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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nicht so mit deiner Schwester!«, rief Calvino erzürnt.
    »Sie ist nicht meine Schwester. Das weißt du doch am allerbesten, Padre .«
    Er sprach das Wort Padre so aus, als würde er vor ihm ausspucken.
    »Warum behauptest du so etwas?«, fragte Nicoletta bestürzt.
    »Sag so etwas nie wieder!«, herrschte der Clanführer seinen Soh n an.
    »Ach, bestimmst du hier, was man sagen darf und was nicht? Was die Wahrheit ist?«
    Alle schwiegen. Eine ungute Spannung lag in der Luft. Nicoletta sah von einem zum anderen. Die älteren Mitglieder der Oscuri mieden ihren Blick, nur Matteo sah verwirrt drein. Da meldete sich plötzlich Tommaso, der bisher geschwiegen hatte, zu Wort.
    »Sie hat ein Recht, es zu erfahren.«
    »Nein!«, lehnten Calvino und Leone gleichzeitig ab.
    »Es ist vorbei und vergessen«, fügte Leone hinzu.
    »Vergessen?« Tommaso fixierte Edoardo. »Offensichtlich nicht. Sagt es ihr! Sonst erzähle ich die Geschichte.«
    Calvino zögerte noch immer. Nicoletta wandte sich von ihrem Vater ab und setzte sich zu dem alten Mann. Sie griff nach seinen knochigen Händen.
    »Ja, Tommaso, erzähle mir, was ich wissen muss. Was verheimlichen sie mir?«
    Der alte Mann richtete seine klugen, dunklen Augen erst auf Nicoletta, dann auf Calvino. Der ließ sich auf ein Kissen sinken und barg das Gesicht in den Händen.
    »Nun gut, dann erzähle es ihr«, sagte er mit einer Stimme, die Nicoletta fremd war. Es schwang ein Schmerz in ihr, der sie erschaudern ließ.
    Tommaso nickte, dann sagte er: »Edoardo hat recht und doch auch nicht, wenn er behauptet, dass du nicht seine Schwester bist. Calvino ist euer Vater, das ist richtig, doch die Frau, die du bisher Mutter nanntest, hat dich nicht geboren.«
    Nicoletta hörte ihren Vater aufstöhnen. Sie selbst brachte keinen Ton heraus.
    Tommaso sah sie forschend an, dann sprach er weiter.
    »Es ist jetzt sechzehn Jahre her, da kam ein junges Mädchen in die Stadt. Man sagte, sie stamme aus Rom, und der Ruf ihrer außergewöhnlichen Schönheit verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch ganz Venedig. Jeder wollte sie sehen. Sie wurde zu jedem Ball geladen, denn sie war nicht nur schön und anmutig, sie war auch klug und konnte einem allein mit ihrer Anwesenheit und ihrer Stimme die Welt vergessen lassen.«
    Wieder stieß Calvino einen Laut aus, der nun fast wie ein Schluchzen klang. Nicoletta vermied es, zu ihm hinzusehen. Stattdessen ließ sie Tommaso nicht aus den Augen.
    »Obwohl keiner wusste, wer ihre Eltern waren, war sie durchaus nicht auf sich allein gestellt. Sie hatte einen mächtigen und sehr reichen Gönner, der sie als sein Mündel vorstellte: Conte Contarini, der, wie du weißt, aus einer der ältesten Adelsfamilien Venedigs stammt, den vierundzwanzig sogenannten langen Familien. Er schenkte ihr die schönsten Kleider und den wertvollsten Schmuck, sodass es nicht lange dauerte, bis sie Bekanntschaft mit den stets gefürchteten Larvalesti machte.« Seine Stimme klang nun ein wenig spöttisch, doch dann wurde er wieder ernst.
    »Alle waren von ihr entzückt, doch ein Herz brach im ersten Augenblick, da er sie sah.«
    Er hob die Lider und sah zu Calvino hinüber, der noch immer das Gesicht verbarg. So schwach hatte Nicoletta ihn noch nie gesehen. So wollte sie ihn nicht sehen! Ihr Vater hatte sich also vor sechzehn Jahren in die schöne Fremde verliebt. Nicoletta konnte rechnen. Ihr war klar, dass er zu dieser Zeit bereits seit Jahren mit Valentina verheiratet gewesen war und seine Söhne Edoardo und Matteo bereits auf der Welt waren.
    »Er wollte sie unbedingt, und obwohl Conte Contarini sie irgendwo auf einer der Inseln versteckte, spürte er sie auf, entführte sie und machte sie zu der seinen. Doriana, deine Mutter.«
    Nicoletta blinzelte. »Doriana«, flüsterte sie. Das also war die Erklärung. Deshalb hatte sie Valentina nie wie eine Mutter geliebt und sie Nicoletta nicht wie eine Tochter. Deshalb lehnten ihre Brüder sie ab, weil sie nur das Kind der Mätresse war. Nicoletta lauschte in sich hinein. Sie versuchte, sich an ihre Mutter zu erinnern, doch sie fand nur verschwommene Bilder.
    »Was ist mit ihr geschehen?«, fragte sie leise. »Ist sie gestorben?«
    Tommaso sah sie ernst an. »Wir wissen es nicht. Sie ist einige Tage vor deinem zweiten Geburtstag verschwunden.«
    Er berichtete, was sich zugetragen hatte und was die Oscuri in Erfahrung hatten bringen können. Viel war es nicht.
    »Und ihr habt nie wieder von ihr gehört?«, fragte Nicoletta. »Ihr wisst

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