Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
sich allerdings im Klaren darüber sein, dass sie haftet, falls Miss Toliver ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, weil sie als Minderjährige, wie du weißt, vor dem Gesetz nicht für ihre Schulden einstehen muss.« Er wandte sich wieder Mary zu. »Kennen Sie jemanden, der unter den genannten Bedingungen bereit wäre, den Vertrag mit zu unterzeichnen, Miss Toliver?«
Sein Blick schockierte sie. Er weiß über Percy und mich Bescheid , dachte sie. Er glaubt, ich hätte seine und Isabelles Hoffnungen zunichte gemacht, dass sie Mrs Percy Warwick wird. Wusste denn der ganze Ort von ihr und Percy? Und wenn ja, wie viel? »Haben Sie denn jemanden im Sinn?«, fragte sie. Withers’ Lächeln verwandelte sich in ein spöttisches Grinsen.
»Nun, die Bank würde natürlich die Unterschrift von Percy Warwick sehr schätzen, die Sie sicher leicht erhalten könnten angesichts … der Nähe Ihrer beiden Familien.«
Mary schob die mitgebrachten Unterlagen zusammen. »Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geschenkt haben, Mr Withers. Mr Waithe und ich werden über Ihre Vorschläge nachdenken und Ihnen unsere Entscheidung so schnell wie möglich mitteilen.«
»Warten Sie nicht zu lange, Miss Toliver«, ermahnte Withers sie und erhob sich. »Uns steht nur ein begrenzter Betrag zur Verfügung, den wir den Pflanzern geben können, und es sind bereits einige Anträge eingereicht worden.«
Emmitt folgte Mary hinaus. Draußen fragte er sie: »Mary, meine Liebe, was willst du jetzt machen? Was hast du vor?«
Mary holte tief Luft. »Etwas, das ich wahrscheinlich mein Leben lang bedauern werde.«
SIEBENUNDZWANZIG
A uf dem Weg zurück zur Houston Avenue überdachte Mary das Risiko, das sie dabei war einzugehen, doch was blieb ihr übrig? Sie würde nie etwas anderes als Baumwolle auf Somerset pflanzen. Natürlich wusste sie, was sie aufs Spiel setzte, indem sie Percy um seine Unterschrift bat. Abgemacht ist abgemacht , hatte er sie erinnert, und er erwartete, dass sie sich daran hielt. Sonst wäre sie keine echte Toliver. Aber hier handelte es sich nicht um ein Darlehen, sondern um eine Unterschrift; kein Geld brauchte den Besitzer zu wechseln. Zwar würde er für das Darlehen haften, wenn es im folgenden Jahr eine Missernte gäbe, jedoch keinen Penny verlieren. Fair Acres gehörte ihr. Wenn wieder eine Katastrophe über sie hereinbrach, würde sie es veräußern und Percy den Erlös geben. Und falls das nicht reichte – beim bloßen Gedanken daran bekam sie eine Gänsehaut –, wäre sie gezwungen, einen Teil von Somerset zu verkaufen.
Sie musste Percy davon überzeugen, dass ihre Bitte keinen Verstoß gegen ihre Abmachung und die Regel darstellte, an die die Familien sich seit fast einem Jahrhundert hielten. Beim Klappern von Shawnees Hufen dachte Mary zum ersten Mal ernsthaft über diese Regel nach, die sie bisher einfach als unabänderlichen Bestandteil der Familiengeschichte erachtet hatte. Sie fragte sich, wie man auf ein solches Prinzip verfallen war. Unter Freunden erschien es ihr als kalt, fast herzlos. Wen sollte man denn um Hilfe bitten, wenn nicht einen Freund? Warum hatten sie sich auf so etwas geeinigt?
Plötzlich begriff sie: Den Oberhäuptern der Familien war klar gewesen, dass es einem Machtverlust gleichkam, etwas von einem der anderen zu borgen. Noch schlimmer: Zu leihen bedeutete, in der Schuld des anderen zu stehen, und das beeinflusste die Freundschaft negativ oder zerstörte sie sogar. Es hieß, dem Freund nicht mehr ebenbürtig zu sein. Eine Restschuld blieb auch nach der Rückzahlung des Geldes. Das lag in der Natur des Menschen.
Aber, dachte Mary, eine durch einen Vermögenswert abgesicherte Unterschrift war kein Darlehen. Sie verstieß nicht gegen ihre Abmachung. An der Houston Avenue rief Mary Percy von einem Nachbarn aus in seinem Büro an. Da das Fräulein vom Amt möglicherweise mithörte, redeten sie die wenigen Male, die sie so Kontakt mit ihm aufnahm, unverfänglich wie Nachbarn miteinander.
»Hallo, Mary Toliver, was für eine Überraschung«, begrüßte er sie. Er klang erleichtert darüber, ihre Stimme zu hören. »Das heute Morgen tut mir leid. Lässt sich der Schaden beheben?«
»Natürlich, Percy. Die Felder sind ruiniert, doch das Haus ist nur leicht betroffen. Deshalb rufe ich an. Ich werde wohl einige Reparaturen vornehmen lassen müssen. Könntest du jemanden vorbeischicken, der mich berät?«
»Gern. Wann soll er kommen?«
»So gegen fünf?«
»Gut.«
Mary wunderte es nicht
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