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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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begegnen, solange die Sonne am Himmel stand? Der Wolf saß zwar im Schatten, doch mussten nicht alle Vampire bei Sonnenaufgang in Totenstarre fallen?
    »Gib den Weg frei!«, forderte van Helsing. »Du wirst uns nicht aufhalten. Geh, wenn du nicht meine Klinge kennenlernen willst!«
    Da begannen die Konturen des Wolfs zu zerfließen. Bram blinzelte und sah dann einen Mann sich erheben. Ein großer Mann in einem weiten Umhang, dessen grausame Züge er schon einmal gesehen hatte: Fürst Vlad ţepeş III., Drăculea, der große Meister der Vampire.
    »Der Vampirjäger van Helsing, der so viele meiner Kinder ausgelöscht hat«, sprach der Meister mit tiefer Stimme, die nicht ganz so tönend und mächtig klang wie in Wien.
    »Dracula, der selbst in dieser Nacht unzählige seiner Kinder vernichtet hat«, gab van Helsing zurück.
    »Viele der Upiry sind heute Nacht verloschen«, sagte er ausweichend. »Sie haben es gewagt, mir zu trotzen und sich gegen mich aufzulehnen.«
    »Ja, und sie wollten Euch Eure Beute streitig machen!«

    »Ich weiß, dass sie hier in dieser Kutsche ist«, sagte Dracula und machte einen Schritt nach vorne, doch van Helsing wich nicht zurück. Stattdessen richtete er die Spitze des Degens ein wenig höher, sodass sie auf das kalte Herz des Vampirs zeigte.
    »Die Sonne steigt immer höher. Ihr seid schwach. Wollt Ihr wirklich ausprobieren, ob ich mit meinem Degen bei Tag nicht doch schneller bin? Kehrt zu Eurer Festung zurück, bevor ich zustoße. Geht und lasst uns passieren!«
    Bram hielt den Atem an. Würde sich Dracula wirklich zurückziehen, jetzt, wo er sie aufgespürt hatte und sein Ziel zum Greifen nah war? Das hing vermutlich davon ab, wie viel Kraft es ihn kostete, bei Tageslicht unterwegs zu sein. Mutig trat van Helsing nach vorn, bis die Spitze seines Degens fast die Brust des Vampirs berührte.
    »Geht!«, forderte er ihn noch einmal auf. Stumm maßen sie sich mit Blicken. Endlich sprach Dracula. »Dieses Mal lasse ich euch ziehen. Wir werden sehen, wie unsere nächste Begegnung endet.«
    Er wandelte sich noch einmal. Der riesige graue Wolf sprang den Berghang hinauf und verschwand zwischen den düsteren Tannen.

    Alisas Gedanken begannen zu fließen. Sie schlug die Augen auf. Auch Franz Leopold neben ihr regte sich. Hastig befreite sie sich von seinem Arm, der sie auf dem Sitz gehalten hatte, und rückte ein Stück von ihm ab.
    »Guten Abend«, begrüßte sie Professor Vámbéry. »Ich hoffe, Sie befinden sich wohl?«
    »Danke der Nachfrage. Wo sind wir und wie ist die Fahrt bislang verlaufen?«
    Der Professor schob den schweren Vorhang beiseite und sah hinaus. »Ich denke, dass wir in ein oder zwei Stunden Sibiu erreichen. Wir sind gut vorangekommen, obgleich van Helsing für dieses Gefährt nicht die Hand ins Feuer gelegt hätte. Ja, die Fahrt war erstaunlich ereignislos - bis uns der Meister über den Weg lief.«
    »Was? Wie kann das sein? Es war doch Tag!«, rief Alisa entsetzt.
    »Wo ist Ivy?«, fragte Franz Leopold.
    Vámbéry berichtete von ihrer Begegnung mit Dracula und wie es van Helsing gelungen war, ihn in Schach zu halten und zum Rückzug zu zwingen.
    »Er kann sich auch bei Tag frei bewegen?«, wiederholte Alisa. »Das ist nicht gut. Oder glaubst du etwa, er hat sich für immer zurückgezogen und seinen Plan aufgegeben?«
    Franz Leopold schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht, aber wir wissen nun auch, dass er bei Tageslicht schwach ist und langsam, sonst hätte er sich nicht von einem Mann mit einem Degen verjagen lassen.«
    »Schwach ist immer noch stärker als reglos in Todesstarre«, gab Alisa zu bedenken.
    Franz Leopold nickte. »Ja, da hast du recht. Es wird Zeit, dass wir uns in die Obhut der Vyrad begeben. Ich habe so etwas läuten hören, dass auch sie nicht an den Lauf der Sonne gebunden sind - zumindest nicht so unerbittlich wie unsereins.«
    Sie schwiegen, bis das veränderte Rattern der Räder auf gepflasterter Straße ihre Ankunft in Sibiu verkündete. Inzwischen war es vollkommen dunkel. Nur ein paar vereinzelte Sterne blitzten zwischen den rasch ziehenden Wolken. Der Mond war noch nicht aufgegangen, als die beiden Kutschen vor einem Gasthaus in der Oberstadt anhielten. Van Helsing sprang munter vom Bock, als habe er nicht gerade mehr als zehn Stunden dort oben verbracht, und auch die Erben waren frisch wie jeden Abend. Bram Stoker und der ungarische Professor dagegen quälten sich stöhnend aus den Kutschen.
    Vámbéry griff sich ins Kreuz.

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