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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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meinte Hindrik.
    Alisa und er begleiteten die Dracas bis zum Anleger vor der Akademie der Künste, wo auch bei Nacht immer einige Gondeln auf Passanten warteten. Der Regen hatte sich glücklicherweise verzogen, sodass Anna Christina nicht fürchten musste, dass ihr Aussehen Schaden nehmen könnte.
    Alisa konnte nicht umhin, die Haltung der Dracas zu bewundern, wie sie da am Anleger stand und ein Boot heranwinkte. Es schien ganz einfach, sich nach der Questura zu erkundigen und sich dann dorthin bringen zu lassen. Anna Christina warf den beiden Vampiren am Ufer noch einen triumphierenden Blick zu, dann nahm sie in vollendeter Anmut unter dem Baldachin der Felze Platz . Alisa spürte, wie schwer es dem Gondoliere fiel, seinen Blick von ihr loszureißen und sich auf seinen Riemen zu konzentrieren. Vermutlich spielte sie bewusst mit ihm und genoss ihre Macht. Sie würde ihn um seinen Verstand bringen und vielleicht auch um sein Blut  – sobald sie ihr Ziel erreicht hatten.
    Alisa und Hindrik sahen der Gondel nach, die sich den Kanal hinunter in Richtung Bacino de San Marco aufmachte. Dann kehrten sie zu den anderen zurück, um ihre Beobachtungsposten einzunehmen.
    ***
    Anna Christina verließ am Campo de San Lorenzo im Sestiere Castello die Gondel. Der Gondoliere reichte ihr die Hand, um ihr ans Ufer zu helfen, und nannte ihr dann den Preis für die Fahrt. Anna Christina lächelte kühl. Sie hatte nicht vor, dem Mann Geld zu geben, obgleich ihr Leo einen Beutel mit Lira überlassen hatte. So eine Verschwendung! Nein, für solche Dienste wusste sie eine bessere Entlohnung. Sie sah dem Mann in die Augen, bis sich sein Blick verschleierte.
    »Ihr untertänigster Diener, Signorina«, hauchte er und bot ihr seinen Hals.
    Anna Christina biss zu, trank einige Schlucke und ließ ihn dann in seine Gondel zurückgleiten.
    »Mit Dank bis zum nächsten Mal«, sagte sie spöttisch, zog ein mit Spitze verziertes Taschentuch aus ihrem Ridikül und tupfte sich über die Lippen. Dann machte sie sich zur Questura auf.
    Ein gelangweilt wirkender Polizist stand hinter dem Tresen. Träge hob er den Blick, doch als sein Geist erfasste, was er da vor sich sah, war er unvermittelt hellwach, nahm Haltung an und salutierte.
    »Signorina, womit kann ich dienen?«
    »Ich möchte mit Ihrem Herrn Commissario sprechen.«
    Der Polizist wiegte verlegen den Kopf. »Das ist im Moment nicht möglich. Es ist schon sehr spät. Kann ich Sie bitten, morgen nach zehn Uhr noch einmal zu kommen?«
    »Nein, das können Sie nicht«, widersprach Anna Christina. »Wo befindet sich Ihr Commissario im Moment? Hat er bereits Feierabend?«
    »Nun ja, wie ich schon sagte, es ist spät«, wiederholte der Polizist.
    Sie sah das Bild eines etwas korpulenten Mannes mit schütterem Haar in den Gedanken des Polizisten auftauchen, der im Gegensatz zu ihm keine Uniform trug. Vermutlich der Kommissar, nach dem sie ihn gefragt hatte. Doch er sah ihn nicht in der Umgebung eines trauten Zuhauses. Er saß an einem Tresen, ein Glas Wein und eine Schale mit frittierten Tintenfischstücken vor sich.
    »Wie heißt die Osteria, in der der Commissario nach Feierabend einzukehren pflegt, und wo finde ich sie?«
    »Ich habe nicht gesagt …«, protestierte der Polizist und verstummte dann unter ihrem Blick. Zitternd hob er die Hand und deutete zur Tür.
    »Er ist gleich da drüben bei Da Mario. «
    »Besten Dank.«
    Anna Christina raffte ihre Röcke und wandte sich ab. Sie verzichtete darauf, auch den Uniformierten um ein wenig Blut zu erleichtern. Sein träumerischer Blick folgte ihr durch die Tür und die Stufen hinunter bis auf den Campo. Anna Christina sah sich um. Ja, dort drüben musste es sein. Licht und Stimmen fluteten auf den Platz hinaus. Mit energischen Schritten überquerte sie den Campo und trat in den Schankraum. Alle Augen richteten sich auf sie, die Gespräche verstummten. Selbst der Wirt hielt mitten in der Bewegung inne und achtete nicht mehr auf das Glas, das er unter den Hahn eines Fasses hielt. Selbst als das Bier ihm über die Hand lief und auf den Boden floss, reagierte er nicht.
    Das war nicht ganz das, was Anna Christina beabsichtigte. Sie sammelte ihre Kräfte und sandte dann eine Welle von Energie aus, die in die Köpfe der Menschen eindrang und sie von ihr ablenkte. Anna Christina wartete, bis sich die Männer wieder ihren Gläsern zuwandten. Als die ersten Gespräche den Raum zu erfüllen begannen, trat sie auf den Mann zu, den sie im Geist des Polizisten

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