Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
dann verschwand. Aber das ergab nicht viel Sinn, und jetzt war es sowieso egal.
Ich fragte mich aber, was sie und die anderen dachten, oder wie viel sie schon wussten. Hatte irgendwer aus meiner Gruppe oder von den Füchsen eine Ahnung, was hier eigentlich los war? Wie ich sie alle da sitzen und ihren harmlosen Spielen nachgehen sah, überkam es mich plötz lich, und ich rief ihnen zu: »Es ist alles eine Lüge!«
»Ruhe!«, schnappte Cartier wieder.
»Leech haben sie auch …« Einer der Männer hielt mir den Mund zu. Dann stieß man mich aufs Boot. Der Motor erwachte zum Leben, wir legten ab und nahmen rasch Fahrt auf.
Lilly und ich saßen nebeneinander. Der Wind schlug uns ins Gesicht, während wir den See überquerten. Ich überlegte, was uns wohl bevorstand und ob dies der Anfang vom Ende für uns beide war. Vielleicht lagen wir morgen um dieselbe Zeit schon unter Zelten auf einem Tisch, während Paul unsere Organe nach unserem großen Geheimnis durchforstete. Das Schlimmste daran war vermutlich, dass man nicht einmal begriff, wieso – Anna oder Colleen hatten wahrscheinlich nie einen Schimmer gehabt, weshalb man so schreckliche Dinge mit ihnen anstellte. Und was mich anging, da gab es ebenfalls noch vieles, was ich nicht verstand und vielleicht auch nie verstehen würde.
Los, denk nach! , schalt ich mich, als wir uns der Aquinara näherten. Unser Ziel war also der Tempel. Wir mussten fliehen – es musste doch irgendwas geben, das ich tun konnte.
Du solltest dir mal die neuen Erinnerungen ansehen , rieten mir die Techniker, die sich um einen flimmernden Schirm scharten. Die sind wirklich faszinierend!
Gut, zeigt her! Ich schloss die Augen und versenkte mich in mich selbst, suchte nach den gemeinsamen Erinnerungen mit Lük, die ich erst teilweise erschlossen hatte. Ich starrte in das Dunkel hinter meinen Lidern, und dann spülte Licht über mich hinweg, und ich war wieder bei ihm, als würde man ein gestopptes Video wieder starten.
Zurück auf dem Schiff an dem Sonnentag. Kalter Wind peitschte mein Gesicht. Lük war schon über mir, sein Luftschiff stieg immer schneller, und weiter oben am klaren Himmel waren noch mehr von uns.
Setz das Thermalsegel! , rief Lük.
Ich schaute auf den Stoffballen in meinen Händen, legte ihn aber beiseite. Ich suchte nach etwas anderem. Wo ist nur dieser Knopf? , fragte ich.
Was für ein Knopf? Es gibt keinen Knopf. Setz einfach das Segel und flieg los!
Ich schaute mich um und musste ihm recht geben. Auf dem Schiff im Tempel hatte es aber einen gegeben – dieser kleine goldene Knopf an dem Hebel.
Und diese Schiffe starten immer im Wasser? , vergewisserte ich mich. Einfach mit Windkraft?
Lük schien verwirrt. Man braucht genug Fahrt, damit die Turbinen die Wärmezelle aufladen. Angeblich haben es manche in der Ebene auch schon mit Rädern geschafft.
Okay.
Das Thermalsegel ist aber nur für die erste Phase des Aufstiegs gedacht. Es gibt noch ein zweites System …
»Aussteigen.«
Ich spürte, wie ich gestoßen wurde. Ich muss gehen. Ungeachtet der Proteste Lüks tauchte ich aus der Erinnerung zurück durch die Dunkelheit und schlug die Augen auf. Wir hatten an der Aquinara angelegt. Cartier führte uns durch zwei breite Glastüren und weiter durchs Erdgeschoss, eine riesige Halle voll gewundener Wasserleitun gen und Rohre – die Eingeweide von Edens Klimakontrolle. Auf den Laufstegen eilten Arbeiter in weißen Overalls zwischen Bildschirmen und Schalttafeln umher. Es war fast unheimlich, wie ähnlich dies dem Bild war, das ich mir von meinem eigenen Innenleben machte – bloß sehr viel größer.
Am anderen Ende der Halle durchquerten wir mehrere Sicherheitstüren und nahmen eine Treppe fünf oder sechs Stockwerke nach unten. Eine letzte Tür führte in ein großes Labor, dessen Wände mit Karten und Luftaufnahmen von Ruinen bedeckt waren, dazwischen Fotos alter Artefakte. Auf den Tischen lagen Steine unter großen Mikros kopen. Wissenschaftler studierten holographische Projek tionen von Räumen und Mosaiken, die direkt vor ihnen in der Luft zu schweben schienen.
Wenigstens gab es keine Seziertische.
In der Mitte des Raums befand sich das Loch mit der Stahlleiter im Boden, das Lilly und ich schon von unten gesehen hatten. Die Wachen kletterten voraus nach unten.
»Nach euch«, sagte Cartier.
Wir kletterten in den Tunnel mit dem betonierten Boden hinab. Dann folgten wir demselben Weg wie zuvor, immer den Glühbirnen an der Decke nach, Leiter um Leiter
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