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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: EJ Waldau
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kommentierte ich seinen Anblick. „Du hast nicht einmal deine Vampirzähne heraus gemacht.“

„Weil ich sie nicht raus kriege“, erklärte er schlapp und lehnte sich gegen die Wand. „Ich muss morgen zum Zahnarzt gehen. Aber danke für die freundlichen Worte.“

Ich bückte mich. „Hier“, stieß ich dabei aus und als ich mich wieder aufgerichtet hatte, hielt ich ihm einen Knochen von Kafka entgegen. „Beiß‘ da mal fest drauf, bestimmt fallen sie dann von alleine ab.“

Simon sah mich vollkommen unbeeindruckt an und ich ließ den Knochen fallen.

„Wow“, murmelte ich und zog die Augenbrauen hoch. „Gesucht wird Simon van der Veer, weil er den Witz gekillt hat.“

Wieder zeigte er unter seiner seltsam ernsten Miene keinerlei Reaktion.

„Wie sehen deine Eltern aus?“, fragte er stattdessen vollkommen unvermittelt und ich runzelte die Stirn.

„Hä?“

„Wie sehen deine Eltern aus?“, wiederholte er.

Hätte er mich nicht mit dieser verbissenen Ernsthaftigkeit angesehen, wären mich sicher ein paar sarkastische Antworten auf seine ungewöhnliche Frage eingefallen.

Stattdessen ging ich jedoch wortlos durch das Zimmer zu meiner Pinnwand, rupfte ein Foto meiner Familie herunter und drückte es ihm in die Hand.

Eine halbe Ewigkeit starrte er das Bild mit leicht zitternden Händen an. Dann schmiss er es auf meinen Schreibtisch und ohne ein Wort ging ans Fenster.

Reichlich eigenartiger Auftritt
    , kommentierte ich in Gedanken.

„Was ist gestern passiert?“, wollte er wissen und drehte sich wieder zu mir um. „Als du und Sarah umgekippt seid.“

Ich holte tief Luft und zuckte mit den Schultern. „Vielleicht solltest du da lieber mit deiner Schwester reden. Sie hat ein besseres Gedächtnis als ich und wahrscheinlich ohnehin schon an die vierhundert Theorien, Erklärungen und Pläne.“

Simon verschränkte die Arme und starrte mich an. Seine Lippen waren und er hatte sie aufgebissen.

„Ich will es von dir wissen“, beharrte er und ich verschränkte ebenfalls die Arme.

„Und warum?“, entgegnete ich. „Weil du deine Schwester für geisteskrank hältst?“

Wieder biss sich Simon auf die Lippe und ich befürchtete, sie könnte zu bluten beginnen. „Das mit Sarah tut mir Leid“, erklärte er harsch. „Ich hätte ihr Professor Whitmore nicht auf den Hals hetzen dürfen, das weiß ich jetzt auch. Aber erzähl‘ mir nicht, dass du alles, was momentan passiert, für vollkommen normal hältst.“

„Oh, glaub mir, ich bin sehr weit von der Beschreibung ‚normal‘ entfernt“, pflichtete ich ihm bei. „Aber was du getan hast war ziemlich daneben und übertrieben.“

Simons Gesicht verdunkelte sich. „Wusstest du, dass unsere Mutter seit sieben Jahren im Bett liegt?“, blaffte er mich an und kam auf mich zu. Mehr verblüfft als erschrocken wich ich zurück. „Wusstest du, dass sie seit sieben Jahren Medikamente nehmen muss, um nicht zu schreien vor Schmerzen, die kein Mensch auf dieser Welt erklären kann? Sie ist, um es einmal freundlich zu formulieren, wahnsinnig geworden, weil sie versucht hat, einem Geheimnis auf die Spur zu kommen, das uns betrifft.“

Er war nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt und ich konnte seinen Atem in meinem Gesicht spüren.

„Wusstest du das?“, stieß er mit einer eigenartigen Mischung aus Wehmut und Aggression aus. „Du hast keinen verdammten Schimmer, was diese ganze Sache in meiner Familie angerichtet hat, noch bevor irgendetwas von all dem hier passiert ist. Wie also hättest
du
    reagiert?“

Simons grüne Augen bohrten sich in mein Hirn. Ich musste schlucken und mein Atem ging flach. Er stand so nah vor mir, dass ich das Gefühl hatte, seine Aggression und Hilflosigkeit selbst zu spüren. Womöglich tat ich das ja auch, nur besser verdeckt, unter dem Schutzmantel des Sarkasmus.

„Es tut-“

Simon schüttelte den Kopf. „Lass es.“ Er klang nicht mehr wütend, auch wenn die Spannung aus seiner Stimme noch nicht verschwunden war. „Sag mir einfach nur, was passiert ist.“

Ein paar Sekunden starrte ich weiter in Simons Augen, dann wandte ich mich an ihm vorbei zu meinem Bett. Seine Nähe war nicht gerade die ideale Grundvoraussetzung für ein Gespräch, wie ich feststellen musste.

Er blieb am Schreibtisch stehen, während ich mich hinsetzte und die Schultern hochzog.

„Wo soll ich anfangen?“, fragte ich und Simon biss sich kurz auf die Zähne.

„Hast du eine Fähigkeit?“, wollte er dann wissen, ohne mich anzusehen.

„Ich

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