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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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und auf den Dachboden war sicher schon eine Ewigkeit keiner mehr gestiegen. Von hier hatten sie, schräg über den Kanal und den kleinen Campo, eine gute Sicht auf den ummauerten Garten und die gesamte Rückseite des Palazzos.
    Sie gingen wieder zurück und holten die beiden Särge und die wenigen Habseligkeiten, die Luciano und Clarissa mit nach Venedig gebracht hatten. Dann besorgten sie noch einige große Kisten auf dem Rialtomarkt und deponierten diese in ihren beiden Verstecken.
    Inzwischen neigte sich die Nacht ihrem Ende zu. Drüben im Palazzo rührte sich nichts, und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich in ihre Särge zurückzuziehen. Alisa zog es vor, sich einen Sarg mit Leo zu teilen, statt in einer Kiste zu ruhen, in der  – dem Geruch nach zu urteilen  – Fisch transportiert worden war.
    Sie rümpfte die Nase. »Bei dem Gestank kann ja nicht einmal ein Vampir schlafen. Hast du diese Kiste hierhergebracht?« Sie sah zu Luciano hinüber, während sie anklagend auf das Objekt ihrer Missgunst zeigte.
    »Es war die einzige geräumige Kiste, die es noch gab. Du willst dich ja auch nicht zusammengekauert wie eine Mumie in eine Kiste pressen.«
    »Nein, danke, da quetsche ich mich lieber mit Leo in Clarissas Sarg.«
    Leo grinste und verbeugte sich mit einer einladenden Geste. »Ich bin entzückt, meine Liebe. Von dir lasse ich mich doch gern ein wenig zerquetschen.« Er legte sich in den Sarg und breitete die Arme aus.
    »Komm schon!«
    Alisa ließ sich nicht lange bitten. Sie kuschelte sich an ihn, während Leo den Deckel zuzog.
    Luciano sah noch eine Weile auf den geschlossenen Sarg herab. Er konnte nicht verhindern, dass so etwas wie Neid in ihm aufstieg. Warum war bei ihm immer alles so schwierig und mit so vielen Hindernissen verbunden?
    ***
    Es war schon längst wieder dunkel, als der Zug in Wien einfuhr. Tammo und Hindrik hatten ihre Reisekisten verlassen und die Tür entriegelt. Sie lugten hinaus und warteten, bis sich der Strom der Reisenden durch die Schranke ins Bahnhofsgebäude bewegt hatte. Sie sahen Rajka mit Koffern und Hutschachteln beladen den Bahnsteig entlangschreiten, als würde sie nicht mehr als eine Handtasche tragen. Anna Christina entdeckten sie nicht, aber das war vielleicht auch besser so. Tammo verspürte nicht das Bedürfnis, sich von ihr zu verabschieden.
    Hindrik schob die Tür auf. »Komm, lass uns nach einem geeigneten Zug suchen, ehe wir die Kisten ausladen. Dieser hier wird nicht vor dem Morgen weiterfahren.«
    Sie fanden bald den Bahnhofsvorsteher, der unter dem zwingenden Blick der Vampire beflissen Auskunft erteilte. Um sechs Uhr in der Früh würde der Zug, der auf Gleis vier bereitstand, über Graz und Triest nach Venedig abfahren. Er sollte die Lagunenstadt kurz vor Mitternacht erreichen.
    Die Vampire dankten ihm und zogen sich zurück. Tammo strahlte, als sie zu dem Gepäckwagen zurückkehrten, um ihre Kisten zu holen. Sie trugen sie hinüber zu ihrem Anschlusszug und verstauten sie wieder unauffällig hinter anderem Gepäck.
    »Und nun?« Tammo sah sich ein wenig unschlüssig um. »Ich hätte Hunger«, gestand er und warf Hindrik einen Blick zu. Der lächelte.
    »Ich auch. Wollen wir uns noch ein wenig an Wiener Blut stärken, ehe wir unsere Reise fortsetzen?«
    Tammo sah den Servienten misstrauisch an. »Du meinst das wirklich ernst? Du willst mit mir auf die Jagd gehen?«
    Hindrik nickte. »Warum denn nicht? Hast du dein Ritual in London begangen?«
    »Aber ja! Du warst doch dabei.«
    »Genau, also dürfte nicht einmal Dame Elina etwas dagegen haben.«
    Tammo begann zu grinsen. »Da hast du auch wieder recht. Gut, gehen wir uns stärken!«
    Gesättigt und gut gelaunt kehrten die beiden Vamalia eine Stunde später zum Bahnhof zurück und huschten unbemerkt zu ihrem Waggon. Tammo schob die Tür auf, sprang in den Wagen und blieb dann wie vom Donner gerührt stehen.
    »Das glaube ich jetzt nicht«, stöhnte er.
    Hindrik folgte ihm und musste ebenfalls verwirrt blinzeln. Dann entfuhr ihm ein Lachen.
    »Was für eine angenehme Überraschung! Wer hätte gedacht, dass wir uns so schnell wieder begegnen!«
    »Angenehm?«, rief Tammo und verzog angewidert sein Gesicht. »Das meinst du nicht ernst. Verflucht, Anna Christina, was willst du hier?«
    Die beiden Vamalia starrten auf die Dracas herab, die mit übergeschlagenen Beinen auf einem Schrankkoffer saß, der  – laut dem Etikett  – einer Contessa Foscari gehörte. Sie lächelte hoheitsvoll zu ihnen

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