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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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Stunde? Nein, wie ungewöhnlich.«
    Der alte Mann, der dösend oder in Gedanken verloren auf der vordersten Kirchenbank gesessen hatte, starrte sie mit gerunzelter Stirn an.
    Alisa trat grüßend näher. Was konnte es schaden, nun, da sie eh schon entdeckt worden waren?
    »Ah, Fremde. Das hatten wir hier schon lange nicht mehr«, sagte
der Alte, als der Lichtschein der Kerzen auf dem Altar sie erfasste. »Ich muss vergessen haben, das Tor zu verschließen«, murmelte er zu sich selbst gewandt und schüttelte den Kopf.
    Nun näherten sich auch die beiden anderen Vampire. Alisa wurde sich bewusst, was für ein seltsames Bild sie abgeben mussten. Sie steckte noch immer in ihrer zerrissenen und von Ruß bedeckten Theatergarderobe. Luciano und Franz Leopold waren in kaum besserem Zustand, doch der Alte schien dies nicht zu bemerken. Vermutlich sah er nicht mehr besonders gut.
    »Darf ich Sie fragen, woher Sie kommen?«
    »Aus Wien«, gab Franz Leopold Auskunft.
    »So, so, aus der fernen Kaiserstadt«, sagte der Alte. »Obgleich ich in meinem Leben oft auf der Wanderschaft gewesen bin, nach Hermannstadt im Westen und Kronstadt im Osten, aber auch über den Pass bis zum Kloster in Curtea de Argeş - bis Wien habe ich es nie geschafft.« Wieder nickte er abwesend mit dem Kopf.
    »Kommen Sie näher. Setzen Sie sich. Die Kirchenburg von Holzmengen, wie wir den Ort nennen, war seit jeher eine sichere Zuflucht für jeden, der des Herrn Schutz suchte, oder auch nur einen Platz, sein müdes Haupt zu betten.«
    Die drei Vampire nahmen in einigem Abstand auf der nächsten Kirchenbank Platz.
    »Unsere Kirche ist alt. Sehr alt«, sprach der Mann mit Stolz in der Stimme weiter. »Schon im dreizehnten Jahrhundert wurde sie als Basilika mit drei Schiffen und Glockenturm erbaut. Haben Sie das Portal beachtet? Kommt Ihnen der Baustil vielleicht vertraut vor? Die Baumeister stammten aus Wien und gehörten eigentlich zur Bauhütte in Weißenburg, das man auch Alba Iulia nennt. Doch als es nicht mehr genug Arbeit gab, zogen sie durch das Land und errichteten hier in Holzmengen das Hauptportal der Kirche nach dem Vorbild des Wiener Stephansdoms! Sehen Sie sich die Schimären und die Fledermausköpfe auf den Kapitellen an, die das Böse fernhalten sollen.« Er lachte kurz auf. »Auf gewisse Weise ist ihnen das sogar gelungen.«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte Alisa gespannt.
    »Es war im Jahr 1449«, fuhr der Alte fort, »als Vlad III., den sie
Dracula nannten, mit seinem Heer von der Walachei her über die Berge zog und das Dorf zerstörte. Die Eindringlinge nahmen mit, was sie tragen oder wegführen konnten, und brannten den Rest nieder. Doch die Menschen von Holzmengen fanden Zuflucht hier in ihrer Kirchenburg und wurden gerettet.« Seine weißlichen Augen leuchteten.
    »Das ist wirklich ein mächtiges Bauwerk für so eine kleine Stadt«, bemerkte Alisa.
    »Wir Siebenbürger Sachsen haben von jeher verstanden, uns und unser Eigentum zu schützen. Es gibt Hunderte Kirchenburgen wie die unsere hier. Im Innern der Umfassungsmauer hat man Kammern angebaut, an manchen Orten drei Stockwerke übereinander, mit Leitern vom Boden aus zu erreichen. In kleineren Burgen waren es nur Nischen in der Mauer, die mit Zelten verschlossen wurden, für jede Familie des Dorfes eine. Es gab einen mächtigen Turm, in dem Vorräte gelagert wurden. Speckturm nannte man ihn. Bei einer Belagerung musste er die vielen Eingeschlossenen am Leben erhalten. Und es gab natürlich einen Brunnen, mancherorts in der Kirche selbst gegraben. Wenn Alarm geläutet wurde, liefen alle Dorf bewohner in die Kirchenburg und verbarrikadierten sich hinter den Mauern und schweren Toren. So überstanden die Menschen die zahlreichen Raubzüge. Die Plünderer - ganz gleich ob es der Fürst der Walachei war oder die Türken - zogen rasch zu den Orten weiter, an denen die Rumänen in ihren ärmlichen Bauernhütten hausten. Die haben es nie verstanden, sich gegen den Feind zu schützen.« Er zog eine verächtliche Miene. »Wie viele von ihnen wurden über die Jahrhunderte getötet oder als Sklaven in das Reich des Sultans geführt!«
    »Dann stand Vlad Dracula also einst vor diesen Toren«, wiederholte Alisa, wider Willen fasziniert.
    Der Alte nickte. »Ja, er war der Schrecken seiner Zeit, auch wenn ihn viele Rumänen heute fast wie einen Volkshelden verehren. Er sei der erste Fürst gewesen, der ein vereintes Rumänien angestrebt hätte. So ein Blödsinn! Das reiche Siebenbürgen hätte

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