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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Kapitän nicht über seinen weiteren Fahrgast aufgeklärt habe.«
    » Das ist auch gut so. Hast du die Kiste besorgt?«
    Bram nickte. » Sie ist mit meinem großen Koffer unten im ersten Frachtraum.«
    Ivy lächelte versonnen. » Dann hast du also nicht an meinen Fähigkeiten gezweifelt.«
    » Weder an deinen Fähigkeiten noch an deiner Entschlossenheit.«
    Für eine Weile schwiegen sie und sahen zu, wie kleine Kähne Kisten und Fässer brachten, die noch in den Laderäumen verstaut werden sollten. Dann legte der letzte Kahn ab. Im Hafen von Dublin kehrte Ruhe ein. Die Hafenarbeiter machten sich auf den Heimweg. Es schlug zwei Uhr, dann halb drei.
    Bram wurde zusehends unruhiger. » Warum legen wir nicht ab? Worauf wartet der Kapitän denn?«
    Ivy sah sich ratlos um. » Wenn ich das wüsste.«
    » Wir sollten um ein Uhr an Bord sein, damit er die Flut nicht verpasst!«, fügte Bram erbost hinzu.
    » Soll ich mich mal erkundigen?«
    Bram schüttelte heftig den Kopf. » Nein, natürlich nicht! Ich denke, es soll dich niemand sehen?«
    Ivy lächelte. » Ach weißt du, die meisten Menschen neigen dazu, Begegnungen mit mir schnell wieder zu vergessen.«
    » Weil du ihren Geist dazu zwingst«, vermutete Bram. Wie sollte es sonst möglich sein, dass man Ivy vergaß, wenn man sie einmal gesehen hatte?
    Sie nickte. » Ja, richtig.«
    » Aber warum hast du das damals nicht getan, als wir uns zum ersten Mal begegneten? Es wäre ein Leichtes für dich gewesen, mich dich vergessen zu lassen. Du hast genau das Gegenteil getan, dich in meinem Geist festgesetzt, sodass ich unablässig an dich denken muss«, fügte er grummelnd hinzu.
    Ivy trat ein wenig näher und stellte sich auf die Zehenspitzen, um seinem Gesicht näher zu sein.
    » Wäre dir vergessen lieber? Du brauchst es nur zu sagen, dann werde ich deinen Geist von mir befreien, sobald wir sicher in London gelandet sind.«
    » Das kannst du?– Aber natürlich«, beantwortete Bram seine Frage selbst.
    Nachdenklich sah er auf Ivy herab. Allein die Vorstellung, sie könnte aus seinem Gedächtnis verschwinden, schmerzte ihn wie eine tiefe Wunde. Und doch war es auch quälend, dass sie Tag und Nacht durch seine Gedanken spukte. Selbst wenn er mit etwas anderem beschäftigt war oder an andere Dinge dachte, lauerte sie stets irgendwo im Hintergrund. Das war keine Verliebtheit, wie er sie in den Jahren auf dem Trinity College in Dublin erlebt hatte, als er für manch junge Dame schwärmte, und es hatte auch nichts mit der tiefen Liebe gemein, die ihn mit Florence verband. Dies war eine andere Art von Verbindung, eine merkwürdige Leidenschaft. Und manches Mal fragte er sich bang, wie zerstörerisch diese Passion für ihn auf Dauer sein würde.
    Bram schüttelte nachdrücklich den Kopf. » Nein, mir würde in meinem Geist und meinem Herzen etwas fehlen.«
    » Aber doch nicht, wenn du vergessen hättest, dass es mich gibt«, schmunzelte Ivy.
    » Selbst dann!«, beharrte Bram. » Und nun gehe ich den Kapitän fragen, warum wir nicht losfahren!«
    Er wandte sich ab und stapfte davon. Ivy blieb an der Reling stehen und ließ den Blick über die nun verlassenen Kaianlagen schweifen. Es war beinahe drei Uhr morgens, und ihr war klar, dass um diese Zeit kein Schiff mehr ablegen würde. Zu viele Gefahren lauerten in den nächtlichen Küstengewässern. Vermutlich hatte der Kapitän nie vorgehabt, seine Reise mitten in der Nacht zu beginnen. Er wollte lediglich, dass Passagiere und Fracht an Bord waren, sodass er mit dem ersten Tageslicht auslaufen konnte. Der Wasserstand war hierbei nur von untergeordneter Bedeutung, zumindest, wenn das Schiff draußen im tieferen Wasser ankerte und nicht direkt am Kai lag, wo Schiffe mit mehr Tiefgang bei Ebbe nicht mehr manövrieren konnten.
    Ivy schalt sich eine Närrin. Warum hatte sie nicht mit Seymour den Boyne River überquert und war mit ihm noch weiter nach Norden geeilt? Ihr wäre noch immer genügend Zeit geblieben, das Schiff zu erreichen. Sie hegte nur wenig Hoffnung, dass Seymour unverrichteter Dinge nach Dunluce zurückkehren würde. Es sei denn, er war davon überzeugt, dass das Schiff bereits ausgelaufen und seine Mission daher chancenlos war.
    Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Bram wieder auftauchte. Seine Stimmung war nicht besser geworden.
    » Der Kapitän hat sich in seiner Kabine zur Ruhe gelegt und darf nur bei wichtigen Ereignissen gestört werden.«
    » Und dazu zählen wohl kaum die Fragen eines aufgebrachten Passagiers«,

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