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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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haben?
    » Nun werde nicht dramatisch. Ich hege schon längst keine zärtlichen Gefühle mehr für unseren Dracas, und ich versuche auch nicht, ihn auf diese Weise Alisa auszuspannen. Allerdings stimmt es, dass ich die beiden im Augenblick lieber nicht glücklich vereint sehe.«
    Manches Mal erkenne ich dich nicht wieder, stieß Seymour hervor.
    » Warum? Weil ich nicht die liebe, sanfte Ivy bin, die ich zu sein schien? Das ist schon richtig, doch du tust mir Unrecht, wenn du mir solch niedere Gründe unterstellst.«
    Sie schrieb ihren Brief zu Ende, und Seymour war zu sehr damit beschäftigt, sein Entsetzen über ihr Verhalten zu verdauen, als dass er sie noch einmal unterbrochen hätte. Als sie fertig war und das Blatt zusammenfaltete, wandte sie sich wieder an ihren Bruder.
    » Hast du jemals darüber nachgedacht, dass starke Gefühle wie Wut und Verzweiflung die Sinne schärfen und zu erstaunlichen Leistungen führen können? Die Glückseligkeit der Liebe dagegen schläfert ein, macht schwach und angreifbar.«
    Und das soll der Grund sein, warum du nichts dafür tust, dass Alisa und Leo wieder zusammenfinden oder die Hürden zwischen Luciano und Clarissa beseitigt werden?«
    Ivy sah ihn nachdenklich an. » Manches Mal bin ich mir selbst nicht ganz sicher. Bin ich verachtenswert gleichgültig gegen meine Freunde geworden? Oder noch schlimmer, vollkommen berechnend und intrigant und nur noch darauf bedacht, alle so zu manipulieren, um sie meinen Plänen dienlich zu machen? Bin ich zu weit gegangen?«
    Er schwieg verwirrt und dachte über ihre Worte nach, während Ivy sich erhob und zur Tür schritt.
    Ach wenn du mir noch wie früher vertrauen und deine Gedanken mit mir teilen würdest, klagte der Wolf.
    » Ist dir niemals in den Sinn gekommen, dass ich dich mit meinem Verhalten nicht zu kränken, sondern zu schützen versuche?«, sagte Ivy im Hinausgehen.
    Seymour erstarrte mitten in der Bewegung. Obgleich er vorgehabt hatte, ihr zu folgen und sich dieses Mal nicht wieder abschütteln zu lassen, machte er nun keine Anstalten mehr, sich der Tür zu nähern, die hinter ihr zufiel. Ihre Worte klangen ihm in den Ohren. Konnte das wahr sein? Für einen Moment fühlte er sich gerührt.
    Das Gefühl verblasste so schnell, wie es aufgewallt war. Oder versuchte sie nur, ihn auf andere Weise loszuwerden und auch ihn zu manipulieren?
    Und wenn es doch wahr sein sollte? Was bedeutete es, wenn Ivy ihn, den Werwolf, zu schützen versuchte? War es nicht immer andersherum gewesen? Er, der starke Wolf, der sich um seine zarte Schwester sorgte?
    Er wusste seit Langem um ihre stetig wachsenden Kräfte. Und dennoch. Was könnte es für eine Gefahr geben, vor der er bewahrt werden müsste? Ihm fiel nur ein Wesen ein, das erschreckend leicht mit seinen Wolfskräften fertig geworden war: Dracula.
    Dann war es also, wie Seymour befürchtete. Das Stück war noch nicht vorbei, und der zweite Akt würde in London spielen. Nur, welches Ende war für dieses Drama vorgesehen?
    Seymour spürte, wie es ihn eiskalt überlief. Zum ersten Mal seit seiner Wandlung zum Werwolf spürte er so etwas wie Angst. Nicht um sein eigenes Leben. Er fürchtete, dass Ivy sich auf etwas eingelassen hatte, das ihr jetzt schon aus den Händen geglitten war, und dessen zerstörerischen Folgen sie nicht mehr entkommen konnte.
    *
    Zum Glück waren die Erben so sehr mit ihren Übungen beschäftigt, dass Alisa meist all ihre Konzentration benötigte und nicht so viel über Leo nachdenken konnte. Heute Nacht war Vincent einmal wieder ihr persönlicher Trainer, und die Übungen mit ihm waren eine echte Herausforderung. Dafür zeigten sich aber auch jede Nacht Fortschritte, und Alisa war zuversichtlich, dass sie noch vor der Wintersonnwende den Bann der aufgehenden Sonne endgültig überwunden haben würde. Bisher war es ein Spiel auf Kraft und Zeit. Es kostete sie unglaublich viel Energie! Sie kämpfte und biss die Zähne zusammen, sie tat alles, um wach zu bleiben und weiter denken und handeln zu können, doch sehr bald schon waren ihre Kraftreserven aufgebraucht, und dann sackte sie wie eine leblose Puppe in sich zusammen, noch ehe sich die Sonne vollständig vom Horizont gelöst hatte. Immerhin war es ihr ein Trost, dass es ihr gelang, den Zeitpunkt immer weiter hinauszuschieben. Sie hatte Vincent damit beauftragt, minutiös jeden Morgen festzuhalten, wie lange sie durchhielt.
    Wenn es doch nur schneller ginge! Doch die Schritte blieben klein, selbst wenn sie in die

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