Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

verlässt, solltest du deine Sachen packen, denn du wirst nicht mehr hierherkommen.«
    Mary wusste, dass Betteln keinen Sinn hatte. Sie sah ihm regungslos nach, hörte, wie er die Tür des Pierce-Arrow zuschlug, und dann das Knirschen von Kiefernnadeln unter seinen Reifen, als er wegfuhr. Es war Mitte August. Ihr wurde klar, dass das, was er eingesteckt hatte, ihr Verlobungsring war.

ACHTUNDZWANZIG
    F rüh am nächsten Morgen rief Mary von einem Nachbarn aus Ollie an und fragte ihn, ob sie ihn um zehn Uhr in seinem Geschäft aufsuchen dürfe. Sie hatte eine unruhige Nacht im Salon verbracht, weil sie in der Nähe der Tür sein wollte, falls Percy käme. Unzählige Male hatte sie von der Veranda aus die Straße in Richtung Warwick Hall hinaufgeschaut und war einmal sogar im Morgenmantel ein Stück den Gehsteig entlanggegangen in der Hoffnung, Licht in seinem Schlafzimmer zu sehen.
    Doch die Fenster waren alle dunkel gewesen.
    Entschlossen schlüpfte sie in ihr altmodisches Reisekostüm, band ihr Haar zurück und zäumte Shawnee für den Ritt zum DuMont Department Store auf. Ollie erwartete sie bereits am oberen Ende der Treppe zum ersten Stock. »Wie furchtbar, Mary«, begrüßte er sie und umfasste ihre Hände, die Krücken geschickt unter die Achseln geklemmt. »Ist es wirklich so schlimm, wie alle sagen?«
    Einen kurzen Augenblick lang glaubte Mary, er meine ihren Streit mit Percy, doch dann wurde ihr klar, dass er von dem Hagel redete. Offenbar wusste Ollie nichts von ihrer Trennung, denn wenn, hätte seine Miene es verraten. »Noch schlimmer«, antwortete sie. »Und genau deshalb bin ich hier, Ollie.«
    In seinem Büro setzte Mary sich auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch und schilderte ihm ihre Misere, einschließlich dessen, was der Bankier gesagt hatte. »Mir ist klar, dass ich,
wenn ich dich bitte, den Vertrag mit zu unterschreiben, gegen die Regel verstoße, an die sich unsere Familien seit ihrer Ansiedelung in Howbutker halten«, erklärte sie.
    »Ach was.« Ollie winkte ab. »Was für eine archaische Übereinkunft. Natürlich kannst du nichts anderes als Baumwolle auf Somerset pflanzen. Was für ein Gedanke! Raymond Withers sollte eigentlich wissen, dass es immer einen Markt für Naturfasern geben wird, trotz dieser neu entwickelten Synthetics. Es ist mir ein Vergnügen und eine Ehre, meine Unterschrift unter diesen Vertrag zu setzen, meine Liebe.«
    Zutiefst gerührt von seiner vorbehaltlosen Großzügigkeit, sagte Mary: »Noch etwas muss ich dir gestehen, Ollie. Ich habe mich zuerst an Percy gewandt.«
    »Aha. Und er hat sich geweigert?«
    »Ja.«
    Er hob die Hände mit einer typisch französischen Geste. »Vielleicht ist es besser so. Das würde nur Probleme bringen, gleich zu Beginn der Ehe.«
    Mary machte große Augen. »Du weißt Bescheid?«
    Ollie gluckste belustigt. »Was ihr füreinander empfindet, ist ungefähr so unauffällig wie ein Elefant bei einer Teegesellschaft. Natürlich weiß ich es. Genau wie Charles übrigens. Wann soll die Hochzeit steigen?«
    Mary senkte den Blick.
    »Nein!«, rief Ollie bestürzt aus. »Deswegen hat Percy sich also heute Morgen auf den Weg in die Wildnis gemacht. Gegen sechs hat er mich angerufen, um mir zu sagen, dass er mit dem Zug in eins der kanadischen Holzfällercamps der Warwicks fährt und noch nicht weiß, wann er zurückkommt. Ihr müsst euch ganz schön gezankt haben!«
    Mary erstarrte. Weg? In Kanada? Typisch Percy! Furcht kroch in ihr hoch. Es war die eine Sache, getrennt im selben Ort zu leben, nur ein paar Straßen voneinander entfernt, aber in
unterschiedlichen Ländern … »Ihm war klar, dass ich mich an dich wenden würde«, sagte sie.
    »Und das fand er nicht gut?«
    »Er glaubt, ich nutze deine Zuneigung aus.«
    Ollie schüttelte seufzend den Kopf, wobei sich eine Strähne seiner hellbraunen Haare löste, die kunstvoll frisiert waren, um zu kaschieren, wie schütter sie wurden. »Der Stolz der Männer«, bemerkte er in gespielt salbungsvollem Tonfall. »Ganz zu schweigen von dem der Frauen. Es bekümmert mich, dass ich die Ursache dieses ganzen Theaters bin.«
    »Nein, bist du nicht«, beeilte Mary sich, ihn zu beruhigen. »Für dieses Durcheinander sind einzig und allein Percy und ich verantwortlich. Wir haben grundsätzliche Differenzen, die wir offenbar nicht ausräumen können. Wenn du dich lieber aus der Sache heraushalten möchtest …«
    »Unsinn.« Ollie bedeutete ihr, sitzen zu bleiben. »Er überlegt sich’s anders, sobald er die