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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Emerson
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verlor und im reinen Weiß des Vergessens aufging.

11

    Grün.
    Das Erste, was ich sah, als ich meine Augen wieder aufschlug, waren ein paar Sonnenstrahlen im Wasser. Dazwischen und ein Stückchen unter mir schwebte ein großer Zombiekoi von der Farbe von Erbrochenem und studierte mich, als wollte er sichergehen, dass ich auch tot war. Seine Kiemen blähten und schlossen sich träge, seine Augen aber zuckten unruhig hin und her, als wäre es ihm unangenehm, dass ich ihn bemerkt hatte.
    Ich bewegte meinen Arm, worauf der große, aufgedunsene Fisch schließlich abdrehte.
    Ein dumpfer, pulsierender Schmerz saß mir im Schädel, und mein Rücken fühlte sich heiß und ungeschützt an. Mein ganzer Körper war wund, bloß meine Kiemen arbeiteten im gewohnten Takt. Ich drehte mich auf den Rücken; die Oberfläche war nur ein, zwei Meter über mir. Eine Handvoll flauschiger SimWolken trieb über den blass blauen Kunsthimmel Edens. Ich richtete mich auf und schwamm nach oben, um meinen Kopf aus dem Wasser zu strecken und etwas Luft zu schnappen.
    Die Aquinara war rechts von mir, und einen knappen Kilometer den Strand hinauf hörte ich die fernen Geräu sche der Stadt. Einige Yachten und Segelboote waren unter wegs. Und dann hörte ich das Brummen eines Motors, das stetig näher kam.
    »Owen!«
    Von der Aquinara her näherte sich ein kleines Boot – es war das Campboot. Paul stand am Steuer, Leech saß hinter ihm.
    Am liebsten wäre ich da gleich wieder abgetaucht, doch ich war einfach zu schwach. Und da waren sie auch schon bei mir, Paul stellte den Motor ab, und der elektrostatische Geruch der Wasserstoffzelle kitzelte mich in der Nase.
    Pauls Gesicht lag im Schatten seines schwarzen Huts und seiner Sonnenbrille verborgen. Er trug ein kurzärmliges Hemd, aber trotzdem eine Krawatte. »Ja, wen haben wir denn da gefunden?«
    »Hey«, murmelte ich vorsichtig. Fieberhaft suchte ich nach einer plausiblen Ausrede dafür, was ich hier verloren hatte …
    »Da scheint jemand aber früh fürs Eisbärschwimmen aufgestanden zu sein«, sagte Paul.
    »Ja«, sagte ich. »Genau.«
    »Technisch gesehen solltest du aber im Schwimmbereich des Camps bleiben.« Er ließ den Blick umherschweifen, wie um zu demonstrieren, dass der ziemlich weit entfernt war. »Anscheinend hattest du etwas mehr Übung nötig.« Er senkte den Kopf wieder in meine Richtung.
    »Irgendwie schon.« Er wusste irgendwas, da war ich mir sicher, nur konnte ich wie üblich sein Gesicht nicht sehen.
    »Wieso steigst du nicht ein.« Es klang nicht wie eine Frage.
    Ich packte den Rand des Boots und zog mich hinein. Das ging erstaunlich leicht – vielleicht hatte ich mir durch die Schwimmerei ja doch ein paar Muskeln antrainiert. Dann rappelte ich mich auf und nahm auf einem der rutschigen weißen Sitze Platz.
    Leech saß mir schweigend gegenüber. Er wirkte zerzaust und auch etwas unausgeschlafen. Neben ihm lag sein schwarzes Rohr, und auf dem Schoß hatte er seinen kleinen Skizzenblock. Er war geschlossen, doch den Stift hielt er noch in der Hand, als hätte er eben noch darin gezeichnet. Der Verband an seiner anderen Hand war verschwunden.
    Paul startete den Motor, das Boot machte einen Satz vorwärts und beschleunigte.
    »Deinem Hals scheint es ja wieder besser zu gehen«, stellte er fest.
    »Auf jeden Fall.«
    »Und Krämpfe hast du wohl auch keine mehr.« Auch das klang nicht nach einer Frage, eher so, als hakte er eine innere Liste ab. »Ist dir klar, dass du über zwei Kilometer vom Camp entfernt bist?«
    »Das habe ich gar nicht bemerkt. Ich bin einfach losgeschwommen.« Ich studierte meine aufgeschwemmten, runzligen Hände. »Und ich habe wohl etwas, äh, die Orientierung verloren.«
    Leech hustete spöttisch, würdigte mich aber keines Blickes.
    Ich wartete darauf, dass Paul noch etwas erwiderte, doch auch er hatte den Blick wieder aufs Wasser gerichtet und steuerte schweigsam das Boot.
    Er braucht dich nicht auszufragen, weil er die Antworten sowieso schon kennt , würde Lilly wohl sagen. Er weiß ganz genau, was Sache ist. Ob er auch von der Sirene wusste? Wäre das denkbar?
    »Und ihr wart wieder angeln?«, fragte ich.
    »Allerdings.« Das Wasser spiegelte sich in Pauls Sonnenbrille. »Um die Aquinara liegen die tiefsten Stellen des Sees. Oder, Carey?«
    Leech gab keine Antwort.
    »Dort gefällt es allen Kiemenatmern am besten«, sagte Paul. Kein Lächeln. Keine Bewegung des Kopfs. Diese Bemerkung aber …
    Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.

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