Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
hatte. »Wird Percy sich darauf einlassen?«
»Ich weiß es nicht. Er sagt, er tut schon das Richtige, was immer das sein mag. Dich wollte ich nun fragen, ob wir Probleme kriegen können, ob Rachels Vorhaben also Aussicht auf Erfolg hat.«
Amos reichte ihm die Briefe. »Wenn es ihr dabei nicht um die Rückgabe von Somerset geht, bleibt deinem Großvater möglicherweise gar nicht die Wahl, das Richtige zu tun. Diese Briefe sind eine ernstzunehmende Bedrohung für den fraglichen Grund. Meine Antwort lautet also ja – ihr habt ein Problem und werdet wahrscheinlich bald noch größere bekommen.«
Matt griff nach seiner Jacke. »Fahr mit zu Opa, Amos. Das muss er von dem einzigen Menschen hören, der ihn überzeugen kann.«
Aber wird er mir zuhören? , fragte Amos sich, als er aufstand.
In der Bibliothek, wo er auf Matt und Rachel gewartet hatte, legte Percy bedrückt den Hörer zurück auf die Gabel.
»Rachel wird nicht kommen, Opa«, hatte Matt ihm telefonisch mitgeteilt. »Sie interpretiert die Fakten auf ihre Weise und lässt sich nicht davon abbringen. Sie will Somerset zurück und besitzt möglicherweise die Mittel, es sich zu holen. Amos und ich sind auf dem Weg zu dir, um unser weiteres Vorgehen zu besprechen.«
»Wie geht’s ihr?«, hatte Percy sich erkundigt.
»Sie fühlt sich verraten und betrogen und ist alles andere als gut zu sprechen auf die Warwicks und ihre Großtante.«
»Wie schrecklich ungerecht Mary gegenüber«, hatte Percy gemurmelt.
»Davon wirst du mich erst noch überzeugen müssen, Opa.«
»Das habe ich vor.«
Seufzend und mit zitternden Knien hievte Percy sich aus dem Sessel. Schweiß stand ihm auf der Stirn, und seine Schuhe fühlten sich an, als befänden sich schwere Gewichte darin. Er schlurfte zur Gegensprechanlage und drückte auf den Knopf. »Savannah, es läuft jetzt doch ein bisschen anders als geplant«, sagte er mit rauer Stimme. »Leider kommt unser Ehrengast nicht, aber das gute Essen wird trotzdem nicht verderben. Matt und Amos bringen sicher einen herzhaften Appetit mit. Bitte stellen Sie alles warm; wir bedienen uns selbst.«
»Auch die Vorspeisen?«
»Schicken Sie sie rauf. Die Jungs brauchen was Nahrhaftes.
Dazu einen Eimer Eis und eine Flasche von meinem besten Scotch«, fügte er hinzu.
»Mister Percy, Sie klingen nicht gerade gut.«
»Mir geht’s auch nicht gut.«
Dann machte er sich auf den Weg nach oben, nicht über die Treppe, die ihm wie ein unüberwindliches Hindernis erschien, sondern mit dem Lift, den er sonst nur selten benutzte. Er musste sich seine Kräfte einteilen, denn vielleicht war es morgen schon zu spät. Falls Rachel sich weigerte, sich seine Geschichte persönlich anzuhören, würde er die Sache auf andere Weise klären, in Anwesenheit von Amos und Matt, der – egal, was es kostete – ein Recht auf die Wahrheit hatte.
Zehn Minuten später trafen die beiden Männer ein. Schon am Eingang roch Matt die köstlichen Düfte aus der Küche und sah die Blumen und den hübsch gedeckten Tisch, und es stimmte ihn traurig. Alles war hergerichtet, doch der Ehrengast fehlte. Er hatte geglaubt, er könne im Lauf der Zeit über ihren Verlust hinwegkommen, aber in seinem tiefsten Innern wusste er, dass er sich etwas vormachte. Sein Großvater hatte ihn gewarnt … Sie war die Frau, die er den Rest des Lebens an seiner Seite wissen wollte.
Als Matt das Wohnzimmer betrat, fiel ihm auf, dass sein Großvater wieder makellos gekleidet war wie eh und je, doch seine Blässe erschreckte ihn.
»Opa, wie geht’s dir?«
»Ich fühle mich dem, was ich heute Abend vorhabe, gewachsen. Nehmt Platz, meine Lieben. Amos, schenkst du uns einen Drink ein?« Er deutete auf die Flasche Scotch und den silbernen Eiskübel auf dem Barschränkchen.
»Gern«, sagte Amos und tauschte einen besorgten Blick mit Matt.
Matt setzte sich in seinen üblichen Ohrensessel. An diesem
Abend schienen alle Geister der Vergangenheit von der Leine gelassen zu sein. Plötzlich sehnte er sich nach seiner Mutter und dem Vater, den er nie kennengelernt hatte. In seinem ganzen Leben hatte er sich nicht so einsam gefühlt. Als er sah, dass das Sitzpolster des Sessels ausgefranst war, wurde die Sehnsucht nach seiner Mutter noch stärker, die diesen Raum in Blau-, Creme- und Grüntönen mit leuchtenden burgunderroten, inzwischen ausgebleichten Farbtupfern gestaltet hatte. Er erinnerte sich an eine Frühstücksdiskussion über die Wahl der Tapete, bei der sein Großvater gesagt
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