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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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Abgesehen davon mussten sie sich auf den Weg konzentrieren und nach verdächtigen Geräuschen horchen.
    Nichts.
    Es war, als würde das Gemäuer jegliche Laute verschlucken. Hanna fiel auf, dass dies auf ihrem Weg zum Kerker ebenfalls so gewesen war. Sie hatte dem nur keine Beachtung geschenkt. Das erste was sie gehört hatten, war Frekes Heulen gewesen. Laut, sehr laut. Nun waren sie noch nicht weit von Gnipahâl entfernt, und es war totenstill. Hatte der Garm sein Geheul eingestellt, oder war Gnipahâl etwa magisch abgeschirmt?
    Sie hatten das Ende des Ganges erreicht. Die Mauer versperrte den Weg.
    »Und was jetzt?«, flüsterte Aslak.
    »Es muss auch hier so eine Art Schloss geben«, antwortete Hanna. »Wir sollten wohl alle Steine ausprobieren.«
    Sie dachte daran, wie Aslaks Faust in der Wand verschwunden war. Aslak kam näher und die Wand glitt wie von Geisterhand zur Seite. Hanna blickte erstaunt auf die Öffnung.
    Wie war das passiert?
    »Los komm!«, drängte Aslak. »Worauf wartest du?«
    Hanna folgte ihm. Er ist es gewohnt, überall auf Magie zu treffen, dachte sie. Er stellte sie nicht einmal mehr in Frage. Ihr wäre wohler gewesen, wenn sie den Trick verstanden hätte.
    Sie holte Aslak ein und gemeinsam huschten sie durch die Mauerlücke zurück in den breiten Gang, der vom Südtor zum goldenen Tor des Gladsals führte.
    Hier waren Geräusche durchaus zu vernehmen. Und die Schritte, die dort auf sie zukamen, waren nicht mehr weit entfernt! Hanna zog Aslak in letzter Sekunde in dieselbe Nische, die sie bereits beim ersten Mal vor dem Wachposten gerettet hatte. Wieder drückten sie sich tief in die Wand und warteten regungslos.
    Die Wache schritt zügig heran, war dann direkt neben ihnen und … ging vorbei. Hanna atmete erleichtert auf, als neben ihr ein krampfhaft unterdrücktes Niesen ertönte! Die Schritte hielten abrupt inne.
    Verdammt!
    Die Wache kehrte um und kam wieder näher.
    Sie waren aufgeflogen!
    Hanna hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie sich aus dieser Situation befreien sollten. Ihr Gehirn arbeitete fieberhaft an einer Lüge, die ihre Anwesenheit vor dem Gladsal erklären konnte. Ihr fiel nichts ein. Der Wachposten war nur noch wenige Meter entfernt. Aslak zitterte. Hanna wagte es kaum zu atmen.
    Weitere Schritte!
    Der Wachposten hielt unmittelbar neben ihrer Nische an. Jemand räusperte sich.
    »Wer da?«, rief die Wache so laut, dass Hanna und Aslak zusammenzuckten. Die Schritte hielten inne.
    »Ich bin es, Kvaser. Was bist du denn heute so schreckhaft? Ist dir der Odrörer nicht bekommen?«
    Die Wache schien erleichtert. Betont grimmig antwortete der Mann:
    »Welcher Odrörer? Wir Zurückgelassenen erhielten lediglich Met.«
    »Na, na«, brummte Kvaser gutmütig. »Das nächste Mal trifft es einen anderen. Dann wirst du im Rausch des Odrörers die Weiber Godheims betören, mein guter Byleist.«
    »Du hast gut reden! Du kostest den kostbaren Schatz vermutlich täglich. Deinen Posten wünsche ich mir!«
    Kvaser lachte schallend auf.
    »Ja, ich bin durchaus ein glücklicher Mann«, sagte er. »Lass uns gehen, mein Freund. Mal sehen, was ich für dich tun kann!«
    Mit diesen Worten entfernten sich Kvaser und Byleist. Hanna konnte sehen, wie sie durch das Südtor verschwanden.
    Hannas Atmung setzte wieder ein und ein betretener Aslak sah auf sie herab.
    »Los komm! Jetzt aber schnell!«, sagte sie.
    Am Küchentrakt trennten sich ihre Wege.
    Hanna erreichte ohne Zwischenfälle Ods Harem Vingolf. Es war still, alle Frauen schliefen und Hanna schlüpfte unbemerkt in ihre Kammer. Das Mondlicht fiel durch das Fenster, das zum Meer hinaus ging und tauchte Hanna und den Raum in ein graues, fahles Licht. Sie setzte sich auf ihr schmales Bett und versank in Gedanken.
    Ihr Fluchtversuch war gescheitert. Sie hatte nicht einmal die Ställe mit den Pegasuspferden gefunden. Stattdessen war sie im Kerker Gnipahâl gelandet, wo ihr Fulla – die Fulla – einen Auftrag erteilt hatte. Sie sollte den Menschen auf Asgârd zeigen, was Freiheit war.
    Wie sollte sie das anstellen? Und wie sollte Aslak ihr dabei helfen?
    Hanna saß lange auf ihrem Bett und grübelte. Dann erhob sie sich und ging den einen, kurzen Schritt zu ihrem Fenster. Zwei Monde leuchteten matt im Morgengrauen. Der eine war klein aber kraftvoll, der andere eine riesige, helle Scheibe am Horizont.
     

6. Nebel der Zeit
     
     
    C harlie schlief nach Alvablotet bis spät in den Nachmittag hinein. Sie träumte wie fast immer von grünen

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