Die Erben der Schwarzen Flagge
pflegen wir die Dinge nicht so genau zu nehmen. Aber ich muss Euch warnen, meinjunger Master Graydon – ein Gefecht ist etwas anderes, als Ihr Euch in Euren Träumen ausmalen mögt. Es ist ein übles Hauen und Stechen, das oft genug damit endet, dass ein Kämpfer seinen Arm oder ein Bein verliert. Zudem seid Ihr noch verwundet und nicht voll einsatzfähig.«
»Ich komme zurecht, Sir, keine Sorge«, versicherte Nick. »Überlasst das getrost mir.«
Lancaster lächelte wieder. »Wenn Ihr so sprecht, erinnert Ihr mich noch mehr an Euren Vater. Sein Mut und seine Unerschrockenheit, aber auch sein Starrsinn sprechen aus Euch.«
»Wann werdet Ihr Bricassart angreifen?«
»Ich werde die Prosecutor und ihre beiden Begleitschiffe sofort zum Auslaufen klarmachen lassen. Captain Scarborough wird unterdessen nach den Beschreibungen Eures Kameraden einen Angriffsplan ausarbeiten. Wir werden nicht noch mehr Zeit verlieren. Ich brenne darauf, Bricassart ins Gesicht zu blicken, wenn er in Ketten vor mir liegt.«
»Mit Verlaub, Sir, aber dazu wird es wohl nicht kommen«, wandte Nick ein.
»Warum nicht?«
»Bricassart ist äußerst gerissen, nicht von ungefähr wird er das Phantom der Karibik genannt. Wenn Eure Schiffe den Hafen angreifen und das Feuer eröffnen, wird er gewarnt sein. Und noch ehe Eure Truppen die Festung erreichen, wird er sich mit den zuverlässigsten seiner Getreuen ins Hinterland der Insel abgesetzt haben. Ich habe Bricassart kennen gelernt, Sir, und er ist alles andere als ein Dummkopf. Wir müssen davon ausgehen, dass er für den Fall eines Angriffs Fluchtvorbereitungen getroffen hat – und sollte er Euch durch die Finger schlüpfen, so wird er sich einen neuen Schlupfwinkel suchen, ein neues Schiff teeren lassen, und alles wird von vorn beginnen.«
»Da mögt Ihr Recht haben«, gestand der Admiral ein. »Wie lässt sich dies verhindern?«
»Nur indem der Angriff auf die Festung und den Hafen zur selben Zeit erfolgen. Bricassart darf nicht vorgewarnt werden.«
»Wie vorausschauend von Euch«, rief Scarborough mit vor Sarkasmus triefender Stimme. »Wart nicht Ihr es, der den Angriff auf den Hafen vorgeschlagen hat? Für eine gleichzeitige Attacke auf zwei Ziele haben wir nicht genügend Männer. Ganz zu schweigen davon, dass wir Landgeschütze brauchten, wenn wir Bricassarts Festung von der Landseite aus angreifen wollten.«
Nick schüttelte den Kopf. »Das wird nicht nötig sein.«
»Nein?« Lancaster blickte ihn forschend an. »Habt Ihr etwa einen Plan? Nur frisch heraus damit, mein junger Freund. Ich bin für alle Vorschläge offen, wenn sie nur zum Ziel haben, diesem verdammten Seeräuber das Handwerk zu legen.«
»Eine kleine Gruppe von Kämpfern sollte sich noch vor Beginn des Angriffs Zugang zu Bricassarts Festung verschaffen und den Drachen seines Hauptes berauben«, erklärte Nick. »In der Folge wird es niemanden mehr geben, der die Verteidigung organisiert. Die Piraten werden ohne Führung sein, und im allgemeinen Durcheinander werden Eure Leute leichtes Spiel haben, die Stadt einzunehmen.«
»Was Ihr nicht sagt«, blaffte Scarborough. »Und wer sollte so verrückt sein, ein derartiges Himmelfahrtskommando auf sich zu nehmen?«
Nick blickte den Offizier unverwandt an. »Ich«, sagte er nur.
»Ihr?«, fragte Lancaster erstaunt.
»Allerdings, Sir.« Nick trat vor und beugte sich über den Schreibtisch, blickte dem Admiral tief in die stahlgrauen Augen. »Ich bitte Euch, lasst mich gehen. Meine Kameraden und ichhaben schon gegen Bricassart gekämpft, wir werden Euch nicht enttäuschen.«
»Das sagt sich so einfach«, wandte Scarborough ein. »Aber Euch muss klar sein, dass der Admiral viel dabei riskiert, wenn er eine so verantwortungsvolle Aufgabe an Zivilisten überträgt, die noch dazu keinerlei militärische Erfahrung …«
»Bei allem Respekt, Sir«, fiel Nick dem Captain ins Wort, »aber Offiziere eignen sich nicht für eine Aufgabe wie diese. In den Belangen der Seekriegsführung mögt Ihr bewandert sein, aber nicht, wenn es darum geht, aus dem Hinterhalt zuzuschlagen.«
»Mir will scheinen, mein guter Scarborough, unser junger Freund weiß genau, wovon er spricht«, sagte Admiral Lancaster. »Möglicherweise hat er in seinem jungen Leben mehr erlebt, als er uns bislang eingestehen wollte. Vielleicht sollten wir ihm in dieser Sache wirklich vertrauen …«
»Ihm vertrauen, Sir? Ihr wollt ihm eine so wichtige Operation übertragen? Bei allem gebührenden Respekt – wenn
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