mir aber!«, brüllte sie zornig und verzweifelt. »Ihr habt sie doch nicht mehr alle! Wie stellt ihr euch das denn vor, he? Wie soll's denn jetzt weitergehen? Wollt ihr in alle Ewigkeit mit hängenden Köpfen umeinander rum schleichen?« Kunar und Charlie standen regungslos und verbissen da und sagten kein Wort.
    »Du, Kunar! « , und mit diesen Worten schleuderte sie ihm den federlosen Leogriff um die Ohren. »Los, raus mit der Sprache, was ist los? Und du Charlie!«, auch Charlie bekam die feuchtkalte, kahle Haut des gerupften Vogels zu spüren. »Das gilt auch für dich!«, schrie Tora. »Ihr werdet jetzt endlich miteinander reden! Habt ihr verstanden? Ihr sturen, kastrierten Hippolektron! Männer! Sind doch alle gleich! Wollen erwachsen sein, aber kriegen die Zähne nicht auseinander! Jetzt ist Zeit zum Reden! Habt ihr verstanden? Ist das angekommen?« Tora stand schwer atmend, aufgebracht und zornig vor Kunar und Charlie, die sich beide mit verstohlenen Blicken anschauten. Sie drucksten noch eine Weile herum. Toras Augen blitzten und sprühten Funken. Es war das erste Mal seit Tagen, dass sie wieder eine gewisse Zusammengehörigkeit verspürten. Toras Wut brachte sie auf seltsame Weise einander näher. Als Charlie und Kunar sich Minuten später immer noch regungslos gegenüberstanden, drehte sich Tora mit einer vor Zorn und Enttäuschung triefenden Geste weg.
    »Ihr könnt mir gestohlen bleiben!«, fauchte sie.

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