Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Stecknadel hätte fallen hören können.
William hüstelte. »Niemand von uns möchte Tante Marys Willen anfechten, Amos.«
»Kommen wir endlich zur Sache«, meinte Percy. »Es wird Zeit für meinen Scotch.«
Amos schlug seufzend die Mappe auf. »Ja, doch zuvor würde ich gern noch etwas anderes erwähnen. Mary hat mir dieses Kodizill wenige Stunden vor ihrem Tod gegeben. Sie ist einem Herzinfarkt erlegen, aber ihr solltet wissen, dass sie unter Krebs litt und nur noch wenige Wochen zu leben hatte.«
Erneut verblüfftes Schweigen. Percy fing sich als Erster wieder. »Warum hat sie uns das nicht gesagt?«, fragte er heiser. »Warum hat sie es mir nicht gesagt?«
»Sie wollte es tun. Nach ihrer Rückkehr aus Lubbock, Percy … ein paar Tage nur bis zur Enthüllung der bitteren Wahrheit.«
Rachel schluckte. »Wollte sie mich deshalb besuchen, Amos – um mir zu sagen, dass sie Krebs hat?«
»Ja, und um ihre Gründe für das Kodizill zu erklären.«
Alice, die aufhörte, sich Luft zuzufächeln, fragte: »Wie sieht dieses Kodizill nun aus, Mr Hines?«
Amos zog ein Dokument aus der Mappe. »Ich werde mich kurzfassen. Es liegt eine Kopie des Kodizills für jeden von euch vor, die ihr mitnehmen und in Ruhe zu Hause lesen könnt. Sassie, Henry und ein paar andere werden mit einem gewissen Versorgungsbetrag bedacht. Für die Anwesenden gestalten sich die Hauptpunkte folgendermaßen: Mary hat Toliver Farms vergangenen Monat in einer geheimen Transaktion veräußert. Einzelheiten über den Verkauf könnt ihr über die Kanzlei Wilson & Clark in Dallas erfahren, die Marys Immobiliengeschäfte betreut. Somerset gehörte nicht zur Verkaufsmasse. Der Gesamterlös aus der Veräußerung beträgt …« Er warf einen Blick auf ein anderes Dokument und nannte eine Summe, die Alice nach Luft schnappen ließ. »Dieser Erlös soll zu gleichen Teilen unter den drei noch lebenden Tolivers William, Rachel und Jimmy aufgeteilt werden.«
Niemand sagte etwas, niemand bewegte sich. Percy erholte sich als Erster von dem Schock und sah den Anwalt stirnrunzelnd an. »Soll das ein Scherz sein, Amos?«
»Nein, Percy«, antwortete Amos mit tiefem Seufzen. »Ich fürchte, es ist kein Scherz.« Dann wandte er sich traurig Rachel zu, die ihn ungläubig anstarrte. »Rachel, es tut mir so leid. Ich weiß, was für ein furchtbarer Schlag das für dich sein muss.«
Sie hatte das Gefühl, als wäre etwas in ihrem Kopf explodiert, und blinzelte ein paar Mal hintereinander. Bestimmt hatte sie sich verhört. Tante Mary sollte Toliver Farms verkauft haben? Das war doch nicht möglich …
»Haben wir Sie richtig verstanden, Amos?«, erkundigte sich Alice mit leuchtenden Augen. »Tante Mary hat ihren gesamten Besitz verkauft und will, dass der Erlös unter uns aufgeteilt wird?«
»Äh … unter ihren Blutsverwandten , Alice. Ich fürchte, zu denen gehören Sie nicht.«
»Gott sei’s gedankt!«, rief sie aus, schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch und wandte sich ihrem Mann zu, der dasaß wie vom Donner gerührt. »Hast du das gehört, William? Am Ende hat deine Tante doch noch Gerechtigkeit walten lassen und das Land verkauft.«
»Alles außer Somerset«, sagte William mit einem hastigen Blick auf seine Tochter. »Die Plantage hat Tante Mary Rachel hinterlassen, oder, Amos?«
Amos schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, William. Somerset geht an Percy.«
»Nein, nein, das kann nicht sein!«, rief Rachel aus. »Das muss ein Irrtum sein.«
»Gütiger Himmel, Amos!« William legte schützend den Arm um die Schultern seiner Tochter. »Warum zum Teufel vermacht sie die Plantage Percy? Sie muss den Verstand verloren haben! Wie konntest du das zulassen?«
»Sie war bei absolut klarem Verstand, William, glaube mir. Hier habe ich einen Brief ihrer Ärzte, der das bestätigt. Sie wusste genau, was sie tat, und ich konnte sie nicht davon abbringen.«
Jimmy sprang von seinem Stuhl auf. »Das ist nicht fair! Rachel sollte Somerset bekommen; Tante Mary hat’s ihr versprochen . Wenn das so ist, wird sie die Plantage eben zurückkaufen müssen.« Er wandte sich Percy zu. »Was meinen Sie, Mr Warwick? Sie verkaufen sie meiner Schwester doch, oder?«
Percy schwieg, als hätte er Jimmy nicht gehört.
»Sohn, setz dich und halt den Mund«, wies William Jimmy an. »Dies ist weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt, um über solche Angelegenheiten zu sprechen.« Er sah Amos an. »Und das Haus? Wer bekommt das, Amos?«
Wieder seufzte Amos
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