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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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spüren, streifte seine Erinnerung, und dennoch war er sich nicht sicher, ob die Liebe Segen oder Fluch für einen Vampir bedeutete. Oder sogar Vernichtung!
    Das Boot schaukelte, dann hörte und spürte er das schleifende Geräusch, wie der Kiel auf Grund fuhr. Das Boot wankte noch einmal, als Nicoletta an Land sprang, vermutlich, um das Tau irgendwo zu befestigen.
    Tammo blinzelte. Es fiel ihm von Minute zu Minute schwerer, sich gegen den Ruf der Sonne zu wehren. Nein, er würde sich nicht ergeben!
    Die Planken zitterten wieder unter Nicolettas leichtem Schritt. Tammo spürte, wie sie näher kam. Dann stand sie dicht vor ihm, nur durch den Deckel der Kiste von ihm getrennt. Er konnte ihre Wärme deutlicher spüren als die sengende Kraft der Sonne.
    »Tammo?« Es war nur ein Flüstern.
    Er antwortete deutlich, wenn auch ein wenig schleppend.
    »Oh, du bist noch wach«, wunderte sie sich. »Geht es dir gut?«
    Ihre Stimme klang ein wenig fern, und er hatte das Gefühl, hier in der Kiste würde Nebel aufsteigen, doch sonst hatte Tammo seine Sinne noch beieinander.
    »Danke, es geht«, sagte er. »Wo ist Clarissa?«
    »Hier, auf San Clemente, das habe ich doch gesagt«, gab Nicoletta zur Antwort. Wieder diese Gedankenfetzen von Schmerz und der Gestank von verbranntem Fleisch, als könne er es selbst riechen.
    »Ich will sie sehen! Sofort!«
    »Das geht nicht«, widersprach Nicoletta. »Draußen ist es Tag. Du würdest elendig verbrennen.«
    Tammo schüttelte störrisch den Kopf. Er hob den Deckel einige Zentimeter an und spähte hinaus. Dichte Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben und es würde sicher bald wieder regnen.
    »Wie weit ist es?«
    »Nur ein paar Schritte, aber  … «
    Er schnitt ihr das Wort ab. »Dann bring mich hin, solange die Sonne sich verbirgt.«
    Nicoletta zögerte noch immer. »Bist du dir ganz sicher?«
    »Ja!«
    Er klappte den Deckel hoch und griff nach ihrer Hand. Obwohl die Sonne nicht zu sehen war und ihn nicht direkt mit ihren Strahlen treffen konnte, spürte Tammo ihre Hitze, die seine Haut zu verglühen schien. Doch er hatte in London gelernt, dass ihm im Schatten nichts Schlimmes passierte. Zumindest nicht so schnell. Er konnte bereits sehen, wie seine Haut ihren weißen Schimmer verlor und erst matt und dann grau wurde. Auch Nicoletta bemerkte es und klammerte sich an seinen Arm, um ihn zurückzuziehen.
    »Bitte, nicht. Nicht auch noch du!«
    Ihre Worte schienen seinen Verdacht zu bestätigen.
    »Wo ist sie? Was ist passiert?«
    Nicoletta sah ein, dass er nicht nachgeben würde, daher sprang sie an Land.
    »Komm schnell!«
    Er folgte ihr, so schnell es ging. Es fühlte sich an, als würde er durch Wasser waten, doch es gelang ihm, mit Nicoletta Schritt zu halten.
    Was für eine Leistung! Er nahm es noch immer mit einem Menschenmädchen auf, dachte er sarkastisch. Tammo ließ den Blick schweifen, während er ihr zu einem halb verfallenen Gebäude folgte, das allerdings besser aussah als das alte Lazarett, in dem er den Tag zuvor verbracht hatte.
    Nicoletta schob die Tür auf, die schief in den Angeln hing und mit einem Kreischen protestierte. Tammo stieg hinter ihr eine verstaubte Treppe hinauf und folgte ihr dann über einen kurzen Flur auf eine Tür zu. Nicoletta hielt inne, die Hand auf der rostigen Klinke.
    »Sie wollte nicht, dass sie jemand in diesem Zustand sieht. Ich habe versucht, sie zu überreden, zu euch zurückzukehren, doch sie wollte nicht auf mich hören.«
    »In welchem Zustand?«, fragte Tammo gepresst, obgleich er ahnte, was geschehen war.
    »Die Sonne«, stieß Nicoletta hervor. »Ich habe es nicht gewusst. Es war ein Unfall, das musst du mir glauben! Ich wollte ihr nichts tun.«
    Tammo trat neben sie und stieß die Tür auf. Er war selbst am Ende seiner Kräfte und wusste nicht, wie lange er noch durchhalten konnte.
    Sein Blick huschte durch den Raum. Das Fenster war von einer Decke verhängt, sodass es hier drinnen angenehm düster war. Viel zu sehen gab es in dem Zimmer nicht. Ein paar alte Möbel, das Holz von Feuchtigkeit aufgequollen und gebleicht, und ein Bett, auf dem eine Gestalt lag. Tammo blinzelte. Nein, das war nicht möglich. Zögernd trat er näher. Er spürte Nicolettas Anwesenheit. Sie musste dicht hinter ihm sein, den Atem voller Anspannung angehalten.
    »Sie ist noch da«, seufzte sie. »Sie hat es sich überlegt.«
    Tammo fuhr herum. »Was hat sie sich überlegt?«
    »Sie wollte so nicht weiterexistieren. Sie wollte es beenden.«
    Ihre Worte

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