Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)
ließ keinen Zweifel.
Luciano sah entsetzt von einer zur anderen. »Leo, das kannst du doch nicht zulassen!«, rief er entsetzt.
»Warum? Und wie kommst du auf die Idee, dass auch nur eine der beiden auf mich hören würde? Warten wir es ab. Ich denke, es ist eine gute Lektion.«
»Für wen?«
»Das werden wir gleich sehen. Wenn Alisa gewinnt, dann freue ich mich zu sehen, wie Anna Christinas Hochmut gestutzt wird, und wenn sie gewinnt, dann hoffe ich, wird das Alisa eine Lehre sein und sie ein wenig vorsichtiger machen.«
»Wir haben Wichtigeres zu tun!«, protestierte Luciano, aber keiner hörte auf ihn.
Tammo sprang auf einen der Särge und ließ sich im Schneidersitz nieder. Er klopfte auf die freie Fläche neben sich. »Komm, Hindrik, das darfst du dir nicht entgehen lassen. Und schau nicht so besorgt. Alisa wird das schon machen. Wollen wir wetten? Ich setze auf Alisa. Wenn sie sich in was reinsteigert, dann ist Vorsicht geboten! Ihr Zorn ist fürchterlich.«
Hindrik setzte sich neben ihn und nickte. »Das schon, aber Anna Christina ist eine Meisterin mit dem Degen, und Alisas Bein, fürchte ich, behindert sie noch immer ein wenig.«
»Wir werden sehen«, winkte Tammo ab, der sich seine Zuversicht nicht nehmen lassen wollte.
Die beiden Vampirinnen umkreisten sich in einigem Abstand, die Gegnerin fest im Blick. Alisa wartete. Sie wollte, dass Anna Christina den ersten Schritt tat. Ihre Strategie war, sich erst einmal auf ihre Verteidigung zu konzentrieren und den Fechtstil der Dracas zu studieren, um ihre Schwächen herauszufinden – falls es denn welche gab. Wenn sie sich nur den kleinsten Fehler erlaubte, würde Alisa zur Stelle sein und blitzschnell zustoßen.
So lautete der Plan. Und es war auch Anna Christina, die das Scharmützel eröffnete, doch ihr Angriff kam so schnell und mit so präzise geführter Klinge, dass Alisa froh war, sie überhaupt parieren zu können. Sie erkannte, dass Anna Christinas Fußarbeit brillant war, was man von der ihren ganz und gar nicht behaupten konnte. Ihr Bein war alles andere als flink. Nein, es fühlte sich an, als würde ein Klotz daran hängen. Alisa musste sich auf ihre Schrittfolgen konzentrieren, um nicht zu stolpern. Dabei versuchte sie gleichzeitig, Anna Christinas nächsten Angriff vorauszuahnen, um ihre Klinge abzufangen. Doch die Dracas war nicht Luciano oder ein anderer Schüler, dessen Absichten sie leicht in seinem Geist lesen konnte. So war sie allein auf ihre Intuition und ihre Schnelligkeit angewiesen.
Anna Christina jagte Alisa gnadenlos über den Dachboden. Alisa hatte zwar vorgehabt, zuerst nur zurückzuweichen, aber das hier konnte keiner mehr für bloße Taktik halten. Sie war die Gejagte, die um ihr Leben lief!
Endlich ließ der Druck ein wenig nach und Alisa bekam die Gelegenheit für einige Angriffe. Es wunderte sie allerdings nicht, dass Anna Christina sie mit Leichtigkeit parierte. Ja, wenn sie nicht so dringend einen Treffer gegen Leos Cousine hätte landen wollen, hätte sie deren leichten, eleganten Stil restlos bewundert, aber dafür blieb ihr keine Zeit. Sie hatte alle Hände und Gedanken voll zu tun, sich ihrer Haut zu wehren. Einmal stolperte sie gar, und Anna Christinas Degenspitze fuhr durch den Ärmel ihres Kleids, doch die Dracas zog ihre Klinge wieder zurück, ohne weiteren Schaden anzurichten.
Alisa wusste, dass sie sie geschont hatte. Es demütigte sie und machte sie wütend. Sie preschte mit einer Kombination schneller Streiche nach vorn, konnte aber die Deckung der Dracas nicht durchbrechen. Dann war wieder sie die Getriebene. Erneut stolperte sie, als ihr verletztes Bein nicht so schnell hinterherkam, doch Anna Christina nutzte die Situation nicht aus. Erst als Alisa ihren nächsten Angriff startete, überraschte sie sie mit einer Sequenz, die Alisa noch nie gesehen hatte.
Ratsch.
Sie ahnte den Streich mehr, als dass sie ihn spürte. Anna Christina trat zurück und ließ den Degen sinken.
»Das genügt«, sagte sie fest. Alisa griff nach ihrer Wange, an der aus einem winzigen Schnitt ein paar Blutstropfen quollen.
Alisa wollte jetzt nicht aufhören. Sie dürstete nach Revanche und wollte zumindest einen Treffer landen! Wider besseren Wissens hob sie ihren Degen. »Weiter!«, knirschte sie durch die zusammengepressten Zähne, doch Anna Christina ließ sie einfach stehen und ging zu Leo zurück.
»Ich hätte dich einige Male treffen können, wenn ich es gewollt hätte«, sagte die Dracas über die Schulter, und
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