Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)
zwei Vampiren verfolgt, aber wir haben sie abgehängt.«
»Und dennoch ist es ihnen gelungen, einige Oscuri bis zum Fort auf der Insel zu verfolgen«, gab Nicoletta zurück.
Die Männer starrten sie entgeistert an.
»Woher willst du das wissen?«, hakte Calvino nach.
»Weil ich sie habe reden hören. Drei von ihnen waren dort und sie haben euch belauscht.«
Betretenes Schweigen. Das Beutelager draußen in der Lagune war stets der Ort gewesen, der den Oscuri absolut sicher erschienen war. Sie hatten sogar erwogen, die Schätze aus dem Versteck im Palazzo Dario ebenfalls dorthin zu verschiffen. Das kam nun natürlich nicht mehr infrage.
»Das ist nicht gut. Gar nicht gut«, murmelte Leone. Sein Blick richtete sich fragend auf Nicoletta.
»Aber wenn es den Vampiren gelungen ist, dich gefangen zu nehmen, wie kommst du dann jetzt hierher?«
»Es ist mir eben gelungen, ihnen zu entkommen«, gab sie ein wenig gestelzt zurück, mied aber seinen Blick.
»Ja, wie denn? Ich halte sie ja nicht gerade für unbesiegbar, aber für so dumm hätte ich sie auch nicht gehalten«, wandte Edoardo ein.
Nicoletta wand sich. »Ich habe mit dem Vampir, der mich gefangen hat, gesprochen, als die anderen alle weg waren.«
Sie scheute sich, Tammos Name zu nennen. Es wäre ihr wie Verrat vorgekommen, und außerdem fürchtete sie, sie könnte ihre Gefühle für ihn verraten, wenn sie seinen Namen aussprach.
»Ich konnte ihn überzeugen, mich gehen zu lassen.«
Die anderen starrten sie ungläubig an.
»Sie sind keine blutrünstigen Monster«, verteidigte sie die Vampire. »Alles, was sie wollen, ist, Clarissa zurückzubekommen.«
»Clarissa?«, wiederholte Michele und runzelte fragend die Stirn.
»Die Vampirin, die wir aus dem Palazzo Dario entführt haben«, fügte Nicoletta ungeduldig hinzu. Sie kannten nicht einmal mehr ihren Namen. Sie war keine Person für sie, nur ein Wesen, das ihnen im Weg gewesen war.
»Wir können ihnen nicht geben, was wir nicht mehr haben«, sagte Leone.
»Wir nicht, aber vielleicht Nicoletta?« Edoardo sah sie mit einem lauernden Ausdruck an. »Du hast sie weggebracht, nicht wahr?«
»Und wenn es so wäre, dann nur zu unserem Besten. Ihr hättet sie vernichtet und uns zu Mördern gemacht!«
»So aber lebt sie noch, und wir können diese leidige Affäre vergessen«, fuhr Leone fort, obgleich Nicoletta nicht bestätigte, dass sie Clarissa befreit hatte.
»Na gut, dann sollten wir jetzt darüber abstimmen, wie wir Nicolettas eigenmächtiges Handeln bestrafen«, drängte Edoardo. Dieser Punkt schien ihm besonders am Herzen zu liegen. Nicoletta hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige gegeben, wenn das nicht zu kindisch gewirkt hätte. Er hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er seine Schwester verabscheute. Noch mehr als Filippo, der ihr auch nicht gerade brüderliche Liebe entgegenbrachte. Was war der Grund dafür? Sie hatte ihren Brüdern nie etwas getan. Ihre anderen Schwestern behandelten sie mit nachsichtiger Freundlichkeit, wenn sie sich mal in Leones Haus blicken ließ. Lag es wirklich nur daran, dass sie das Leben der Männer teilen durfte?
Calvino wirkte plötzlich sehr müde. »Ja, ich werde Nicoletta dafür bestrafen, aber das ist ganz allein meine Angelegenheit und keine Sache der Gemeinschaft.«
»Ist es sehr wohl! Sie muss endlich von unseren nächtlichen Raubzügen ausgeschlossen werden!«
»Das finde ich auch«, stimmte ihm Matteo zu, und selbst Calvinos Bruder Michele nickte.
»Das ist nichts für ein Mädchen. Sie ist alt genug, um zu heiraten. Wir haben schon darüber gesprochen. Gib sie Gabriele zur Frau, und ich werde ihr einen schönen Palazzo einrichten, das verspreche ich.«
»Nein!«, rief Nicoletta. » Padre , ich beschwöre dich, das darfst du nicht. Ich will nicht heiraten, weder Gabriele noch Matteo noch sonst jemanden.«
Ihr Vater seufzte. »Irgendwann musst du heiraten«, sagte er ruhig. »Du bist ein Mädchen, das zur Frau heranwächst. Das ist der Lauf der Dinge. Du wirst einen Hausstand gründen und deinem Mann Kinder gebären, um die Oscuri zu stärken.«
Nicoletta dachte an Tammo. »Nein!«, protestierte sie. »Wenigstens jetzt noch nicht. Ich habe euch immer gute Dienste geleistet. Erinnert euch. Ich war so klein und flink, dass ich überall hindurchpasste. Ihr habt mich gebraucht!«
»Mag sein«, gab Edoardo zurück, »aber jetzt brauchen wir dich nicht mehr. Keiner braucht dich, Nicoletta.«
Er klang so hasserfüllt, dass Nicoletta zurückwich.
»Sprich
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