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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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ungläubige Gefühl, in das sich eine gute Portion Neid mischte. Kein Wunder, dass Leo sich immer noch zu ihr hingezogen fühlte.
    Nein, das hatte sie nicht denken wollen. Das öffnete dem Schmerz wieder Tür und Tor und entfachte unschöne Gefühle, die sie Ivy gegenüber nicht empfinden wollte. Und doch stiegen böse Worte in ihr auf.
    So unschuldig und zart ihr Äußeres wirkt, so durchtrieben und berechnend ist sie im Innern. Sie hat ihre Macht und ihre Magie genutzt, um Leo zurückzugewinnen. Um ihn zu verblenden und ihn mir zu stehlen. Wie sonst könnte er sich in den wenigen Wochen so sehr verändern? Wie seine Schwüre vergessen, die heißen Gefühle und das Glück, das er mit mir erlebt hat?
    Die Vamalia schüttelte sich, um die böse Stimme in ihrem Innern zum Schweigen zu bringen. Nein, so war es sicher nicht. Wenn, dann waren beide nicht unschuldig daran.
    Ihr fielen Ivys Worte wieder ein. Wäre es möglich, dass sie das meinten, was man beim ersten Hören verstand? Wie könnte das alles nur ein Missverständnis sein? Versuchte die Lycana sie zu trösten oder ihr Sand in die Augen zu streuen? Auch Ivy hatte sich verändert, nicht nur Leo, und nicht zu ihrem Vorteil, musste sich die Vamalia eingestehen.
    Tief in Gedanken schritt sie vom Kirchenschiff in den neueren, für diese Kirche viel zu großen Chor. Ein seltsames Gefühl ließ sie innehalten. Es kam von weiter vorn, irgendwo am Altar, was sie nicht verwunderte. War das doch der heiligste Ort jeder Kirche. Und dennoch war es nicht das schmerzhafte Ziehen, das ihr die Macht der Kirche stets bereitet hatte. Es war ein anderes Gefühl, das sie nicht kannte. Alisa trat noch ein Stück näher. Sie konnte sich das nicht erklären. Abwartend blieb sie stehen und schloss die Augen. Sie überließ sich ganz dem unbekannten Gefühl und den Gedanken, die in bunten Fetzen um sie aufstiegen. Es war ein seltsames Durcheinander, das sie nicht zu deuten wusste. Doch sie spürte eine gewaltige, bodenlose Traurigkeit. Alisa sank auf die Knie. Erstaunt öffnete sie die Augen und ließ den Blick schweifen. Sie konnte sich nicht erklären, woher dieses Gefühl kam. Und dennoch brannten ihre Augen, als könnte sie Tränen vergießen.
    Eine ganze Weile kniete Alisa reglos vor dem Altar und gab sich der Verwirrung und der Trauer hin. Dann erhob sie sich. Sie fühlte sich schwach und ausgelaugt.
    Ob Ivy das auch gespürt hatte? Waren diese Empfindungen der Grund, warum sie so eilig in die Bibliothek wollte?
    Alisa schleppte sich zur Tür, schlüpfte hinaus und verschloss sie dann wieder hinter sich. Sie blieb unter dem Kreuzgewölbe der wie ein Baldachin erbauten Vorhalle stehen und sah sich um. Noch immer war keiner der Vyrad zu entdecken. Rasch huschte sie über den Platz. Sie war plötzlich überzeugt, dass ihre Gastgeber sehr ungehalten reagieren würden, sollten sie von ihrem Eindringen in die Kirche erfahren. Sie wusste nur nicht, warum. Und natürlich war es schwierig, danach zu fragen, ohne sich zu verraten. Dennoch musste sie mehr erfahren, so viel war klar. Wenn Malcolm zurückkam, wollte sie ihn unauffällig ausfragen. Oder war es besser, mit Ivy darüber zu sprechen? Wenn irgendjemand etwas darüber wusste, dann die Lycana. Nur, würde sie auch bereit sein, dieses Wissen mit ihr zu teilen?
    Noch vor einem Jahr hätte sie diese Frage im Brustton der Überzeugung bejaht. Ivy war ihre Freundin. Natürlich würde sie ihr Wissen mit ihnen teilen.
    Aber heute? Heute spürte sie Zweifel. Nicht nur an Ivys Offenheit. Sie zweifelte an allem, an ihren Freunden, an deren Gefühlen und ihrer Ehrlichkeit, und am meisten zweifelte Alisa an sich selbst. Vielleicht war es gut, dass die letzte Stunde der Nacht anbrach und sie sich nun auf ihre Übungen konzentrieren musste. Da blieb zum Grübeln keine Kraft und keine Zeit.

Die Mauern von Jericho
    Am nächsten Abend sollten die Erben die Arbeit an ihren Fällen fortsetzen. Malcolm kehrte mit seiner Gruppe noch einmal zur Kirche St. Dunstan in the West zurück, um die unterirdischen Gänge zu untersuchen– falls es diese nach den umfangreichen Umbauten entlang der Fleet Street überhaupt noch gab!
    Rowenas Gruppe wollte sich natürlich noch einmal im House of Correction umsehen und, wenn sie im Archiv mit den Aktenbergen nicht vorankamen, die Wächter ausfragen. Nachdem Malcolms Gruppe mit dieser Taktik so reibungslos an jede Menge Informationen gelangt war, sollte ihnen das ja wohl auch gelingen. Sie versammelten sich gerade im

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