Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
Vom Netzwerk:
Leichen dann in die Donau werft«, erinnerte ihn Alisa.

    »Ja früher, wenn es bei den Festen ein wenig zu wild zuging. Aber das ist in letzter Zeit nicht mehr vorgekommen.«
    »Was ist bei dir in letzter Zeit ?« Alisa ließ nicht locker. »Eine Woche oder ein Monat?«
    »Nein, ein paar Jahre. Seit die Clanführer eine Vereinbarung getroffen haben!«
    Alisa war nicht überzeugt. Missmutig folgte sie den anderen zur Oper und hatte keinen Blick für die prächtige Fassade, die mit ihrer offenen Loggia und den Kolonnaden an das allererste Opernhaus erinnern sollte, das vierhundert Jahre zuvor in Florenz entstanden war. Der Baustil war eine Mischung aus italienischer und französischer Renaissance mit venezianischer Gotik. Franz Leopold erzählte den anderen, dass die Oper als erstes nicht militärisches Gebäude an der Ringstraße entstanden war.
    »Es hat das Kärntnertortheater abgelöst, das in seinen späten Jahren als Hofoper fungiert hat und an dem Platz stand, wo heute das Hotel Sacher ist. Nun aber sollte Wien ein richtiges Opernhaus bekommen, mit prächtiger Ausstattung, in deren Glanz sich alter und neuer Adel sonnen können, und das alles in zukunftsweisender Technik erbaut.«
    Bei diesen Worten schielte Franz Leopold zu Alisa. Sicher erwartete er, dass sie darauf anspringen und ihn bitten würde, jede dieser technischen Errungenschaften genau zu beschreiben. Doch Alisa schwieg.
    Dafür betrachtete Luciano den Bau mit kritischem Blick. »Also, ich hätte das Operngebäude auf einer Freitreppe errichtet, um es imposanter erscheinen zu lassen.«
    Franz Leopold nickte. »Ja, so hatten die beiden Architekten Sicardsburg und van der Nüll es auch vorgehabt. Doch die Fundamente und ersten Mauern waren bereits fertig, als irgendein Baurat - oder wer auch immer dafür zuständig war - das Niveau der Ringstraße um fast zwei Schritte anhob. Damit fiel der Aufgang bis auf drei Stufen weg. Die Wiener sahen es übrigens genauso wie du, Luciano. Sie spotteten, ihre Oper wäre eine versunkene Kiste. Zwar konnten die Baumeister nichts dafür, aber das war den Wienern gleichgültig. Man hatte ihnen mit der Treppe die Möglichkeit
eines großen Auftritts geraubt, der entscheidend Anteil am gesellschaftlichen Zeremoniell hat!«, lästerte der Dracas. »Die Wiener sind eben ein kritikfreudiges Volk. Sie hatten an allem, was hier an der Ringstraße gebaut wurde, etwas auszusetzen. Doch nicht nur die Sache mit den Stufen kam den Architekten in die Quere. Sie entwarfen jenseits der Ringstraße einen Park, der den Blick von der Karlskirche bis zur Oper freigeben sollte. Doch dann begingen sie den Fehler, es sich mit dem hiesigen Ziegelbaron zu verscherzen.«
    »Ein Ziegelbaron? Was ist denn das?«, erkundigte sich Ivy.
    »Heinrich Drasche, alleiniger Eigentümer der Ziegeleien in den Vororten. Er war der Lieferant des Baumaterials und verdiente sich an jedem einzelnen Palais eine goldene Nase. Er war erbost, dass sich Sicardsburg und van der Nüll für eine moderne Bauweise mit einer Eisenkonstruktion und massiven Kalksteinen entschieden haben. Kurzerhand kaufte Drasche die Grundstücke gegenüber und erbaute den Heinrichshof - aus seinen Ziegeln, versteht sich! Damit hatte er die Sicht auf die Karlskirche verstellt. Ja, noch mehr. Der mächtige Block des Zinshauses lässt die Oper kleiner und unbedeutender erscheinen.
    Es war sicher nicht einfach für die beiden Architekten. Die triumphale Einweihung der Oper und die Begeisterung, die das fertige Haus entfachte, haben beide nicht mehr erlebt. Sicardsburg erlitt einen Schlaganfall und van der Nüll erhängte sich.«
    »Nur weil man seine Arbeit kritisierte?«, wunderte sich Luciano.
    Franz Leopold wiegte den Kopf. »Vermutlich nicht. Er soll verliebt gewesen sein und seine junge Frau vergöttert haben. Und wie ich schon sagte, alle Baumeister wurden kritisiert. Matthias ist ihm einige Wochen vor seinem Tod zufällig begegnet und sehr nahe gekommen. Er sagt, van der Nüll war krank. Etwas wucherte in seinem Kopf, das sein Blut verdarb und ihn mit unglaublichen Schmerzen quälte. Vermutlich war das der Grund.«
    Die Erben hatten inzwischen die Vorhalle passiert und stiegen mit den anderen Opernbesuchern die Treppe zum Foyer hinauf. Luciano sah sich um und legte dann den Kopf in den Nacken, um die prächtige Decke in Augenschein zu nehmen.

    »Ja, sehr schön alles, dennoch kann sie mit der Garnier-Oper in Paris nicht mithalten.«
    »Was für ein vernichtender Kommentar. Ein Glück,

Weitere Kostenlose Bücher