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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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nicht hier. Sie hätten nicht ihr Leben eingesetzt, um dich zu retten, sondern wären geflohen wie alle anderen.«
    Nick blickte auf, seine Züge finster wie eine mondlose Nacht. »Dann, Pater«, erwiderte er leise, »sind sie alle Dummköpfe, denn ich habe ihnen nichts als das Verderben gebracht.«
    »Das ist nicht wahr. Nimm nur Unquatl – er hatte sich damit abgefunden, sein Leben lang ein Sklave zu sein und auch so zu sterben. Niemals hätte er geglaubt, wieder unter freiem Himmel zu wandeln. Du jedoch hast ihn aus der Sklaverei befreit, hastihm seinen Stolz und seine Würde zurückgegeben, genau wie all den anderen Sklaven. Selbst wenn viele von ihnen beim Überfall auf Cayenne ihr Leben gelassen haben – sie sind als freie Männer gestorben, und ich bin überzeugt, dass ihnen das lieber war, als irgendwann auf dem Sklavenpfad zu verenden und zu verlöschen wie eine Kerze im Wind. Und was Elena betrifft …«
    Nick zuckte zusammen, als er den Namen hörte. »Was soll mit ihr sein?«, fragte er rau.
    »Ich weiß, was du für sie empfindest.«
    Nick schnaubte. »Was soll ich schon für sie empfinden? Jim hatte Recht. Sie ist die Tochter meines Erzfeindes.«
    »Sie ist weit mehr als das, und das weißt du.«
    »Wovon sprecht Ihr, Pater?«
    »Ich weiß, dass du sie liebst, Nick. Es war in deinen Augen zu sehen, als du bei ihr warst.«
    »Dann habt Ihr etwas gesehen, das nicht existiert. Ihr redet Unsinn, Pater.«
    »Leugne es nicht, Sohn. Andernfalls läufst du Gefahr, das Schicksal deines Vaters zu teilen. Auch er war sein Leben lang auf der Suche nach der Liebe seines Lebens. Ihm war es nicht mehr vergönnt, ihr zu begegnen, aber dir könnte es vergönnt sein.«
    »Was wollt Ihr, Pater? Sie ist die Tochter eines spanischen Conde und sieht in mir nicht mehr als einen Sklaven.«
    »Das ist nicht wahr. Elena weiß um deine Herkunft. Ich selbst habe es ihr gesagt.«
    »Ich weiß, Pater. Und wäre nicht geschehen, was geschehen ist, so würde ich Euch für diesen Vertrauensbruch zur Rechenschaft ziehen. So aber spielt es nun keine Rolle mehr.«
    »Es spielt keine Rolle mehr?« O’Rorke blickte ihn verwundertan. »Du bist der Spross des Hauses Graydon, der letzte Erbe eines ehrbaren Geschlechts. Und alles, was dir dazu einfällt, ist, dich selbst zu bemitleiden?«
    »Was erwartet Ihr von mir?«
    »Was auch deine Väter von dir erwarten würden, ungeachtet ihrer Herkunft. Dass du wieder Mut fasst und dich erhebst wie Phoenix aus der Asche, um zu neuen Taten zu schreiten. Doña Elena befindet sich in der Gewalt Bricassarts. Es kann unmöglich dein Ernst sein, es dabei zu belassen.«
    »I-ihr wollt, dass ich nach Jamaica gehe und sie befreie?«, fragte Nick ungläubig. »Aber nichts anderes hatte ich im Sinn …«
    »Nein«, sagte O’Rorke streng. »Du hattest nur blinde Rache im Sinn. Du hattest weder vor, Elena zu befreien, noch wolltest du jemals nach Tortuga zurückkehren. Wir haben dich nicht gerettet, damit du dein Leben achtlos wegwirfst, sondern damit du es nutzt, um aus der Vergangenheit zu lernen. Wie deinem Vater hat der Herr auch dir eine zweite Chance geschenkt, dein Glück zu finden – wirf sie nicht weg.«
    »Und wenn ich erneut versage?«
    »Allein der Versuch ist besser, als aufzugeben. Wo ist dein Selbstvertrauen geblieben, Sohn? Wo dein Stolz? Noch vor ein paar Tagen konnte die See nicht groß genug für dich sein – nun sieh an, was aus dir geworden ist. Wir alle machen Fehler, Nick. Aber wenn wir uns ihnen ergeben und verzweifeln, so erhalten wir nie eine Chance zur Wiedergutmachung. Nur indem wir Verantwortung übernehmen und aus unseren Fehlern lernen, werden wir zu besseren Menschen. Folge deinem Stern, Nick. Das bist du nicht nur Elena und deinen beiden Vätern schuldig, sondern auch dir selbst.«
    Die Worte des Paters waren noch nicht verklungen, als Nick ein Rascheln vernahm. Er blickte auf und sah, dass sie nichtallein waren. Jim, Unquatl und der Chinese waren hinzugetreten und hatten das Gespräch belauscht.
    »Wie lange steht ihr da schon?«, fragte Nick.
    »Lange genug«, gab der Indianer zurück.
    »Bukaniere lassen ihre Brüder niemals im Stich«, fügte Jim hinzu. »Du hast uns aus Maracaibo befreit, Nick. Egal, was seither geschehen ist – wir verdanken dir unser Leben. Du hast uns die Freiheit zurückgegeben und die Achtung vor uns selbst, und wir haben geschworen, dir zu folgen. Du bist unser Käpt’n. Wenn du sagst, du gehst nach Port Royal, dann gehen wir mit dir.«
    Nick

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