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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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Im letzten Monat haben wir Sie vermisst, besonders Großvater. Wo wollen Sie hin? Darf ich Sie begleiten?«
    »Ich bin gerade erst zurückgekommen«, antwortete Mary mit einem geheimnisvollen Lächeln. »Aus der Vergangenheit«, fügte sie hinzu, als sie sah, wie er fragend die Brauen hob. Es hatte keinen Zweck zu lügen, weil er sie vermutlich von einem Fenster des Gerichtsgebäudes aus beobachtet hatte. Was machte es schon, wenn sie die Wahrheit sagte? Matt war jung genug, um sie zu bewältigen, und alt genug, um die
Abenteuer zu begreifen, derer er sie und seinen Großvater nun sicher verdächtigte. Sie bedachte ihn mit einem liebevollen Blick. »Du selbst bist noch nicht alt genug für eine Vergangenheit.«
    »Ich werde demnächst fünfunddreißig«, erwiderte Matt mit einem Grinsen. »Also, wo wollen Sie hin?«
    »Letztlich nirgends, denke ich.« Plötzlich war sie sehr müde. Und sie entdeckte Henry, den der Hunger auf den Gehsteig hinausgetrieben hatte. Sie nickte in Richtung ihrer Limousine, worauf er sich sofort auf den Weg zu Amos’ Büro machte.
    »Henry holt den Wagen«, erklärte Mary. »Du kannst mich bis zur Ecke begleiten. Es ist eine Weile her, dass wir uns das letzte Mal in Ruhe unterhalten haben.« Sie hakte sich bei Matt unter und schwang mit der anderen Hand ihren Gehstock. »Wann hast du vor zu heiraten, Matt? Einen Mangel an Kandidatinnen dürfte es ja nicht geben, oder?«
    »Täuschen Sie sich da mal nicht. Auswahl gibt’s in der Tat genug, aber die Richtige war bis jetzt nicht dabei. Wie geht’s übrigens Ihrer Großnichte? Können wir bald auf einen Besuch von ihr hoffen? Ich habe sie seit Mister Ollies Tod nicht mehr gesehen. Damals war sie, soweit ich mich erinnere, sechzehn oder siebzehn und schon eine strahlende Schönheit.«
    »Siebzehn«, murmelte Mary, der sich die Kehle zuschnürte. »Sie ist Jahrgang 1956.«
    Wieder ein Punkt, für den sie sich würde rechtfertigen müssen: dass sie Matt und Rachel bewusst voneinander ferngehalten hatte. Seit ihrer ersten Begegnung – Rachel war vierzehn gewesen – staunte Mary über die Ironie des Schicksals, dass die beiden sich zueinander hingezogen fühlten. Drei Jahre später, bei ihrem zweiten Treffen anlässlich Ollies Beisetzung, waren ihre Persönlichkeiten bereits voll ausgebildet
gewesen: Rachel, die Pflanzerin, und Matt, der Holzhändler, eine Kombination, die nicht gutgehen konnte … jedenfalls nicht mit Somerset.
    Mary hatte die Anziehung zwischen den beiden gespürt und das Interesse in Matts sowie die Bewunderung in Rachels Blick wahrgenommen und war zu dem Schluss gekommen, dass sie sich niemals zum selben Zeitpunkt in Howbutker aufhalten durften. Das zu arrangieren, war gar nicht so schwierig gewesen. Matt hatte den größten Teil seines jungen Erwachsenenlebens nach dem College-Abschluss ohnehin außerhalb der Stadt verbracht, um sich mit den verschiedenen Unternehmenszweigen von Warwick Industries vertraut zu machen. Und wenn er tatsächlich einmal zu einem kurzen Besuch zu Hause weilte, hatte Mary dafür gesorgt, dass Rachel anderswo beschäftigt war. Jegliches Interesse ihrer Großnichte an dem attraktiven Enkel von Percy hatte Mary im Keim zu ersticken gewusst, indem sie seinen Namen nie von sich aus erwähnte und das Gespräch in andere Bahnen lenkte, wenn die Rede doch einmal auf ihn kam. Der Altersunterschied zwischen ihnen betrug fünf Jahre, weshalb Mary gehofft hatte, dass Matt schon verheiratet wäre, wenn Rachel ihren Abschluss an der Texas A&M machte und eine Familie gründen wollte.
    All das hatte sie eingefädelt, bevor das volle Ausmaß der Tragödie sich abzuzeichnen begann … vor Rachels Zerwürfnis mit ihrer Mutter und ihrer Trennung von dem Air-Force-Piloten. Wie hätte Mary vorhersehen sollen, dass Rachel, mittlerweile beinahe dreißig, und Matt, fast fünfunddreißig – der gleiche Altersunterschied wie bei ihr selbst und Percy –, nach wie vor ungebunden waren? Matt lebte nun wieder zu Hause und leitete Warwick Industrie s , und Rachel würde, hätte Mary sich nicht dieses Kodizill einfallen lassen, ebenfalls zurückkommen … Mary hielt inne. Was, wenn sie eine weitere vom Himmel vorgesehene Verbindung verhinderte? Ihr wurde übel.
    »Miss Mary, was ist denn?« Matt legte mit besorgter Miene die Hand auf ihre Finger, die sich um seinen Arm krallten.
    Mary sah ihn an. Matt hatte die Größe und Statur seines Großvaters geerbt und eine gröbere Version von dessen Attraktivität. Von Percys

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