Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
dem Gemüsegarten ausgegraben hatte?
Als Darla ihre Bedenken bemerkte, drückte sie ihre Hand. »Keine Sorge, Liebes. Ich weiß, da draußen ist nichts mehr.
Ich möchte nur wieder die Erde spüren und etwas pflanzen. Toby freut sich sicher über die Unterstützung.«
»Dir ist klar, dass dich immer jemand begleiten muss?«, erinnerte Mary sie mit sanfter Stimme.
»Ja. Toby könnte vormittags im Garten auf mich aufpassen, und nach dem Essen würde ich ein Nickerchen in meinem Zimmer machen. Nachmittags kann dann Sassie im Salon ein Auge auf mich haben. Ich würde gern einfach nur dort sitzen und ein bisschen lesen. Haben wir noch den Ladies Home Companion abonniert?«
»Tut mir leid, nein«, antwortete Mary, »aber die alten Ausgaben von früher liegen noch herum. Ich habe keinen Sinn darin gesehen, das Abonnement zu verlängern …«
Mary hielt den Atem an, weil sie erwartete, dass Darla wütend werden würde, doch die sagte nur: »Wie klug von dir. Ich war ja die Einzige im Haus, die die Zeitschrift gelesen hat. Mir ist bewusst, dass wir sparen müssen und es uns nicht leisten können, Geld für Dinge auszugeben, die wir nicht unbedingt brauchen.« Sie löste ihre Hände von denen Marys. »Ich frage dich nicht, wie es mit Somerset läuft. Bestmöglich unter deiner Leitung, nehme ich an. Du verbringst den größten Teil deiner Zeit auf den Feldern?«
Darla stellte die Frage mit sanfter Stimme, als würde die Antwort sie wirklich interessieren. Hatte sie sich etwa aus dem Verlies ihrer Verbitterung befreit? »Ja, Ma’am. Wir bereiten den Boden fürs Frühjahr vor.«
»Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, weil du deine Zeit auf der Plantage verbringen musst. Wenn ihr beide – Sassie und du – beschäftigt seid, kann vielleicht Beatrice mir Gesellschaft leisten. Ich weiß, dass sie euch das mehrfach angeboten hat. Wie sieht sie übrigens aus?«
»Jetzt, wo Percy zu Hause ist und sie nicht mehr Schwarz trägt, viel besser.«
»Ich hatte sie immer im Verdacht, dass sie damit nur Mitleid schinden und Aufmerksamkeit erregen will. Unsere Söhne sind alle im Krieg gewesen. Trotzdem würde ich sie gern sehen. Lädst du sie für morgen ein? Ich möchte sie um etwas bitten.« Sie legte den Kopf kokett schräg wie früher, und sofort wurde Mary wieder misstrauisch.
»Kann ich das nicht erledigen?«, fragte Mary, die das Schlimmste befürchtete. Alle im Ort, auch die Warwicks, hatten vor Verabschiedung des nationalen Prohibitionsgesetzes, das den Kauf und Verkauf von Alkohol ab dem 16. Januar verbot, Flaschen gehortet.
Darla durchschaute den Grund für ihre Frage sofort und winkte ab. »Keine Sorge. Ich will mir keine Flasche von ihr erbetteln. Nein, sie soll mir helfen, ein Fest zu planen.«
»Ein Fest?«
»Ja, mein Lämmchen. Weißt du, was Anfang nächsten Monats ist?« Darla kicherte über Marys erstaunten Gesichtsausdruck. »Ja, Liebes, dein Geburtstag! Dachtest du, den hätte ich vergessen? Wir werden eine schlichte, geschmackvolle Feier ausrichten, zu der wir die Warwicks, Abel und Ollie und, wenn du möchtest, auch die Waithes einladen. Schließlich habe ich die Jungs ziemlich lange nicht mehr gesehen, oder?«
»Stimmt, Mutter. Ein paar Jahre.« Natürlich hatte sie ihren Geburtstag nicht vergessen, ihren zwanzigsten – noch zwölf Monate, bis sie die volle Kontrolle über Somerset hätte. Doch dass ihre Mutter sich daran erinnerte, überraschte sie. Da hörte sie Sassies Schritte auf der Treppe und das Klappern von Porzellangeschirr. »Sassie bringt uns Kaffee und Zimtbrötchen«, erklärte Mary. »Sollen wir es wie früher beim Kaffee besprechen?«
»Ja, das wäre schön!« Darla klatschte begeistert in die Hände. »Aber alles kann ich dir noch nicht verraten, Mary,
mein Lämmchen. Ich möchte dich überraschen, damit du keinen Zweifel mehr an meiner Liebe zu dir hast.«
Als Mary später das Tablett in die Küche zurücktrug, fragte sie Sassie: »Was hältst du davon, Sassie?«
»Sie macht Ihnen was vor, Miss Mary. Ich kenne Ihre Mama, und genauso sicher, wie mein Rheuma mir sagt, wann’s ’s regnet, weiß ich, dass sie was im Schilde führt.«
Mary war sich nicht so sicher. Haus, Garten und Anwesen, Gartenlaube, Kutscherhäuschen und Werkzeugschuppen hatte man gründlich nach Alkohol durchsucht. Vielleicht glaubte ihre Mutter ja, sie hätten die eine oder andere Flasche übersehen, doch dann wäre sie bestimmt schon früher auf den Gedanken verfallen, das Zimmer zu verlassen. Auch
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