Die Erben der Schöpfung
zu, als sie in Hörweite waren.
Susan war kreidebleich. Sie war völlig außer Atem und schien einer Ohnmacht nahe zu sein.
In diesem Moment kam Paulo angehetzt, gefolgt von Stiles und Sameer, die beide keinen Rucksack mehr hatten. Stiles hatte nur noch seine Umhängetasche. Schwer atmend sah Paulo nach oben in die Bäume und führte die Gruppe auf die andere Seite eines dicken umgefallenen Baumstamms.
»Carlos«, sagte er und vergewisserte sich damit, dass er sich den Namen richtig gemerkt hatte. »Was haben Sie damit gemeint, als Sie von anderen Schimpansen gesprochen haben?«
Carlos blickte über seine Schulter, ehe er leise und eindringlich zu berichten begann. »Ich war in Nakamuras Labor. In dem geheimen hinter seinem Büro. Dort standen reihenweise Käfige. Voller Schimpansen.«
Sameer schüttelte den Kopf. »Ein paar von den Weibchen, vielleicht ein oder zwei Dutzend. Die hat er für andere Experimente vorgesehen, aber es sind bloß ganz normale Schimpansen. Von denen weiß ich.«
»Fünfzig Stück?«, sagte Carlos.
Sameer riss die Augen auf.
»Die meisten waren Jungtiere. Die Weibchen habe ich auch gesehen. Sie waren alle trächtig. Die Tiere, die ich meine, waren Männchen und Weibchen, und zwar Dutzende. Und dann noch dieses Geräusch. Das werde ich nie vergessen. Es ist, als würden sie einen Sprechgesang anstimmen. Das müssen dieselben sein.«
Einen Moment lang sagte niemand etwas. Jamie begriff nach und nach, was das hieß. Eine ganze Kolonie, womöglich alle so intelligent wie der eine.
Paulo sah einen nach dem anderen an. »Okay. Jetzt geht es vor allem darum, dass wir lebend hier herauskommen. Weiter nichts. Alle befolgen die Befehle, und niemand geht irgendwo alleine hin.«
Ayala funkelte ihn wütend an. »Ich nehme von niemandem Befehle entgegen. Wir gehen die Sache gemeinsam an.«
Paulo sagte nichts dazu. »Was ist denn an Munition vorhanden? Ich habe eine Pistole und etliche Patronen.«
Carlos tätschelte sein Gewehr, während Ayala ihre Pistole zog.
»Wir haben also genug, um uns gegenseitig Deckung zu geben, wenn wir es klug anstellen. Und wir bleiben auf der Hut. Ich habe keine Ahnung, was sie von uns wollen, aber wir betrachten sie als tödliche Bedrohung, bis wir wieder am Fluss sind.«
Niemand hatte etwas einzuwenden.
»Am sichersten sind wir, wenn wir beisammenbleiben. So haben wir mehr Augen, um Ausschau zu halten, und sind schwerer zu überrumpeln.«
»Umso leichter, uns alle auf einmal abzumurksen«, schimpfte Ayala, zog ihre Äußerung jedoch unverzüglich zurück. »Nein. Ich bin einverstanden. Wir bleiben zusammen. Fürs Erste.«
Paulo zückte seinen Kompass. Nach kurzer Orientierung zeigte er in eine Richtung. »Wir marschieren auf direktem Weg zur Fähre zurück. Wenn wir schnell gehen, sind wir schätzungsweise in zweieinhalb Tagen da. Aber wir müssen unsere Kräfte gut einteilen.«
Susan biss sich auf die Unterlippe. »Marschieren wir einfach durch. Ich will nicht schlafen, solange die Affen hier frei rumlaufen.«
Jamie schüttelte den Kopf. »Paulo hat recht. Wir schaffen es nicht, wenn wir nicht mit unseren Kräften haushalten. Die Schimpansen können sich im Blätterdach schneller fortbewegen als wir am Boden. Wir haben nur dann eine Chance, wenn wir unser Tempo selbst bestimmen.«
Paulo sah Stiles und Sameer an. »Wir verhalten uns so ruhig wie möglich. Bis wir abends unser Lager aufschlagen, wird nur das Allernötigste gesprochen.«
Stiles nickte.
»Wie viel Essen haben wir noch?«
Stiles und Sameer sahen verlegen drein, da sie als einzige keine Rucksäcke mehr hatten.
»Wir beide haben ungefähr noch genug für zwei Mahlzeiten«, sagte Paulo mit Blick auf Jamie.
»Was wir haben, müsste für alle reichen, bis wir hier draußen sind«, bot Carlos an.
Paulo nickte erst zu Stiles, dann zu Susan, worauf Stiles die Hände nach Susans Rucksack ausstreckte, den sie ihm dankbar übergab.
»Dann gehen wir mal los.« Paulo sah sich noch einmal um, ehe er sich als Erster aus der Gruppe löste und in Richtung Amazonas in den Wald marschierte.
Die anderen folgten ihm im Gänsemarsch: zuerst Jamie, während Carlos als Letzter hinter Ayala ging.
Nach zwei Stunden Marsch war Jamie ein Nervenbündel. Jeder Vogelschrei, jedes Rascheln des Winds im Blätterdach veranlasste die ganze Gruppe, die Bäume über sich abzusuchen. Das erzwungene Schweigen machte sie fast verrückt, da es sie von den anderen isolierte, während sie darauf brannte zu erfahren, wer
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