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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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aufgespürt?«, wollte Alisa wissen.
    » An einem Ort, über den sie nicht sprechen wird«, fiel ihr Hindrik ins Wort. » Und auch über den Inhalt sollten wir nun schweigen! Nicht umsonst hat man Maßnahmen ergriffen, die Ereignisse in Vergessenheit geraten zu lassen und das Geheimnis zu wahren.«
    Noch einmal hob Ivy die Schultern. » Wenn du meinst. Doch nicht allen Geheimnissen tut es gut, wenn sie auf ewig gewahrt bleiben. Manches Mal muss man eines aus seinem Grab heben, um mit seiner Enthüllung ein reinigendes Gewitter zu bewirken.«
    » Mag sein. Wenn der Gewittersturm nur nicht alles, was man bewahren will, in seiner entfesselten Gewalt mit hinfortfegt.«
    » Ja, darauf sollte man achten«, gab Ivy leichthin zurück. » Es ist nie von Vorteil, wenn die Dinge außer Kontrolle geraten.«
    » Werden sie das?«, fragte Hindrik ernst.
    Ivy überlegte. » Schon möglich«, gab sie ehrlicher zu, als es den beiden Vamalia vielleicht lieb war.
    *
    Abraham van Helsing saß im Studierzimmer seiner Wohnung in Amsterdam und sah auf das Schreiben herab, das der Postbote ihm überbracht hatte. Er hatte es bereits ein Dutzend Mal gelesen, und dennoch studierte er den Brief erneut Wort für Wort, um zu ergründen, was sie auf den ersten Blick nicht sagten. Noch immer verwirrt nahm er drei weitere Briefe zur Hand. Zwei davon stammten von Bram Stoker. Den ersten legte er gleich wieder zur Seite. Er enthielt nichts Bemerkenswertes. Er berichtete nur Alltägliches und gab dem Wunsch Ausdruck, van Helsing bald einmal wiederzusehen.
    Der zweite war da schon interessanter. Er hatte ihn nach seiner Reise nach Irland im Sommer geschrieben, und die Zeilen sprühten geradezu vor unterdrückter Erregung. Bram Stoker gab sich zuerst geheimnisvoll. Vielleicht hatte er sich vorgenommen, dem Professor nichts zu verraten. Anderseits schrieb er diesen Brief ja alleine deshalb, weil es sonst niemanden gab, dem er sich mitteilen und mit dem er über die unglaubliche Begegnung sprechen konnte. Also dauerte es nicht lange, bis er seine verworrenen Andeutungen aufgab und damit herausplatzte, dass ihn die Lycana Ivy aufgesucht und in seiner Gesellschaft nach London gereist war, was wohl bedeutete, dass sich die Erben dort bei den Vyrad versammelt hatten.
    Überschwänglich lud Bram ihn ein, nur um im nächsten Satz mit fast komischer Verzweiflung abzuwiegeln, da ihm offensichtlich in diesem Moment eingefallen war, dass der Adressat van Helsing nicht nur Arzt und Forscher sondern auch Vampirjäger war. Zwar hatte er mitgeholfen, Ivy aus Draculas Händen zu befreien und sie unversehrt mit ihren Freunden nach Wien zurückzuschicken, doch wer konnte schon wissen, ob er sich nicht wieder seiner alten Passion erinnerte und sich mit dem Eifer eines Bluthundes auf die Jagd nach den kalten Herzen machte.
    Mit einem grimmigen Lächeln griff van Helsing nach seinem Stockdegen und zog die silbern glänzende Klinge hervor, die mehr als nur einmal mit Vampirblut benetzt worden war.
    Wollte er nach London auf die Jagd gehen? Er spürte, dass alleine der Gedanke seinen Pulsschlag beschleunigte. Er war schon viel zu lange hier in Amsterdam und quälte sich mit mittelmäßigen und ignoranten Studenten herum. Er musste fürchten, langsam alt und träge zu werden. Van Helsing trat vor den Spiegel, musterte die Falten, die sich Jahr für Jahr tiefer in sein Antlitz gruben, und strich sich das graue Haar zurück. Er nahm den Degen zur Hand, ließ ihn ein paar Mal durch die Luft sausen und fiel in einen Ausfallschritt. Als er sich wieder aufrichtete, spürte er ein Stechen im Rücken, das er nur mit Mühe ignorieren konnte. Rasch schob er den Degen in seine unauffällige Hülle zurück und griff nach dem dritten und interessantesten Brief, den er einige Zeit nach Brams zweitem Schreiben erhalten hatte.
    Die Handschrift war ihm unbekannt. Er versuchte in ihr zu lesen. Sie war voller Schwung und sprach von Kraft, und war doch auch ein wenig ungelenk, von mangelnder Übung geprägt. Die Bögen und Schlingen hatten in ihrer Neigung etwas Altmodisches, obgleich er wusste, dass die Schreiberin– zumindest äußerlich– kaum vierzehn Jahre alt schien. Dass dies nur auf einer Täuschung beruhte, war ihm ebenfalls bewusst. Van Helsing schloss die Augen. Er sah die irische Vampirin vor sich, die seinen Freund Bram mit ihrem elfenhaften Äußeren verzaubert hatte. Doch van Helsing glaubte tiefer sehen zu können und fand hinter dem lieblichen Gesicht unerwartete Härte und einen

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