Die Erben der Nacht 04 Dracas
unangenehme Überraschungen stoßen, schlug Franz Leopold vor, der Alisa Gedanken auffing.
Die drei flogen ein wenig schneller, bis sie die Spitze des Zuges erreichten, die sich bereits wieder dem Erdboden entgegenneigte.
Was habt ihr vor? Wo fliegen wir hin?
Sie wussten nicht, welche der Fledermäuse antworteten, doch es entstanden Bilder und einzelne Worte in ihrem Kopf.
Sie halten auf die Kirchenburg von Hosman zu, wo sie den Tag zubringen wollen, wiederholte Alisa.
Es ist doch noch viel zu früh, protestierte Luciano. Wir könnten noch einige Stunden weiterfliegen. Was soll das?
Vielleicht sind sie erschöpft, überlegte Alisa. Du darfst nicht vergessen, dies ist keine gute Jahreszeit für die Abendsegler. Es gibt nicht viel Nahrung - sie haben vorhin wahrscheinlich so schnell aufgehört, weil kaum
etwas zu fangen war - und es wird immer kälter. Nur für uns haben sie die Reise jetzt angetreten. Es ist für sie eigentlich an der Zeit, sich einen sicheren Ort für den Winterschlaf zu suchen, ehe es zu schneien und zu stürmen beginnt.
Aber doch hoffentlich nicht heute! Lucianos Entsetzen bei dieser Vorstellung war deutlich zu hören.
Ein Stimmengewirr erschallte in ihren Gedanken. Die drei Vampire brauchten eine Weile, bis sie den Sinn der Botschaft herausfiltern konnten.
Ein Schneesturm?, wiederholte Franz Leopold.
Oben in den Bergen, dort, wo der Weg über den Pass führt, ergänzte Alisa.
Woher wollen die das wissen? Es ist zwar kalt und windig, aber es hat erst wenige Flocken geschneit.
Ich denke, wenn sie den Schneesturm in den Bergen spüren, dann können wir davon ausgehen, dass er dort oben auch wirklich tobt, gab Franz Leopold zu bedenken. Du überschätzt die Fledermäuse, wenn du ihnen vorsätzliche Flunkereien unterstellst.
Ein Schneesturm? Ausgerechnet jetzt. Das darf doch nicht wahr sein!, schimpfte Luciano. Und was bedeutet das für uns?
Dass sie nicht über den Kamm fliegen können. Hast du das nicht verstanden? Es ist dort oben zu kalt und zu stürmisch für Fledermäuse. Sie würden alle umkommen. Franz Leopold fiepte. Vielleicht hätte es ein Schnauben werden sollen.
Und was machen wir nun?, fragte Luciano ratlos.
Ihnen zu dieser Kirchenburg folgen und herausfinden, was uns für Möglichkeiten bleiben, gab Alisa mit Verzweiflung in ihren Gedanken zurück.
Die geistige Verbindung mit dem Schwarm brach ab, als sie zum Landeanflug auf die Kirchenburg zusteuerten.
Der an einem kleinen Flüsschen gelegene Ort mit seinen einfachen Bauernhäusern duckte sich unter der Kirchenburg, die von zwei Mauerringen umschlossen wurde. Der Äußere am Fuß des Hügels war von unregelmäßiger Form. Ein Gräberfeld dehnte sich östlich der Mauer aus. Der innere, von mehreren quadratischen Türmen gesicherte Ring, hatte die Form eines regelmäßigen Ovals,
in dessen Mitte die trutzige Wehrkirche mit ihrem mächtigen Turm aufragte. Die roten Dachziegel schimmerten im Sternenglanz. Im Hintergrund erhoben sich die schneebedeckten Berge der Südkarpaten.
Alisa unterdrückte einen Seufzer. Sie waren so gut vorangekommen. Sollten sie jetzt kurz vor ihrem Ziel scheitern? Die Vamalia hatte gar nicht mehr mit Schwierigkeiten gerechnet - zumindest nicht schon bevor sie Draculas Burg erreichten! Vielleicht traf sie die Nachricht deshalb doppelt hart.
Der Schwarm überflog den dreigeschossigen Eingangsturm mit seinem Tor und dem schweren Fallgitter und hielt auf den Glockenturm zu, in dessen Gebälk sich die Fledermäuse niederließen. Alisa, Franz Leopold und Luciano folgten ihnen auf die Plattform hinauf. Sie wandelten sich und traten an die umlaufende Brüstung aus von Wind und Wetter gegerbten Balken. Fünf Stockwerke über dem grasigen Grund standen sie schweigend nebeneinander, während die Nacht verstrich.
»Kommt, lasst uns hinuntersteigen und uns ein wenig umsehen«, schlug Alisa nach einer Weile vor.
Da die Freunde keinen besseren Vorschlag hatten, folgten sie ihr die steile Holztreppe hinunter, die sich eng an der Turmmauer hinabwand und deren Stufen bei jedem Tritt knackten. Sie schwiegen und brüteten vor sich hin, jeder auf der Suche nach einer Lösung für ihr Problem. Alisa ging auf das Kirchenportal zu, schob es auf und trat vor den beiden Vampiren in die von zwei Kerzen in Dämmerlicht getauchte Kirche.
»Menschen!«, zischte Franz Leopold, als er über die Schwelle trat, doch da war es schon zu spät. Eine Gestalt wandte sich zu der knarrenden Tür um.
»Besucher zu solch später
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