Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
Fountain Court sah Luciano Alisa. Mit Sorge bemerkte er, dass sie schon wieder alleine unterwegs war. Sie hielt sich viel zu oft abseits für seinen Geschmack. Doch sobald sie gesehen hatte, wer ihr neben Luciano und Clarissa entgegenkam, strahlte sie und rannte auf Ivy zu. Lachend drückte sie die Freundin an sich.
» Was für eine wundervolle Überraschung. Jetzt kann das Akademiejahr beginnen! Es kam mir so unvollständig vor ohne dich und Seymour.«
» Hat Lord Milton dich doch noch zur Akademie eingeladen?«, wollte sie wissen. » Bestimmt hatte deine Mutter Tara dabei die Finger im Spiel. Ich wüsste keinen, der sich ihren Wünschen auf Dauer widersetzen könnte.«
Ivy verneinte. » Lord Milton weiß noch nichts davon und Tara hat mir untersagt, Irland zu verlassen. Und Seymour hat auch alles daran gesetzt, mich an meiner Abreise zu hindern.«
Alisas Miene drückte Unbehagen aus. » Und hast du schon einen Plan, wie du Lord Milton überzeugen kannst, dich an der Akademie teilnehmen zu lassen? Wobei es keine Unterrichtsstunden geben wird, wie wir es bislang gewohnt waren. Aber das erzähle ich dir später.«
Gespannt sah sie Ivy an. Die dagegen zuckte nur lässig mit den Achseln. » Ich brauche keinen Plan. Ich werde es ihm einfach mitteilen. Was kann er gegen meine Anwesenheit tun?«
Nach ihren Erfahrungen mit den Dracas in Wien nahm Ivy die Sache recht gelassen. Ob zu Recht, konnte Alisa schlecht einschätzen. Immerhin waren die Vyrad nicht mit den arroganten Dracas zu vergleichen, insbesondere nicht in ihrem Umgang mit ihren unreinen Clanmitgliedern. Sie hatten ja eben gehört, wie sehr sie ihre Anwälte schätzten. Vielleicht war Ivys Zuversicht berechtigt. Alisa konnte dies nur hoffen.
Im Fountain Court vor der Middle Temple Hall stießen sie auf Leo und einige andere Erben. Auch sie begrüßten Ivy erstaunt und erfreut.
Leo äußerte sich zwar weniger überschwänglich als Alisa vorhin, dennoch verzichtete er auf seine übliche arrogante Miene und zeigte tatsächlich ungekünstelte Freude. Immerhin schon ein echter Fortschritt für den Dracas, wie Luciano fand, wobei er bedrückt feststellte, dass zwar sowohl Alisa als auch Leo fröhlich mit Ivy plauderten, die beiden untereinander aber kein Wort wechselten und es vermieden, sich anzusehen. Hoffentlich kam das bald wieder ins Lot. Aber jetzt, wo Ivy wieder da war, konnte sie zwischen den beiden vermitteln. Luciano fühlte sich erleichtert bei dem Gedanken. Er vertraute darauf, dass es nichts gab, das Ivy nicht hinbekommen würde.
Noch mehr Leid
Ivy begleitete die Freunde in die Halle und setzte sich zu ihnen. Clarissa zögerte zuerst. Ihr Blick wanderte zwischen Hindrik, der neben sich einen Platz freigehalten hatte, und Luciano hin und her. Dann aber folgte sie Ivys Aufforderung, sich zu den Freunden zu setzen, während Dario sich zu Hindrik gesellte. Alisa atmete auf. Vielleicht kam wenigstens zwischen Clarissa und Luciano alles wieder in Ordnung.
» Wir bekommen heute unsere ersten Fälle zugeteilt«, verkündete Luciano. » Das hat Lady Margaret zumindest zu Chiara gesagt. Ich bin schon sehr gespannt, was wir tun sollen. Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie das funktionieren soll. Ich meine, Lord Milton sprach davon, dass wir Gerichtsverhandlungen beiwohnen sollen. Wie stellt er sich das vor? Ich vermute mal, dass die Verhandlungen in London nicht bei Nacht abgehalten werden.«
Alisa setzte ihren Becher mit einem Knall auf den Tisch. » Dass mir das vorher nicht aufgefallen ist!« Sie hatte sich wohl zu viel mit ihrem Herzeleid beschäftigt. Das musste sich ändern! Ja, es schmerzte, und sie hätte nicht gedacht, dass es so schnell und auf diese Art enden musste, aber es gab wichtigere Dinge in ihrem Dasein als Franz Leopold de Dracas. Dies war vermutlich ihr letztes Akademiejahr, und sie musste sich anstrengen, Neues zu lernen und ihre Fähigkeiten und Kräfte zu stärken.
Sie spürte Leos Blick auf sich ruhen. Obwohl sie es nicht wollte, hob sie die Lider. Er blickte nachdenklich drein. Versuchte er in ihren Gedanken zu lesen? Zumindest war die eisige Kälte verschwunden. Vorläufig.
Ein Vyrad trat in den Saal und verkündete, dass Lord Milton noch beschäftigt sei und die Erben um Mitternacht wieder hier erwarte. Bis dahin dürften sie ihre Zeit nutzen, wie es ihnen beliebe, sollten aber innerhalb der Tore des Temple bleiben.
» Lord Milton bittet darum, dass auch die Pyras Fernand und Joanne und der Vamalia Tammo die Anweisung
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