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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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mit Ollie und Charles Waithe beim Bridge. Für ihre Tarnung war es nötig, die beiden einzuladen. Fast glaubte sie, dass ihr Anblick verriet, wo sie viel lieber gewesen wären. Sie empfand es als Qual, mit Percy am selben Tisch zu sitzen, manchmal als Partnerin,
manchmal als Gegnerin, ohne ein Lächeln oder einen Blick in seine Richtung riskieren zu können. Diese Nachmittage zogen sich endlos dahin, und sie war froh, wenn endlich die Standuhr die Stunde schlug, zu der ihre Gäste sich für gewöhnlich verabschiedeten.
    Trotz seiner Ungeduld begriff Percy, dass es sinnvoll war, ihre Heiratsabsichten geheim zu halten, weil sie so vor Spekulationen geschützt blieben. Sie wussten beide, dass Beatrice in hektische Aktivität verfallen würde, sobald sie von der Hochzeit erfuhr. Außerdem mussten sie natürlich an Ollie denken.
    Über ihn hatten sie sich ausführlich unterhalten. »Wir sollten ihn bald einweihen, Mary.«
    »Warum?«
    »Weil er dich liebt, Dummkopf. Genauso lange wie ich.«
    »Das Gefühl hatte ich auch, aber ich dachte, mittlerweile gäbe er sich mit unserer Freundschaft zufrieden.«
    »Nein. Wenn ich geglaubt hätte, es bestünde auch nur die geringste Möglichkeit, dass du seine Liebe erwiderst, hätte ich nie etwas mit dir angefangen. Ohne Ollie würde ich schon lange in einem Grab in Frankreich liegen.«
    »Ich weiß«, sagte Mary und bekam eine Gänsehaut. »Meinst du, er macht sich nach wie vor Hoffnungen?«
    »Nicht bewusst, aber solange kein Ring an deinem Finger steckt, wittert ein Teil von ihm natürlich noch eine Chance.«
    »Gib mir bis Mitte August. Dann kannst du mir einen Ring kaufen«, erklärte Mary.

FÜNFUNDZWANZIG
    E s war das Ende der zweiten Augustwoche, Zeit, mit der Ernte zu beginnen. »Montagmorgen bei Tagesanbruch«, informierte Mary ihre Pächter am Samstag vor dem Pflückbeginn. »Ruht euch am Sonntag ordentlich aus. Wir fangen im Süden an und arbeiten uns nach Osten vor. Am Dienstag geht’s von Westen nach Norden. Steht um vier Uhr dreißig mit euren Wagen bereit.«
    Am Sonntagnachmittag war Mary so unruhig, dass sie beim Bridge zweimal einen gravierenden Fehler machte. »Ich hoffe, das ist kein schlechtes Omen«, seufzte Ollie.
    »Was soll das heißen?«, fragte sie in so scharfem Tonfall, dass die Männer sie verwundert ansahen.
    »Ich habe das Spiel gemeint«, erklärte Ollie mit einem verlegenen Lächeln. »Nicht die Ernte. Wie dumm von mir, ausgerechnet heute so eine Bemerkung zu machen. Du hast sicher alles im Griff auf Somerset und bist nächsten Sonntag um diese Zeit die glücklichste Frau im ganzen County.«
    »Darauf lasst uns trinken«, sagte Charles und füllte ihre Gläser mit Champagner, den er aus dem Weinkeller der DuMonts hergeschmuggelt hatte. Ihrer aller Meinung nach war die Prohibition nur etwas für Leute, die sich dafür ausgesprochen hatten. Mary winkte wie üblich ab, hob jedoch ihr Wasserglas. »Auf unsere Baumwollkönigin«, rief Charles aus. »Auf dass auch die Baumwolle immer königlich bleiben möge!«
    »Ein Hoch auf die Baumwollkönigin!«, stimmten die
anderen ein und stießen an, aber Ollies Bemerkung hatte der Freude ein Ende gesetzt und Mary an die Frage erinnert, die sie permanent beschäftigte: Hatte sie zu hoch gepokert?
    Mit der Entschuldigung, sie müsse am folgenden Tag früh aufstehen, schickte sie ihre Gäste eher als gewohnt nach Hause, auch Percy, der normalerweise zurückkam, wenn alle weg waren. »Ich bin einfach zu nervös«, erklärte sie ihm mit gesenkter Stimme, und er drückte verständnisvoll ihren Arm.
    Es war die Stille, die sie wenige Stunden nach Mitternacht weckte. Mary richtete sich kerzengerade im Bett auf, lauschte, schnupperte, schlug die Decke zurück, lief zur Verandatür und riss sie auf. »Nein!« , rief sie entsetzt aus. Drüben im Osten, wo Somerset lag, durchzuckten Blitze den Nachthimmel. In der Luft hing der Geruch von Regen, und in der Ferne hörte sie Donnergrollen. Und noch etwas anderes. Wieder schnupperte Mary. Staub. Mein Gott, nein! Bitte nicht, lieber Gott. Tu mir das nicht an. Papa, Thomas … helft mir!
    Sie zäumte Shawnee auf und schwang sich im Morgenmantel auf seinen Rücken, um ihn mit den Fersen über die menschenleere Straße zu dem Feldweg zu treiben, der zur Plantage führte. »Los, schneller, mein Junge!«, feuerte Mary den alten Wallach an und beugte sich tief über seinen Hals. Während sie durch die Nacht galoppierten, wurden ihre Gedanken klarer. Die Pächter wussten, was zu tun

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