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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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blauschimmernde Barriere verhindert, dass sich Außenstehende einmischen können. Der Korridor kann allerdings verlassen werden. Wer die Barriere einmal durchbrochen hat, kann nicht wieder in das Rennen einsteigen. Der Wettkampf wäre in diesem Fall für dich beendet, Charlie. Aber betrachte es als eine Möglichkeit, dich aus einer ausweglosen Situation zu retten. Vergiss das nie!«
    Charlie nickte und Ragnar fuhr mit seinem Vortrag fort.
    »Keiner weiß genau wie lang der magische Korridor ist. Es gibt einen Start und ein Ziel, und wie man die Strecke dazwischen bewältigt, ist jedem selbst überlassen. Jedes Fortbewegungsmittel ist erlaubt. Vom Fußvolk bis zum Hippolektrionreiter ist alles Erdenkliche vertreten. Und jedes Mittel darf verwendet werden, ob rohe Gewalt oder Magie.«
    Ragnar sah Charlie warnend an.
    »Es gibt keine Tabus! Innerhalb des Korridors darf betrogen, zusammengearbeitet, gefoult und getötet werden, um das Ziel zu erreichen!«
    Charlie nickte und versuchte unbeeindruckt zu wirken.
    »Es dürfen nur Männer teilnehmen«, sagte Ragnar. »Heute ist es mir schleierhaft, wie ich dich jemals als Jungen sehen konnte … diese langen, geschwungenen Wimpern …«
    Dann glitt sein Blick allerdings über ihren knabenhaften Körper, der sich hartnäckig weigerte, frauliche Formen anzunehmen. Immerhin würde Charlie in zwei Wochen 15 Jahre alt werden.
    Dann fuhr der Thul fort:
    »Der Sinn des Rennens ist es, am Ende des magischen Korridors einen Kelch an sich zu bringen und wieder zurück zum Start zu befördern. Sobald du den Gegenstand berührst, ist er magisch auf dich geprägt. Damit sind die Gefahren aber keineswegs vorbei, sondern fangen gerade erst richtig an! Auf deinem Weg zurück zum Start, der auch wiederum das Ziel ist, kann dir der Kelch wieder abgejagt werden.«
    Charlie biss sich auf die Lippe. Wer es schaffte, den Kelch an sich zu bringen, wurde zum Angriffsziel aller anderen Teilnehmer. Sie sah sich bereits allein inmitten einer wilden Horde, die sich blutrünstig auf sie stürzte.
    Einfach nicht daran denken!
    »Falls jemand anderer den Kelch vor dir erreicht, hast du also eine oder mehrere weitere Chancen, Charlie. Nur eins darfst du nicht vergessen«, schärfte er ihr ein. »Der Kelch ist dann immer noch auf den ersten Besitzer geprägt. Um die Prägung auf dich zu übertragen, musst du den Kelch erst zu seinem Platz am Ende des Korridors zurückbringen ! Erst dann bist du der rechtmäßige Besitzer des Kelches! Bringst du den Kelch zum Start zurück, ohne dass er auf dich geprägt ist, geht das Geschenk Odens an denjenigen, zu dem die Prägung passt! Sofern dieser überhaupt noch am Leben ist.«
    Charlie verstand.
    Es war also durchaus möglich, dass letztlich niemand Odens begehrtes Geschenk bekam.
    »Wer als Sieger hervorgeht, dem wird große Ehre zuteil«, erläuterte Ragnar weiter. »Er wird von jedermann – selbst von Odens Bärsärkern – mit Respekt behandelt. Wenn er zudem darauf verzichtet, die Begnadigung eines Gefangenen zu fordern, erhält er eine Kiste voller Odens-Taler und einen Adelstitel.«
    Tora sprach empört aus, was alle dachten.
    »Gibt es wirklich Menschen, die Ruhm und Geld vorziehen? Die eine Kiste Odens-Taler mehr schätzen als ein Menschenleben?«, fragte sie entrüstet. »Was müssen das für widerwärtige Kreaturen sein!«
    Ragnar nickte düster.
    »Früher war das Große Rennen ein reiner Geschicklichkeitswett-bewerb. Magier aus allen Ländern und Klassen konnten dort ihr Können beweisen. Es soll im Vorfeld eine Prüfung gegeben haben, die sicherstellte, dass die Teilnehmer den Gefahren gewachsen waren«, erzählte er.
    Sora, die bisher den Erklärungen des Thuls kommentarlos gefolgt war, meldete sich zu Wort.
    »Wenn du von früher sprichst, meinst du die Zeit meiner frühen Kindheit, nicht wahr?«
    Ragnar sah lange in Soras irisblaue Augen. Sora fasste es als ein Ja auf.
    »Dieses Wissen wurde dir überliefert. Genauso wie der Dolch und sein Geheimnis?« fragte sie weiter. Der Thul räusperte sich nach einer Weile und nickte.
    »Wie dem auch sei«, fuhr er fort, ohne weiter auf Sora einzugehen. »Heute gibt Oden die Regeln vor.«
    Er erhob sich und starrte, das flackernde Feuer im Rücken, in den Wald hinein. Der dunkle Mörkveden war zu einem einzigen großen Lagerplatz geworden. Die Geräusche von unzähligen Menschen und Tieren drangen zu ihnen herüber. Im Dunkel der Nacht bereiteten sich Männer aus jedem Winkel Godheims und Vanaheims auf den

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