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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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die Angst der Menschen vor dem Fluch würde ausreichen, jeden von diesem Haus fernzuhalten. Und ich gehe jede Wette ein, dass er kräftig dazu beigetragen hat, dass dieser Fluch nicht in Vergessenheit gerät.«
    »Aber warum?«
    Leo hob die Schultern. »Keine Ahnung. Wenn wir diese Frage beantworten können, dann sind wir auch Clarissa einen großen Schritt näher gekommen.«
    »Und wenn wir sie erst gefunden haben, dann werden wir sie auch befreien«, fügte Alisa mit Zuversicht in der Stimme hinzu.
    »Wenn sie überhaupt noch lebt«, flüsterte Luciano.
    »Natürlich tut sie das!«, rief Alisa. »Warum sonst hätten sie sich die Mühe machen sollen, sie mitzunehmen? Sie hätten sie doch gleich im Palazzo ermorden können, um dem Märchen vom verfluchten Haus neue Nahrung zu geben.«
    Luciano nickte nur stumm. Er wollte Alisa ja glauben.
    Sie verteilten sich auf die Posten. Während Luciano auf dem Dachboden ihres Unterschlupfes blieb und von dort die umliegenden Dächer sowie den Garten und die Loggia des Palazzos beobachtete, behielt Leo von der anderen Seite des Kanals die Wasserseite im Auge. Er wandelte sich in eine Fledermaus und flatterte zum Anleger von Santa Maria del Giglio hinüber. Alisa dagegen suchte sich auf der Ostseite des Palazzos einen strategisch günstigen Platz auf einem der Dächer. Eine Möwe putzte sich auf einem der Kamine das Gefieder, ohne den Palazzo aus den Augen zu lassen. Zweimal war der Eindringling über die Dächer gekommen. Würde er heute Nacht zurückkehren?
    Sie warteten.
    Und? Tut sich etwas?, erkundigte sich Alisa, die sich langsam langweilte. Ihr Gefieder war inzwischen bis zur letzten Feder sorgfältig gereinigt, und sie fühlte das seltsame Bedürfnis, ein Bad im kühlen Wasser des Kanals zu nehmen und nach etwas Fressbarem Ausschau zu halten.
    Noch nicht, antwortete Leos Stimme in ihrem Geist. Mit ihm konnte sie sich auf diese Entfernung leicht verständigen. Ihm war die Verbindung des Geistes wie allen Dracas in die Wiege gelegt worden, während Alisa die Fähigkeit mühsam hatte erlernen müssen. Doch seit Leo ihnen in Wien die ersten Schritte beigebracht hatte, verwendete sie viel Zeit und Kraft darauf, diese machtvolle Kunst zur Perfektion zu entwickeln. Ja, es konnte eine wundervolle Gabe sein und sehr hilfreich, um sich selbst über einige Entfernung zu verständigen. Sie konnte aber auch ein Fluch sein, wenn andere sie zu gut beherrschten und ungefragt in den eigenen Geist eindrangen, um Gedanken zu lesen oder sie gar zu beeinflussen. Daher verwendete Alisa mindestens die gleiche Energie darauf, die Abwehr ihres Geistes zu stärken und ihn gegen fremde Angriffe zu sensibilisieren. Es war ein beliebtes Spiel zwischen ihr und Leo geworden. Sie versuchten immer wieder, den anderen zu überrumpeln und ihm einen Gedanken zu entlocken, den er eigentlich für sich behalten wollte. Leider war Leo noch immer ihr Meister, was Alisa ärgerte, aber auch anspornte. Es tröstete sie, dass sie immer besser wurde. Irgendwann würde es ihr gelingen, ihn zu überflügeln, daran glaubte sie ganz fest.
    Leos Stimme unterbrach ihre Gedanken.
    Ich glaube, jetzt kommt jemand. Zwei Männer steuern ein Boot zum Wassertor. Ja, sie legen an.
    Dann will ich sie mir mal ansehen!
    Alisa breitete ihre Schwingen aus und stieß sich von der Dachkante ab. Sie segelte den schmalen Kanal unter sich entlang, bis dieser in den Canal Grande mündete. Sie schlug ein paar Mal mit den Flügeln und genoss das Gefühl, so leicht durch die Luft zu gleiten. Vom Nachtwind ließ sie sich auf den Canalazzo hinaustragen und zog eine weite Kurve nach Osten. Mit ein paar Flügelschlägen schwebte sie über das schwarze Boot hinweg, das, unter einigen Decken verborgen, irgendetwas transportierte.
    Die beiden Ruderer vertäuten das Boot an den Paline vor dem Palazzo und öffneten das Wassertor. Alisa konnte nicht sehen, ob sie einen Schlüssel benutzten. Oder hatte Luciano vergessen, das Tor abzuschließen?
    Die beiden in Schwarz gekleideten Männer hoben die Decke und trugen dann einige verschieden große Kisten an Land. Es dauerte nicht lange, da waren sie schon wieder zurück, bestiegen ihre Gondel und lösten das Tau.
    Ich wüsste gern, was sie in den Palazzo getragen haben, meldete sich Leo von der anderen Seite des Kanals. Konntest du erkennen, was es war?
    Irgendwelche Kisten. Die sehen wir uns später an. Jetzt müssen wir erst einmal herausbekommen, wohin die beiden fahren. Vielleicht führen sie uns zu ihrem

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