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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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er Percy im Büro angerufen, denn der hätte sicher Marys wegen keinen solchen schmucken Anzug gewählt.
    »Wie nett von dir«, sagte Mary und schenkte ihm einen Blick, der verriet, dass sie die Wahrheit ahnte und seinen Täuschungsversuch zu schätzen wusste.
    Den Arm nach wie vor um ihre Taille gelegt, wandte Percy sich Mrs Draper zu. »Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden
 – ich muss Mary nach Hause bringen. Ihre Mutter kann es kaum noch erwarten, sie zu sehen.«
    »Ach, tatsächlich?«, schnurrte Mrs Draper. »Freut mich, das zu hören. Mary ist sicher genau die Person, die sie jetzt braucht.«
    »Zweifelsohne. Eine angenehme lange Reise wünsche ich Ihnen, Mrs Draper.«
    »Vielen Dank, Percy.« Die Hand wieder an ihrer Gemme, klimperte sie kokett mit den Wimpern.
    »Danke, dass du mich gerettet hast«, seufzte Mary, sobald sie außer Hörweite waren. »Was für eine grässliche Frau.«
    »Ja, die schlimmste Sorte«, pflichtete Percy ihr bei, nahm ihre Hand und legte sie in seine Armbeuge. »Tut mir leid, dass ich nicht früher da war, um sie von dir abzuhalten.«
    »Eigentlich habe ich sie angesprochen. Sie hätte mich gar nicht erkannt.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Wie meinst du das?«
    Percy blieb stehen und fragte in gespielt erstauntem Tonfall: »Mary Toliver, bist du etwa auf Komplimente aus? – Und das von mir?«
    Sie ging sofort in die Defensive. Doch in seinem Blick sah sie nur Belustigung, keinen Spott. Seine Miene verriet Bewunderung, sogar Stolz. Sie lachte auf. »Keine Angst, Percy Warwick.« Sie setzten sich wieder in Bewegung. »Erklär mir lieber, was diese schreckliche Frau meint, wenn sie sagt, meine Mutter befindet sich in einer besonderen Lage. Ist Mama der Grund, warum du mich abholst und nicht Miles?«
    Er legte die Hand über die ihre und hielt sie fest, als wollte er verhindern, dass sie stolperte, bevor er antwortete: »Deine Mutter hat ein Alkoholproblem, Mary.«
    »Wie bitte?« Mary blieb wie vom Blitz getroffen stehen. »Du meinst … Mama ist Alkoholikerin?«
    »Ich fürchte ja.«
    »Wie konnte das passieren? Woher hat sie das Zeug?«
    »Dein Vater hatte wegen der Prohibition einen ziemlich großen Vorrat im Keller angelegt. Den hat sie gefunden, und als Miles und Sassie es gemerkt haben, war es schon zu spät.«
    Mutter … eine Alkoholikerin?, dachte sie entsetzt. Mit dem Wort verband sie Willensschwäche, und allein der Gedanke widerte sie an. »Alle außer mir scheinen Bescheid zu wissen, der ganze Ort.«
    Percys Miene veränderte sich; seine Augen begannen zu funkeln. »Ist das deine Hauptsorge, dass der gute Name der Tolivers Schaden nehmen könnte?«
    Natürlich nicht! , hätte sie am liebsten, verletzt ob seiner Mutmaßung, ausgerufen. Nein, sie machte sich Sorgen um ihre Mutter. Die Scham würde sie dazu bringen, ihr Zimmer überhaupt nicht mehr zu verlassen. Mary löste ihre Hand von Percys Arm. In ihrer Abwesenheit hatte sich also nichts verändert, am allerwenigsten zwischen ihnen. »Warum hat mir das niemand geschrieben?«
    »Miles wollte nicht, dass du es erfährst. Was hätte es auch genützt?«
    »Ich hätte nach Hause kommen können. Meine Abwesenheit hat rein gar nichts bewirkt.«
    »Einen Versuch war es wert, Mary – für dich nicht mehr als ein kleines Opfer, das du einfach bringen musstest, oder?«
    Welchen Sinn hatte es, ihm zu widersprechen? Seine Meinung über sie stand fest. Mit einem flauen Gefühl im Magen öffnete sie ihre perlenbesetzte Handtasche und sagte in dem Tonfall, den sie sich in Bellington Hall zugelegt hatte: »Hier sind die Scheine für mein Gepäck, insgesamt vier Stücke. Wärst du so freundlich, sie mir zu holen? Sie sind im Bahnhofsgebäude.«
    Percy umschloss sanft ihre Hand. »Tut mir leid, dass ich dir nicht den erhofften Empfang bieten kann, Gypsy.«
    »Ich lerne gerade, mir keine Hoffnungen mehr auf Dinge zu machen, die ich nicht selbst beeinflussen kann«, erwiderte sie und reckte das Kinn vor, um nicht weinen zu müssen.
    Er nahm ihr die Scheine ab und hob ihre Hand an die Lippen, ohne den Blick von ihr zu wenden. »Ich mache mir durchaus Hoffnungen, nämlich, dass ich eine Ausnahme von dieser Regel darstelle.«
    Sie entzog ihm die Hand. »Die einzige Ausnahme von dieser Regel besteht in meiner Hoffnung, dass Menschen, die mir wichtig sind, mich nicht falsch beurteilen. Wie kommen wir nun nach Hause?«
    Percy schüttelte den Kopf, als wäre jede weitere Diskussion mit ihr sinnlos. »Ich habe einen rot-gelben

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