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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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haben.
    Aber es gab Dinge, die sich selbst vom Conde von Maracaibo nicht kontrollieren ließen …

AKT II - Tortuga
    AKT II
    Tortuga

1.
    Die Karibische See
Ende April 1692
     
    D ie Passage nach Tortuga dauerte fünf Tage – geradewegs durch die Windward-Passage und vorbei an der von gefährlichen Riffs gesäumten Westküste Hispaniolas.
    Wie McCabe befürchtet hatte, war es auf der Seadragon eng geworden, nachdem weit mehr als die Hälfte der befreiten Sklaven beschlossen hatten, sich den Bukanieren anzuschließen. Die meisten der Männer hatten Jahre in spanischer Gefangenschaft verbracht und nicht mehr damit gerechnet, jemals wieder freizukommen. Umso wundersamer erschien ihnen nun ihre Rettung, und im Überschwang der Dankbarkeit schworen sie ihrem Befreier Nick Flanagan Treue bis in den Tod.
    Damit war genau das eingetreten, was Pater O’Rorke Nick vorausgesagt hatte: Er war zum Anführer geworden und hatte Verantwortung übernommen – nicht nur für die Bukaniere, sondern auch für die ehemaligen Sklaven, die bewundernd und dankbar zu ihm aufblickten. Und ihm wurde klar, was der Mönch gemeint hatte, als er davon gesprochen hatte, dass Nick nicht nur um seiner selbst willen handelte, sondern auch in ihrem Namen.
    Einen festen Plan, was er nun anfangen wollte, hatte Nick dennoch nicht. Sein Ziel lautete, Tortuga anzulaufen und darauf zu warten, dass eine Nachricht von Navarro eintraf. Nick war sicher, dass der Gouverneur das Lösegeld für seine Tochterbezahlen würde, sie mussten nur Geduld haben und darauf warten. In dieser Zeit würde er dafür sorgen, dass es Elena de Navarro wohl erging und es ihr an nichts fehlte. Dazu gehörte, dass er ihr die Kapitänskajüte überließ und wie die Maate und gemeinen Seeleute in einer Hängematte schlief. Und auch sonst würde es der spanischen Lady an nichts fehlen …
    »Sachte«, sagte Nick zu seinen Leuten, die den hölzernen Bottich unter Deck trugen und dazu Pützen 14 mit dampfend heißem Wasser. »Nichts verschütten, Freunde. Das Wasser soll in den Bottich und nicht auf die Planken.«
    Den Männern voraus ging er zur Kapitänskajüte und klopfte höflich an. Wie er erwartet hatte, drang keine Antwort aus dem Inneren – obwohl er der Doña den Knebel sofort nach ihrer Ankunft auf dem Schiff abgenommen hatte, zog diese es weiter vor zu schweigen. Nick bezweifelte, dass es Furcht war, die der jungen Frau die Lippen verschloss; viel eher war es purer Starrsinn. Navarros Tochter schien nicht nur mit atemberaubender Schönheit gesegnet zu sein, sondern auch mit einem bemerkenswerten Dickschädel, worin sie ihrem Entführer nicht ganz unähnlich war.
    Kurzerhand trat Nick ein. Knarrend schwang die schmale Tür nach innen und gab den Blick frei auf die schmale Gestalt, die mit trotzig verschränkten Armen vor dem Kajütfenster stand. Elena de Navarro wandte den Piraten den Rücken zu, und sie drehte sich auch nicht um, als Nick und seine Leute eintraten, den Bottich auf den Boden stellten und ihn Pütz um Pütz mit heißem Wasser füllten. Starr stand sie da und blickte achteraus – dorthin, wo die Küste Neugrenadas am Horizont entschwand.
    »Gebt Euch keine Mühe, Mylady«, meinte Nick, der sich gut vorstellen konnte, was in ihr vorging. »Es ist zu weit, um nachHause zu schwimmen. Hier an Bord seid Ihr meine Gefangene. Es gibt keine Fluchtmöglichkeit.«
    Sie wandte sich um und blitzte ihn zornig an. Wenn sie sich fürchtete, so zeigte sie es nicht. »Schuft«, zischte sie hasserfüllt. »Mein Vater wird dafür sorgen, dass Ihr Eure schändliche Tat noch bitter bereuen werdet.«
    »Im Gegenteil«, verbesserte Nick. »Euer Vater hat bereits dafür gesorgt, dass ich keine noch so frevelhafte Tat bereuen werde, solange sie sich nur gegen ihn und seine tyrannische Herrschaft richtet.«
    »Ihr kennt meinen Vater doch gar nicht«, tadelte sie mit unverhohlenem Spott. Obwohl sie noch immer ihr zerschlissenes Nachtgewand trug und ihr Gesicht schmutzbefleckt war, strahlte sie Stolz und Überheblichkeit aus. »Wie könnt Ihr da über ihn urteilen? Ihr seid nichts als ein schändlicher Pirat.«
    »Ein Pirat bin ich wohl, aber das bin ich nicht immer gewesen«, konterte Nick. »Sagt, Mylady, erkennt Ihr mich wirklich nicht wieder? Wisst Ihr nicht mehr, wer ich bin?«
    Sie taxierte ihn mit prüfendem Blick, eine endlos scheinende Weile lang. Schließlich zuckte leises Erkennen in ihren Augen. »Ihr seid es«, flüsterte sie leise. »Ihr seid der Sklave, der mich angesehen

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