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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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»Erklärt Euch!«
    Der Mann Gottes baute sich vor ihm auf, während seine Begleiter Kendra unsanft packten und mit Gewalt zur Tür zerrten. Kendra war so verwirrt und überrumpelt, dass ihr die Worte fehlten. Stumm versuchte sich loszureißen.
    »Du hast die Brut des Teufels in unser Land gebracht und in dein eigenes Heim gelassen!«, dröhnte die predigende Stimme des Kirchen-mannes.
    »Wovon sprecht Ihr da!«, rief Erik wütend. »So ein Unsinn! Sie ist doch nur eine Frau!«
    Der Mann Gottes machte eine herrische Handbewegung und seine Augen blitzten gefährlich.
    »Diese Hexe hat dich in ihren Bann gezogen und deine Sinne geblendet!«, rief er. »Du wirst deinem Gott auf Knien danken, sobald wir dich aus ihrem bösen Bann befreit haben! Gott dein Herr wird dir verzeihen, denn du bist ohne Schuld! Doch bis dahin musst du vor dir selbst geschützt werden!«
    Mit diesen Worten winkte er weitere vier Männer herbei.
    »Ergreift ihn!«, brüllte er.
    Obwohl sich Erik mit Händen und Füßen wehrte, wurde er mit Kendra an seinem sprachlosen Personal vorbei aus seiner eigenen Burg geschleift.
     
    Das ganze Dorf versammelte sich. Der offiziellen Überlieferung nach wurde Kendra noch am gleichen Tag der Hexerei für schuldig befunden und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Erik kehrte, von seinem Hexenwahn erlöst, auf seine Burg zurück.
    So stellte es zumindest die Kirche dar.
    Doch nach Ansicht vieler Dorfbewohner war Kendras Schicksal alles andere als geklärt. Trotz der kirchlichen Schweigegebote, setzte sich eine andere Version der dramatischen Ereignisse durch.
    Der alte Thul des Dorfes erzählte sie folgendermaßen:
    »Die Dorfbewohner bildeten einen Halbkreis, und ich stand nur wenige Meter vom Scheiterhaufen entfernt, auf dem diese außergewöhnlich schöne Frau an einen Pfahl gebunden war. Sie sah stumm und ergeben in die Gesichter der Menschen. Sie bat nicht um Gnade und sie flehte nicht um ihr Leben. Es war, als wüsste sie, dass sie kein Erbarmen zu erwarten hatte. Nicht in dieser Welt.
    Ihr Blick streifte mich und blieb dann an einem fremden jungen Mann hängen, der direkt neben mir stand. Ihre Augen verrieten, dass sie ihn kannte und liebte, doch ihr Ausdruck war eher verträumt. So, als ob sie nicht wirklich an seine Gegenwart glaubte. So, als ob sie sich nur an ihn erinnerte.
    Der Scheiterhaufen wurde angezündet. Rasch fraß sich das Feuer durch das trockene Holz. Bald, glaubten die Zuschauer, würden die Flammen ihr Gewand erreichen. Doch dann ging alles ganz schnell.
    Der fremde Mann neben mir murmelte seltsame Worte und führte Handbewegungen aus, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Plötzlich hielt er einen Feuerball in der Hand! Ich war wie gelähmt und sah tatenlos zu, wie der Mann losrannte und irgendetwas rief. Nur Sekunden später stand der Mann in Flammen! Doch er schrie nicht, sondern rannte weiter, geradewegs auf den Scheiterhaufen hinauf!
    Die Frau lachte und ließ sich von dem Feuer des Mannes umschlingen. Beide brannten kurz lichterloh, und auf einmal, genauso schnell wie es begonnen hatte, war es vorbei!
    Das Feuer erlosch, als hätte es jemand ausgepustet, und so genau man in der rauchenden Asche auch suchte, so fand man darin keine menschlichen Überreste. Da war einfach nichts, als wäre das Ganze nur ein böser Traum gewesen und der Scheiterhaufen nur ein freundliches Lagerfeuer!«
     
    Ja, ganz genau so erzählte es der alte Thul. Doch was war nun tatsächlich geschehen?
    Der fremde junge Mann war natürlich Leviathan. Er hatte sich unter das Volk gemischt, um Kendra in letzter Minute das Leben zu retten. Sein Plan war einfach. Da er ein Raidho war, beherrschte er auch das Feuer. Er wollte sie mit seinen eigenen magischen Flammen einschließen und somit vor dem sicheren Tod retten.
    Kendra hatte Leviathan zuerst für eine Vision gehalten. Erst als er neben ihr stand und ihre Fesseln löste, erwachte sie aus ihrer Schockstarre und fiel in seine Arme. Sie küssten sich im Schutze der Flammen. Leviathan ließ die Flammen lodern, sodass die Dorfbewohner wie gebannt auf den Scheiterhaufen starrten. Sie bemerkten nicht, wie er mit Kendra im Arm seinen eigenen Feuerkreis verließ und sich davon schlich. Als sie sich endlich im Schatten eines Hauses befanden, löste Leviathan sein magisches Feuer auf und verließ mit Kendra unbemerkt diesen grausamen Ort.
    Nur, was wurde aus Leviathans Mission? Er sollte ja möglichst viele Menschen mit magischen Fähigkeiten von dieser feindseligen Welt

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