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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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keinen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis haben: Der Fall wird hohe Wellen schlagen. Die Medien werden deinen angesehenen Namen und Marys Andenken in den Schmutz ziehen. Meinst du wirklich, der Kampf lohnt sich? Mary würde nicht wollen, dass du dein Leben mit juristischen Scharmützeln gegen Rachel beschließt. Sie würde dich vielmehr anflehen, Somerset zurückzugeben und keinen Einfluss mehr auf Rachels künftiges Dasein zu nehmen. Und denk doch an Matt: Sein Leben wird immer von deiner Entscheidung überschattet sein.«
    Percy sah seinen Enkel an. »Ist das auch deine Meinung, Matt?«
    »Ich will dir nicht wehtun, Opa. Mir geht es bei der Sache nur um dich. Vergiss, welche Folgen deine Entscheidung möglicherweise für mich hat. Du hast stets gesagt, die Integrität eines Mannes könne nur dieser selbst beurteilen. Wenn er meint, nichts Falsches getan zu haben, ist es egal, was die andern von ihm denken. Mich beschäftigt allerdings durchaus, was die Leute von dir halten, wie sie sich an dich erinnern, und ich habe Angst vor dem, was ein Gerichtsverfahren mit dir anstellen könnte.«
    »Somerset zurückzugeben hätte unter Umständen noch schlimmere Konsequenzen für mich.«
    »Wie das?«, fragte Matt. »Rachel gewinnt die Fabrik, und wir haben Somerset am Hals. Das will keiner. Ich rate dir wie Amos: Gib ihr die verdammte Plantage und vergiss die Sache. Soll sie sich die Zähne dran ausbeißen wie alle Tolivers vor ihr.«
    Percy hob die Augenbrauen. »Du empfindest also nichts mehr für sie?«
    »Lass es mich eher so ausdrücken: Ich habe die Hoffnung für sie aufgegeben.«
    »Was für eine Tragödie.« Percy drückte die Fußstütze herunter. »Ich höre deinen Magen knurren, Amos, und du bist wahrscheinlich auch am Verhungern, Matt. Ich könnte jedenfalls was vertragen, und das ist ein gutes Zeichen. Gehen wir runter, wärmen wir Savannahs Hühnchen auf und gönnen wir uns dazu ein Fläschchen Pinot Grigio. Ich habe bis Montag Zeit, ihr meine Entscheidung mitzuteilen, stimmt’s, Matt?«
    »Ja«, antwortete Matt und wechselte einen besorgten Blick mit Amos, der besagen sollte: Warum eine ganze Woche? Er stand auf, blieb jedoch neben seinem Stuhl stehen, während Percy und Amos sich in Richtung Tür bewegten.
    »Kommst du, Matt?«, fragte Percy.
    »Gib mir ein paar Minuten Zeit.«
    Als die beiden aus dem Zimmer waren, betrachtete Matt das Gemälde über dem Kaminsims. Nun wurde ihm vieles klar; endlich kannte er die Antworten auf die Fragen, die er sich ein Leben lang gestellt hatte: Warum war seine Großmutter in Atlanta geblieben, wenn auf der Hand lag, dass sie viel lieber mit ihm und seinem Großvater hier gelebt hätte? Wieso war es ihnen nie gelungen, die Trauer über den Tod seines Vaters zu überwinden und sich in Liebe an ihn zu erinnern wie die Nachbarn, die ebenfalls einen Sohn im Krieg verloren hatten? Seine Großeltern – sogar seine Mutter – hatten immer nur verhalten über ihn geredet, als könnten sie seine Grabruhe stören. Von seinem Marine-Corps-Dad wusste Matt lediglich, was er sich aus den Zeitungsausschnitten über seine Heldentaten im Krieg zusammengereimt hatte und was er aus seinen Auszeichnungen in der Bibliothek ersah. Nur ein einziges Mal hatte er sich ihm in der Erinnerung nahegefühlt, nämlich als sein Großvater ihm ein Foto in einem Lederrahmen schenkte, von ihm als Kleinkind mit seiner jungen, lächelnden Mutter. »Das hatte dein Dad bei sich, als er gefallen ist«, hatte sein Großvater erklärt. »Er würde sicher wollen, dass du es bekommst. Und noch etwas: Seine letzten Worte beim Abschied von deiner Mutter und mir lauteten: ›Sorg dafür, dass mein Sohn um meine Liebe zu ihm weiß, Dad.‹ Bitte vergiss diese Worte nie und bewahre sie hier.« Dabei hatte Percy die Hand aufs Herz gelegt.
    Matt schnürte es die Kehle zu. Mein Gott, wie viele Tragödien, wie viele vergeudete Leben, wie viele Jahre voller Bedauern, Kummer und Schuldgefühle … alles führte zurück zu jenem Stück Toliver-Land. Und nun setzte Rachel das Erbe der Zerstörung fort.
    Matt wandte sich dem Kassettenrecorder zu. Es war eine gute Idee von seinem Großvater gewesen, die Geschichte aufzunehmen. Egal, wie es mit ihm weiterging – nun gab es
eine Aufzeichnung der Wahrheit. Er hatte Fehler gemacht – welcher Mensch machte die nicht? –, aber die waren verzeihbar, und Gott wusste, dass er sie gesühnt hatte. Matt konnte Rachel eine Kopie der Aufnahme schicken, doch sie würde sie sich nicht

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