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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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schützen - und dabei vermutlich vernichtet werden. Der Schatten hat es nur auf mich abgesehen. Und was ihm dabei im Weg ist, wird er zertreten. Seymour, du hattest recht. Ich hätte früher gehen sollen, als ich es noch konnte, ohne die, die ich liebe, in Gefahr zu bringen.«
    Ich habe nicht gesagt, dass du dich opfern sollst! Du sollst dich retten.
    Seymour stupste sie mit seiner feuchten Schnauze an und legte sie dann auf ihr Knie. Ivy vergrub ihr Gesicht in seinem Fell.

    Latona grollte Van Helsing zwar noch immer ein wenig, doch die Einladung des Barons zum Abendessen im Grand Hotel am Kärntnerring hatte sie trotzdem angenommen. Neben ihnen waren natürlich Bram Stoker und Professor Ármin Vámbéry vom alten Baron von Schey und seiner Gattin zu Tisch geladen. Ebenfalls mit von der Partie waren ihre beiden Enkel Philipp - der sich sogleich neben Latona setzte - und seine zwei Jahre jüngere Schwester Clara, die ihren Eltern mit ihrer leichtsinnigen Art graue Haare wachsen ließ. Latona wusste nicht so recht, was sie von ihr halten sollte. Einerseits lag ihr diese Art von Leichtfertigkeit fern. Anderseits versprühte Clara eine solche Lebenslust, dass sie ansteckend wirkte. Man konnte sich ihrem Charme nur schwer entziehen und immer wieder erwischte sich Latona dabei, wie sie den mit Wortwitz gewürzten Klatschgeschichten lauschte, die Clara zum Besten gab.
    Doch zuerst ergriff der alte Baron das Wort, nachdem sie ein Kellner mit ausgesuchter Höflichkeit zu ihrem Tisch geleitet hatte.
    »Das Grand Hotel ist das älteste Hotel an der Ringstraße«, erklärte er den Gästen. »Ursprünglich war es nicht vorgesehen, überhaupt ein Hotel direkt am Ring zu genehmigen. Doch Anton Schneider war ein vorausschauender Mann. Er ließ das Haus offiziell als maison meublée eintragen, stattete es aber bereits mit allem aus, was ein modernes Hotel auszeichnet. Es gibt einen dampfbetriebenen Lift,
Telefon auf den Zimmern und ein Bad in jedem Stockwerk! Und für die Damen einen Schönheitssalon. Dann, kurz vor der Weltausstellung, fiel es den Herren Planern plötzlich ein, dass Wien ja auch angemessene Unterkünfte bieten müsse, wenn sie Adel und Prominenz zu Gast haben wollten. Tja, und so wandelte Schneider das Haus innerhalb weniger Wochen in ein Hotel um.«
    Clara zog die Nase hoch. »Das ist ja alles schön und gut, Großpapa, aber wen interessiert das? Das Haus hat wahrlich spannendere Geschichten zu bieten.« Ihre Augen funkelten und Latona ahnte, dass nun eine der Anekdoten folgte, die ihre Großeltern ganz sicher nicht erzählen würden. Clara beugte sich ein wenig vor und ließ den Blick in die Runde schweifen.
    »Im Grand Hotel mieten sich Leute von Rang und Namen und natürlich mit reichlich Geld ein. Seit Jahren Stammgast ist Gräfin Larisch, die an sich keine sehr interessante Person ist. Aber sie ist eine Nichte der Kaiserin und das ist schon was wert. Außerdem hat sie eine Freundin, recht hübsch und von sprühendem Geist, sagt man. Diese durfte vor nicht allzu langer Zeit Kronprinz Rudolf bei einem Pferderennen in der Freudenau kennenlernen. Seit diesem Tag kommt die junge Baronesse Vetsera ungewöhnlich häufig die Freundin im Hotel besuchen. So lautet zumindest die offizielle Erklärung. Nur dass Gräfin Larisch sie vermutlich nicht einmal zu Gesicht bekommt. Denn sie geht von der Halle schnurstracks zum Hinterausgang, wo Bratfisch, der persönliche Fiaker des Kronprinzen, mit einer unauffälligen Kutsche auf sie wartet, um sie - na - direkt in die Arme des Kronprinzen zu befördern!«
    »Clara«, rügte die Baronin. »Es reicht. Wie oft habe ich dir gesagt, dass es sich nicht schickt, über solch delikate Themen zu sprechen.«
    »Es ist aber die Wahrheit! Einmal, als der Kronprinz seine Mary hier für ein paar ungestörte Stunden treffen wollte, irrte er sich in der Tür und platzte in die Kammer, in der einige Fiaker sich die Zeit vertrieben, bis ihre Herrschaft nach ihnen rief.« Clara schüttelte den Kopf. »So schnell wird ein heimliches Stelldichein zum Lieblingsklatsch von ganz Wien.«
    Die Baronin sprach ein Machtwort und beendete das ungeeignete
Thema. Stattdessen erkundigte sich ihr Gatte höflich bei dem neuen Gast nach seiner Arbeit.
    »Sie sind Arzt, verehrter Professor, nicht wahr? Ich habe gehört, Sie befassen sich mit seltenen und unerforschten Krankheiten.«
    Van Helsing nickte. Er war der Einzige am Tisch, der nachlässig gekleidet war und mit seinem ungepflegten Bart nicht zu dieser

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