Die Erben von Hammerfell - 5
Freund zu necken.
Der Applaus verebbte, und es begann ein allgemeiner Auszug aus den Logen und Reihen. Junge Paare und ganze Familien wollten sich in den Gängen die Beine vertreten oder draußen kurz irische Luft schnappen oder die eleganten Bars im unteren Teil des Hauses aufsuchen, um ein Getränk oder eine andere Erfrischung zu sich zu nehmen.
»Ich sollte wirklich gehen und Gavin gratulieren…« sagte Alastair schuldbewußt. Offensichtlich dachte er immer noch an Floria.
»Ich bin sicher, er würde sich freuen, dich zu sehen. Aber vergiß nicht, ich habe versprochen, daß wir Lord Elhalyn und seine Tochter besuchen.«
Alastairs Augen leuchteten auf. Er folgte seiner Mutter den Korridor zwischen den Logen entlang in den Außengang. Viele Lakaien eilten geschäftig mit Getränken und anderen Erfrischungen hin und her, denn in der Konzerthalle konnte man alles bekommen, von einem Krug Bier oder einem Teller mit süßen Keksen bis zu einem ganzen Dinner, das dann in dem Privatraum hinter jeder Loge serviert wurde. In den überfüllten Korridoren hingen der Duft dieser Köstlichkeiten und das Hintergrundgeräusch einer sich ausgezeichnet unterhaltenden Menge. Vom Zuschauerraum kamen die fernen Klänge des Orchesters, das seine Instrumente für den zweiten Teil des Konzerts stimmte.
Erminie klopfte leicht an die Tür der Elhalyn-Loge. Lord Edric erhob sich mit einem strahlenden Lachern und beugte sich über ihre Hand, ganz so, als hätten sie sich nicht erst vor weniger als drei Stunden getrennt.
»Ich grüße dich, Verwandte«, sagte er. »Komm, setz dich zu uns. Ein Glas Wein?«
»Danke, ja.« Erminie nahm das ihr angebotene Glas entgegen. »Floria, meine Liebe, wie groß und schön bist du geworden! Du erinnerst dich an deinen Vetter Alastair?«
Alastair beugte sich über ihre Hand.
»Es ist mir ein außerordentliches Vergnügen, damisela«, sagte er lächelnd. »Darf ich Euch eine Erfrischung bringen? Oder dir, Mutter?«
»Nein, danke, mein Junge.« Edric wies auf einen Tisch, der üppig mit kaltem Fleisch, Kuchen und Obst besetzt war. »Bitte, bedient euch.«
Auf diese Einladung hin legte sich Alastair bescheiden etwas Kuchen und Obst auf einen Teller. Ein Diener goß ihm eine großzügige Menge Wein ins Glas, und Alastair trank davon, ohne auch nur eine Sekunde den Blick von Floria abzuwenden.
Floria war ihrerseits von Alastair ganz gefesselt. »Vetter, habt Ihr Euch verändert! Ihr wart so grausam zu mir, als wir Kinder waren; ich erinnere mich an Euch nur als einen ganz schlimmen Jungen. Aber jetzt seid Ihr wirklich der Herzog von Hammerfell! Ich konnte die Mädchen in Neskaya nicht verstehen, die die Geschichte von Eurer Flucht aus der Heimat romantisch nannten. Ist es wahr, daß alle Eure Verwandten in diesem Feuer umgekommen sind? Das finde ich tragisch, nicht romantisch.«
»Es ist die reine Wahrheit, Lady Floria.« Ihr Interesse tat Alastair wohl. »Wenigstens hat meine Mutter es mir so erzählt. Mein Vater und mein Zwillingsbruder starben. Ich habe keine Verwandten aus der Hammerfell-Linie mehr; alle meine noch lebenden Verwandten gehören zur Familie meiner Mutter.«
»Und Ihr hattet einen Zwillingsbruder?«
»Ich erinnere mich überhaupt nicht mehr an ihn. Meine Mutter und ich, so hat sie es mir erzählt, kamen nur davon, weil wir in den Wald flohen, und wir hatten niemanden zum Schutz außer unserem Hund Juwel. Aber natürlich ist mir das nicht im Gedächtnis haftengeblieben; ich war kaum alt genug, um allein zu laufen.«
Mit großen Augen sah sie ihn an.
»Im Vergleich dazu habe ich ein ganz ruhiges und friedliches Leben geführt«, sagte sie leise. »Und jetzt, da Ihr erwachsen seid, gehört Hammerfell Euch?«
»Ja, sofern ich eine Möglichkeit finde, es zurückzugewinnen«, antwortete Alastair und fuhr fort: »Ich bin entschlossen, es zu versuchen. Ich werde ein Heer aufbieten, wenn ich kann, und den Feinden unserer Familie Hammerfell wieder wegnehmen.«
Floria nahm einen Schluck und blickte ihn dabei sittsam über den Rand des Glases an.
»Vater«, sagte sie leise, »hattest du nicht vor…?« Sie sah bittend zu Lord Elhalyn, und wie sie es erwartet hatte, fing er ihren Gedanken auf und lächelte.
»Wir geben zu Beginn des nächsten Vollmonds einen Tanz für viele unserer jungen Freunde«, erklärte er, »und wir würden uns freuen, wenn du auch kommen würdest. Der Anlaß ist Fionas Geburtstag, und es wird eine einfache und informelle Angelegenheit sein«, setzte er hinzu. »Du brauchst dir
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