Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
plauderten, hing Luciano seinen düsteren Gedanken nach.
» Nichts als Schwierigkeiten!«, sagte Leo nach einer Weile. » Sollen das etwa die Freuden der Liebe sein? Hättest du sie gewandelt, wenn du all das vorher gewusst hättest?«
Luciano wollte ihn schon wütend anfahren, doch er schluckte seinen Ärger hinunter. Ausnahmsweise machte sich Leo nicht über ihn lustig oder weidete sich an seinen Schwierigkeiten. Sein Ton sprach davon, dass er die Frage ernst meinte. Ja, es klang sogar ein wenig Schmerz darin.
Luciano nahm sich Zeit und dachte darüber nach, ehe er ihm antwortete.
» Ja, ich würde es wieder tun. Natürlich wünschte ich mir, es wäre einfacher und wir würden uns verstehen, doch vielleicht gehören die schweren Zeiten einfach dazu, um später das reine Glück der Liebe genießen zu können.«
Leo hob die Augenbrauen. » Daran glaubst du? Dass du das mit Clarissa erreichst?«
Wieder überlegte Luciano erst eine Weile, ehe er nickte. » Ja, ich glaube fest daran. Meine Liebe zu ihr ist unverändert. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mich manchmal über sie ärgere. Ich heiße auch nicht alles gut, was meine Freunde sagen oder tun. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich unsere Freundschaft infrage stelle.«
Leo nickte nachdenklich. » Fast möchte ich dich um dein unerschütterliches Vertrauen beneiden, doch ich fürchte, es ist auch ein wenig naiv. Was nützt die eigene Beständigkeit, wenn die Laune des anderen sich ändert wie das Wetter und die Schwüre von gestern plötzlich vergessen sind?«
Für einen Moment konnte Luciano den tiefen Schmerz fühlen. Doch hatte nicht Leo sich von Alisa abgewendet? Oder sprach er noch von Ivy und ihrer Zeit in Irland, wo sie sich verliebt und wieder entzweit hatten? Er war verwirrt. Doch ehe er Leo weiter fragen konnte, hatten sie das Gefängnis erreicht und hatten anderes zu tun.
Sie überwanden die Mauer wieder als Fledermäuse, während Karl Philipp in schlechter Laune mit Seymour draußen zurückblieb. Rowena half den anderen ins Innere des Gebäudes, da keiner von ihnen es für sinnvoll hielt, hier und jetzt zu testen, ob sie die neue Fähigkeit schon so gut beherrschten. Sie suchten direkt den Archivraum auf, den sie beim letzten Mal entdeckt hatten.
» Sollen wir uns wirklich in diesen Haufen stürzen?«, fragte Mervyn, während sein Blick über die Papierberge wanderte, in denen keine Ordnung zu erkennen war.
Luciano zog einen Aktenordner aus dem Regal und begann darin zu blättern. » Das sind Fälle aus dem Jahr 1876.« Er schob ihn zurück und versuchte es halbherzig auf der anderen Seite des Regals. » 1865«
Im nächsten Regal fand er Ordner von 1840, 1878 und einen Stapel ungeordneter Blätter, die aus dem vorherigen Jahrhundert stammten. Luciano stopfte den Stapel noch unordentlicher zurück.
» Ich bin dafür, die Wächter zu befragen. Selbst wenn wir uns jeden Einzelnen vornehmen, geht es schneller, als diesen Raum zu durchforsten– falls dies überhaupt alle Akten sind, die es hier gibt. Womöglich schlummern noch weitere Berge auf den Dachböden.«
Franz Leopold nickte zustimmend und schenkte dem Nosferas ein übertrieben freundliches Lächeln. » Möchtest du die Befragung übernehmen?«
Luciano wich einen Schritt zurück. » Äh, ich dachte, das ist eher dein Spezialgebiet– Leuten das zu entlocken, was sie eigentlich nicht sagen wollen. Wenn einer etwas herausbekommen kann, ohne dass es Aufregung und Geschrei gibt, dann du.« Die anderen nickten und sahen ihn erwartungsvoll an.
Leo legte die Hand an die Brust und verbeugte sich mit einem eleganten Kratzfuß. » Euer Vertrauen ehrt mich, liebe Freunde. Ich verspreche, mein Bestes zu geben. Möchte mich jemand bei dieser für unseren Erfolg so entscheidenden Mission begleiten?«
Luciano war sofort dabei, während Mervyn und Rowena bereitwillig zustimmten, sich währenddessen weiter im Archiv umzusehen.
Der erste Wächter, den sie alleine erwischten, war noch recht jung, dennoch versuchte der Dracas sein Glück. Mit ausgesuchter Höflichkeit erkundigte er sich nach einem Fall, auf den die Kriterien ihres Auftrags passten, doch der pickelige junge Mann starrte sie nur mit glasigem Blick an und schüttelte verständnislos den Kopf.
» Der taugt nichts«, stellte Luciano fest. Leo pflichtete ihm bei und entließ den Wächter wieder in seinen Dienst. Der Nosferas sah ihm nach, wie er mit unsicherem Schritt davonstakste.
» Und er kann sich nicht einmal mehr daran
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