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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Gespür dafür zu besitzen, wann er gebraucht wurde.
    »Ein wenig«, gab Nick zu. »Es ist dieses Frauenzimmer.«
    »Du sprichst von unserer Gefangenen?«
    »Allerdings. Nie ist mir ein verwöhnteres, eingebildeteres und störrischeres Weib begegnet. Ich halte mich an unsere Absprache, Pater. Ich sorge dafür, dass es ihr wohl ergeht und es ihr an Bord dieses Schiffes an nichts fehlt, aber sie straft mich mit Missachtung. Für einen Piraten hält sie mich, für einen gewöhnlichen Dieb und Räuber.«
    »Bist du das nicht, Sohn?«
    »Nein«, widersprach Nick entschieden und hob belehrend den Zeigefinger. »Ein gewöhnlicher Pirat kämpft und mordet nur für Geld, für eine gute Prise. Ich hingegen will Gerechtigkeit.«
    »Gerechtigkeit«, echote der Mönch. »Und Rache.«
    »So ist es, und ich habe allen Grund dazu«, bekräftigte Nick. »Carlos de Navarro hat den Mann zu Tode foltern lassen, den ich wie einen Vater liebte, und dafür werde ich ihn bluten lassen.«
    »Indem du seine Tochter entführst.«
    »Allerdings.«
    »So ist sie nur ein Mittel zum Zweck für dich. Eine Geisel, derer du dich bedienst und die du gegen Lösegeld wieder freilassen wirst. Was kümmert es dich also, was sie über dich denkt?«
    »Es kümmert mich nicht, es ist nur …«
    »Ja?«
    »I-ich …«, stammelte Nick; zusammenhängende Worte brachte er nicht zustande. Zu verwirrend war das Durcheinander in seinem Kopf, zu widersprüchlich die Gefühle, die er für die Tochter des Conde empfand.
    »Eure Fragerei treibt mich in den Wahnsinn, Pater«, blaffte er und stampfte so wütend davon, dass die Planken unter seinen Schritten erbebten.
    O’Rorke blickte ihm hinterher, einmal mehr mit einem wissenden Lächeln im Gesicht.
     
     
     
    Es war kalt und dunkel auf dem Meeresgrund. Dennoch konnte sich Elena de Navarro nicht entsinnen, jemals zuvor etwas so Schönes gesehen zu haben: Seegras, das sich im Rhythmus der Wellen wiegte; farbenprächtige Korallen, die im einfallenden Sonnenlicht leuchteten; Myriaden bunter Fische, die dazwischen hin und her huschten.
    Es war eine fremde, zauberische Welt, von der Elena gleichwohl wusste, dass sie nicht zu ihr gehörte. Obwohl ihre Lungen sie drängten, in ihr Element zurückzukehren, blieb sie und weidete sich am Anblick der Fische und Korallen, genoss die völlige Stille. Hier war sie frei, hier gab es keine Zwänge und keine Verpflichtung, keine Bande, die sie hielten – nur ihre brennenden Lungen, die sie daran erinnerten, dass sie zurückmusste an die Oberfläche.
    Sie wollte sich von dem überwältigenden Anblick losreißen und der Natur gehorchen, als ein Schatten über sie fiel. Etwas verdunkelte plötzlich das flirrende Sonnenlicht und stülpte sich wie ein düsterer Rachen über sie – etwas, das eine Vielzahl von Armen besaß, die sich im Wasser ringelten und schlängelten und nach ihr griffen.
    Elena wollte einen gellenden Schrei ausstoßen, aber alles, was sie zustande brachte, war ein dumpfes Gurgeln. Schon spürte sie die kalten Arme des Kraken auf ihrer Haut, merkte, wie sie sich um sie schlangen und sie festhielten, sie auf dem Grund des Meeres halten wollten, während sie vergeblich nach Luft rang.
    Mit unwiderstehlicher Kraft hielt der Krake sie umfangen. Elena konnte fühlen, wie ihre Kräfte nachließen. Die eisigen Tentakel des Untiers glitten an ihren Beinen empor und befühlten ihren Körper. Sie wand sich vor Abscheu – aber der Krake lachte nur.
    In diesem Moment riss Elena de Navarro die Augen auf und registrierte, dass sie sich weder auf dem Grund des Meeres befand, noch dass ein Krake seine Arme um sie geschlungen hatte.
    In Wirklichkeit lag sie in der Koje der Kapitänskajüte, und die Hand, die ihren Körper befühlte und sich frevelhaft zwischen ihre Beine schob, gehörte einem Mann, der schnaubend über ihr stand und von dem sie in der Dunkelheit nur Umrisse erkennen konnte.
    Sie wollte einen Schrei ausstoßen, aber die andere Hand des Fremden verschloss ihr Mund und Nase und sorgte dafür, dass sie kaum Luft bekam. Um Atem ringend, schlug sie um sich, aber ihre Hiebe waren kraftlos und matt.
    »Zier dich nicht, Schätzchen«, hörte sie den Frevler sagen, dessen Atem nach Rum und Fäulnis stank. Und ohne dass sie etwasdagegen unternehmen konnte, beugte er sich über sie und nötigte ihr geifernde Liebkosungen auf.
    Mit aller Kraft wehrte sie sich gegen ihn, aber er lachte nur. Daraufhin grub sie ihre Fingernägel in sein fleischiges Gesicht, bis sie Blut

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