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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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stand das Phantom keine drei Schritte von ihr entfernt in dem Gang, eine Laterne in der Hand.
    »Die großen Verbündeten des Magiers. Blitz, Donner und Rauch, um das Publikum zu erschrecken und zu ergötzen und um die wahren Absichten zu verbergen«, begrüßte ihn Ivy.
    Das Phantom trug wie bei ihrer letzten Begegnung einen modischen Frack, der auf seinen schmalen Körper zugeschnitten war. Die weiße Maske verhüllte sein Gesicht. Er verbeugte sich galant, seine Stimme dagegen klang ein wenig schroff.
    »Du irrst dich. Die Menschen betrügen sich selbst. Sie scheinen nach jeder Ablenkung zu gieren und verfallen ihr nur zu leicht. Auch ohne Blitz, Donner und Rauch würden sie die Wahrheit nicht erkennen.«
    »Und wie lautet die Wahrheit?«
    »Jeder hat seine eigene Wahrheit«, antwortete er ausweichend. »Warum bist du zurückgekehrt, obwohl ich euch unmissverständlich klargemacht habe, dass dies hier mein Revier ist und ich keine Vampire dulden werde.«
    Ivy ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Normalerweise würde ich deinen Wunsch akzeptieren. Doch ganz besondere Umstände führen mich hierher.«
    »Was ist mit deinen Freunden? Hatten sie nicht den Mut, dich zu dem mörderischen Phantom zu begleiten?«
    »Ich muss dich enttäuschen. Dein Ruf mag bei den Menschen so schrecklich sein, dass sie ängstlich vor dir zittern. Bei uns weckst du eher Neugierde. Wenn ich meinen Freunden gesagt hätte, was ich vorhabe, wären sie nun an meiner Seite. Doch ich hoffte, dich zugänglicher zu finden, wenn ich alleine komme - nun ja, fast alleine. Seymour bleibt stets an meiner Seite.«
    Erik beugte sich ein wenig vor und betrachtete den Wolf eingehend. »Er ist kein gewöhnlicher Wolf.«
    »Nein, er ist ein Werwolf«, sagte Ivy offen und fing einen Laut der Überraschung von Seymour auf. Dies war nichts, das sie jedem auf
die Nase band! Ja, bis auf die Lycana und ihre drei Freunde wusste niemand davon. Ivy war selbst ein wenig über sich erstaunt, dass sie ihm das erzählte.
    Erik betrachtete Seymour eingehend. »Ja, ich glaube dir. Man sieht es in seinen Augen. Ich meine, dass er kein gewöhnliches Tier ist. Einem Werwolf bin ich bislang nicht einmal auf meinen Reisen nach Russland und Persien begegnet.«
    »Du scheinst ein bewegtes Leben hinter dir zu haben.«
    Erik nickte. »Ja, so könnte man sagen. Doch wir schweifen ab. Du hast mir noch immer nicht verraten, warum du bei mir eingedrungen bist.«
    Ivy fragte sich, ob er die Einsamkeit wirklich genoss, oder ob nicht andere Gründe ihn dazu trieben, sich zu verstecken. Waren die menschenleeren, dunklen Gänge ein Schutz für seine Seele? Ein Schutz vor den anderen? Sie wusste, dass Menschen auf jede Abweichung von dem, was sie als normal empfanden, mit Furcht oder Zerstörung reagierten. Wer anders als ein Vampir konnte das besser nachempfinden!
    »Ich bin gekommen, um dich zu fragen, was du über den gefangenen Vampir herausbekommen hast.«
    Trotz der Maske schien es Ivy, als nehme sein Gesicht einen mürrischen Zug an. »Warum hätte ich mich darum kümmern sollen?«
    »Es gibt viele Gründe«, sagte Ivy sanft. »Weil die Falle eigentlich dir galt und einen Unbeteiligten traf. Weil wir dich darum gebeten haben?«
    »Ich kümmere mich nicht um andere. Schon lange nicht mehr«, gab das Phantom schroff zurück.
    »Aber du hast die Menschen reden hören. In deiner Oper geschieht nichts ohne dein Wissen. Daher bin ich überzeugt, dass du etwas erfahren hast, das uns bei unserer Suche weiterhelfen kann.«
    »Warum sorgst du dich um ihn und setzt dich so für ihn ein?«, rief das Phantom aus.
    »Weil er einer meiner Art ist. Ein Vampir der Pyras, die hier seit Jahrhunderten im Untergrund von Paris existieren.«
    »Du bist nicht wie er. Ich habe bei meinen Streifzügen schon viele
Vampire getroffen. Zuerst sahen sie mich als Beute, aber es gelang mir, ihnen Respekt einzuflößen, bis sie mich schließlich in Ruhe ließen und mein Revier mieden - meistens jedenfalls. Er ist also selbst schuld, dass er in die Falle lief, die mir zugedacht war.«
    »Du bist in deinem Urteil sehr hart.«
    Erik schnaubte vernehmlich. »Was vermisst du? Menschliche Güte und Mitleid? Gnade? Die gibt es nicht für alle.«
    Ivy nickte. »Mit dir hat zeit deines Lebens niemand Mitleid gehabt.«
    »Ich brauche kein Mitleid!«, protestierte Erik.
    »Aber Güte«, sagte Ivy.
    Erik schwieg, als müsste er sich erst wieder sammeln. »Geh jetzt. Du bist anders als der Vampir, den sie gefangen haben. Kennst

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