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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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Fernand und Joanne waren zusammen losgegangen und streunten irgendwo draußen durch die Stadt oder vielleicht auch durch den Stadtpark an der Wien entlang bis zu ihrer Mündung in die Donau. Auch Sören und Chiara waren irgendwo unterwegs und natürlich war keiner der Dracas mit in den Salon gekommen - mit Ausnahme von Franz Leopold.
    Interessiert beobachtete Alisa Mervyn und Rowena, die etwas abseits auf einem schmalen Canapé beisammensaßen und sich angeregt unterhielten. Ab und zu war Rowenas Lachen zu hören. Sie wirkte gar nicht mehr so abwesend und verträumt wie die Jahre zuvor. Nein, im Augenblick war sie geradezu lebhaft.
    »Also doch«, murmelte Alisa.
    »Ah, beschäftigst du dich wieder einmal mit Dingen, die dich nichts angehen?«, erkundigte sich Franz Leopold. »Das Gefühlsleben anderer Vampire scheint eine magische Anziehungskraft auf dich auszuüben.

    »Wenigstens dringe ich nicht in ihre Gedanken ein, wie das andere hier Anwesende so gerne tun!«, gab Alisa zurück.
    »Aber auch nur, weil du diese Kunst nicht beherrschst.«
    »Ach, und wessen Schuld ist das?«, gab die Vamalia schnippisch zurück. »Wir sollten in diesen Nächten genau das von deiner Familie lernen, statt in feinen Kleidern müßig herumzusitzen und auf den Beginn der Opernaufführung zu warten. Nein, ich habe nichts gegen die Oper und ich freue mich auf ›Don Giovanni‹, aber alles zu seiner Zeit!«
    Franz Leopold erwiderte nichts, doch seine Miene wurde nachdenklich. Alisa wurde von Hindrik abgelenkt, der zu ihr trat und ihr zwei Tageszeitungen reichte.
    »Hier, die habe ich in der Stadt für dich besorgt.«
    Alisa nahm die Blätter entgegen und dankte ihm. »Was tust du hier? Ich dachte, du seist meinem leichtsinnigen kleinen Bruder auf den Fersen.«
    »Das war ich und habe mich vergewissert, dass er und die beiden Pyras nichts allzu Haarsträubendes unternehmen. Jedenfalls habe ich entschieden, dass ich riskieren kann, die drei so lange alleine zu lassen, bis ich dir die Zeitungen gebracht habe.«
    »Sehr liebenswürdig«, bedankte sich Alisa. »Und Sören?« Sie ließ den Blick durch den Salon schweifen. »Wo treibt der sich herum?«
    »Ach, um Sören mache ich mir im Augenblick keine Sorgen. Er kommt zurecht - hoffe ich.« Der Servient schmunzelte.
    »Also, dann mache ich mich wieder auf, unser Nesthäkchen im Auge zu behalten, dass er uns nachher wohlbehalten beim Unterricht erscheint, um sich neue Fechtwunden zufügen zu lassen.«
    Er tippte sich an seinen Hut und verließ den Salon. Alisa schlug die Neue Freie Presse auf. Lucianos Blick wanderte träge über die Rückseite des Blattes, als er plötzlich hellwach zu werden schien.
    »Kann ich das mal haben?«
    Alisa reichte ihm die Seite, ohne ihre Lektüre zu unterbrechen. Luciano stürzte sich geradezu auf den Artikel, den er erspäht hatte.
    Sophie von Todesco lädt am kommenden Freitag zu einem ihrer begehrten Salons. Die Gattin des Bankiers Freiherr Eduard von Todesco ist
nicht nur eine umsichtige Gastgeberin. Wieder einmal ist es ihr gelungen, alles auf ihrer Gästeliste zu versammeln, was diese Saison in der Wiener Kunstszene Rang und Namen hat. Wer zu dieser Soiree eine Einladung erhält, darf sich glücklich schätzen. Gespannt erwarten wir dafür neue Verse des aufsteigenden Sterns am Literatenhimmels Hugo von Hofmannsthal. Auch der Hausherr soll vorhaben, dem Salon beizuwohnen, was dem Glanz des Abends nicht zuträglich sein wird. Oder wie es der Schriftsteller Eduard Bauernfeld nach dem letzten Salon im Palais Todesco ausgedrückt hat: »Jedes Licht hat seinen Schatten, jede Frau hat ihren Gatten.«
    Anderseits müssen wir dem Freiherrn dankbar sein, dass er uns immer wieder mit gar köstlichen Bonmots versorgt. Sprach er nicht letzthin: »Ist es also doch wahr, dass das Accouchement des Fräuleins Ida Benza im Opernhaus demnächst stattfindet?«
    Ach, wie schwierig ist es doch, stets das rechte Fremdwort zu finden. Wir fragen uns, ob das Fräulein nun engagiert wurde oder gar in der Oper entbindet, wie der Freiherr von Todesco mit seinen Worten vermutete.
    Alisa hatte ihre Lektüre beendet und beugte sich nun vor, um zu sehen, was für ein Artikel Luciano so sehr fesselte. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn schon einmal Zeitung lesen gesehen zu haben. Ihre Augen überflogen die Seite.
    »Ich fasse es nicht«, stieß sie hervor. »Es ist ein Skandal! Sie verweigern uns nicht nur, was uns zusteht. Jetzt brechen sie auch noch diesen Punkt des Vertrags. Das

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