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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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Boden unter den Füßen weggezogen, stützte sich mit der einen Hand auf die Lehne eines Stuhls und legte die andere um die kaum wahrnehmbare Wölbung ihres Bauchs. Was soll ich bloß machen?, dachte sie.
    Und dann fiel ihr eine Lösung ein.

NEUNUNDZWANZIG
    M ary bat Ollie, sie am Abend zu besuchen. Er war einige Tage zuvor von seiner New York-Reise zurückgekehrt und brachte ihr einen entzückenden Teddybären aus dem Kaufhaus Macy’s mit. »Eigentlich hätte ich lieber was bei Tiffany’s für dich gekauft«, sagte er, »aber ich wusste, dass du das nicht annehmen würdest.«
    Die feuchte Schwüle des Sommers war vorüber, man konnte wieder draußen in der Gartenlaube sitzen und die erste Frische des Herbstes genießen. Ollie, der, die Krücken ans Spalier gelehnt, auf der Schaukel saß, wartete mit einer Tasse Schokolade in der Hand darauf, dass Mary ihm den Grund ihrer Einladung erklärte. Allmählich wurde es dunkel, und am Himmel funkelten die Sterne. Vom Zaun rief eine Eule herüber.
    »Dir liegt doch etwas auf der Seele, Mary. Verrat mir, was.«
    »Ich bin schwanger, Ollie«, antwortete sie mit gedämpfter Stimme. »Von Percy.«
    Es dauerte eine Weile, bis Ollie sich räusperte. »Das ist ja wundervoll, Mary.«
    Das Gesicht halb abgewandt, erwiderte sie: »Das wäre es, wenn ich Percy an meiner Seite hätte.«
    »Weiß er es?«
    »Er war schon weg, als ich’s gemerkt habe.«
    »Wo liegt das Problem, mon amie ?« Seine glatte Stirn legte sich in Falten. Wie üblich war das eine Hosenbein am Knie nach hinten gefaltet und unauffällig festgesteckt. »Du und
Percy, ihr liebt euch seit eurer Teenagerzeit. Er heiratet dich sofort, wenn du es ihm sagst. Und danach zu urteilen, wie du seit seiner Abreise Trübsal bläst, würde ich meinen, ihr beide solltet lieber gemeinsam jammern als getrennt. Schließlich warst du es, die ihn in die kanadische Wildnis getrieben hat.«
    »Leider kann ich ihn nicht erreichen. Seinen Eltern hat er geschrieben, dass er noch einen Monat oder auch länger wegbleibt. Der Brief kam gestern.«
    »Du meinst … Oje, Mary Lamb …« Ollie griff nach ihrer Hand. »Im wievielten Monat bist du?«
    »Ich … Ich vermute, im dritten. Allmählich sieht man’s.«
    »Tja, meine Liebe, da müssen wir überlegen. Du spielst nicht mit dem Gedanken, das Baby wegmachen zu lassen, oder?«
    »Nein, natürlich nicht. Das würde ich niemals tun.«
    »Dann sollten wir ihn aufspüren.« Ollie rutschte auf der Schaukel nach vorn, als wollte er sofort aufbrechen. »Ich könnte eine Suchmannschaft anheuern.«
    »Nein, Ollie.« Mary legte ihm die Hand auf den Arm. »Dafür bleibt keine Zeit. Percy zu finden dauert Wochen oder Monate. Und wenn er endlich zu Hause wäre, könnten wir bei der Hochzeit keinesfalls mehr behaupten, dass das Kind zu früh zur Welt gekommen ist.«
    Ollie sah sie hilflos an. »Was willst du dann tun?«
    Sie holte tief Luft. »Ollie, würdest du … könntest du dir vorstellen, mich zu heiraten und das Kind als das deine großzuziehen? Percy bräuchte nichts davon zu erfahren. Letztlich darf er es gar nicht wissen. Ich würde dir eine gute Ehefrau sein, Ollie, das verspreche ich. Du würdest es nicht bereuen.«
    Ollie sah sie mit großen Augen an. Als er sich einigermaßen gefangen hatte, sagte er: »Dich heiraten? Dich , Mary? Niemals …«
    Sein Nein hallte wie Donner in ihren Ohren. Sie konnte es nicht glauben. Doch sofort meldete sich das schlechte Gewissen. »Ollie, bitte vergib mir. Es tut mir leid, dich in eine solche Lage gebracht zu haben. Wie unsensibel und undankbar von mir, nach allem, was du für mich getan hast …«
    »Nein, nein, Mary! Du verstehst mich falsch! Niemals, auch in meinen verwegensten Träumen nicht, hätte ich gedacht, dass ich die Chance bekommen würde, dich zu heiraten. Gott sei mein Zeuge: Ich liebe dich seit dem Tag deiner Geburt, aber …« Er verzog das Gesicht. »Ich kann dich nicht heiraten. Ich kann niemanden heiraten.«
    Sie legte ihm sanft die Hand auf die Schulter. »Wegen deines Beins? Ollie, du bist trotzdem ein ganzer Mann. Wie du mit diesem Schicksalsschlag umgehst, macht dich sogar zu einem besseren Mann.«
    »Es dreht sich nicht nur um den Verlust des Beins, Mary Lamb …« Trotz der Dunkelheit merkte Mary, wie er rot wurde. »Ich habe auch noch … anderes verloren. Die Granate hat … mir meine … Männlichkeit geraubt. Ich kann keine Kinder zeugen und dir kein richtiger Ehemann sein. Ich wäre lediglich in der Lage, dich zu

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