Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: EJ Waldau
Vom Netzwerk:
erträglicher für mich.

Richtig panisch wurde ich allerdings, als mir bewusst wurde, welch idiotischen Eindruck sie von mir haben musste, schließlich hatte ich seit sicher zwei Minuten nicht einmal mehr laut geatmet.

Ich strengte mich noch mehr an, was jedoch höchstens dazu führte, dass mein Gesicht langsam rot wurde.

Mann, ich will jetzt endlich pinkeln,
    schrie ich innerlich und hielt plötzlich inne.

In der Nachbarkabine war es genauso still und zwar schon die ganze Zeit.

Konnte es sein, dass wir beide das gleiche Problem hatten?

Sicher hätte ich die Situation lustig gefunden, hätte sie mir jemand erzählt, aber jetzt gerade sorgte diese Erkenntnis nur für einen erbärmlichen innerlichen Lacher.

Wie absurd war es denn, dass wir beide praktisch auf den Kloschüsseln festsaßen, nur weil noch jemand da war?

Einigermaßen mürrisch gab ich den Versuch auf, meine Blase zu leeren und konzentrierte mich darauf, genug Mut zusammen zu kratzen, wieder raus zu gehen.

Ich zog meinen Kleider wieder hoch, drückte die Spülung, um immerhin den Schein zu wahren und kaum hatte ich die Tür aufgeschlossen, hörte ich neben mir ebenfalls das Knacken des Türschlosses.

Mit gesenktem Kopf ging ich an eins der Waschbecken und es überraschte mich wenig, dass es mir meine Leidensgenossin gleich tat.

Stur starrte ich auf meine Hände, seifte sie säuberlich ein und versuchte aus dem Augenwinkel zu erkennen, wo sich ein Handtuchspender befand.

Natürlich neben dem Mädchen.

Sie räusperte sich leise und schnell sah ich wieder auf den Wasserhahnen vor mir.

„Kannst du...“ Sie räusperte sich noch einmal und ich sah kurz hoch. „Kannst du auch nicht pinkeln, wenn noch jemand da ist?“

Mit einem zaghaften Lächeln auf dem Gesicht schüttelte ich den Kopf, trocknete mir hastig die Hände ab und gleichzeitig gingen sie und ich aus der Tür um schnell weg zu kommen, ohne es jedoch nach einer Flucht aussehen zu lassen.

Der restliche Vormittag schleppte sich endlos dahin und in jedem neuen Fach wurde ich genötigt, mich vorzustellen. Von meiner ursprünglichen Ansprache, die ja bereits nicht gerade vor Länge getrotzt hatte, waren bis zur Mittagspause nur noch ein paar Fetzen übrig geblieben.

Die Mittagspause selbst verbrachte ich auf der Rasenfläche vor der Schule, da mein Interesse sehr klein war, mich vollkommen ohne Begleitung in die Cafeteria zu setzen. Nicht, dass ich schüchtern oder verzweifelt auf der Suche nach Freunden war. Es machte nur einfach nie einen besonders guten Eindruck irgendwo in einer Menschenmenge alleine zu sitzen, während der Rest nur in Grüppchen auftrat.

Also setzte ich mich unter einen Baum, fischte meinen MP3-Player aus meiner Tasche und ließ mich von wummernden Bässen in den Halbschlaf versetzen.

Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass ich wirklich fast einschlief und dementsprechend spät wieder ins Schulhaus stürmte.

Dass ich meinem Ruf aber auch immer gerecht werden musste.

Während dem Laufen versuchte ich meinen Stundenplan aus meiner Blazertasche zu angeln, um zu schauen, welches Fach ich als nächstes in welchem Raum hatte.

Es war Literatur, also natürlich gleich mal ein Fach, das mir Spaß machte und bei dem ich einen guten Eindruck machen wollte.

Als ich Raum einhundertzwei gefunden hatte, stemmte ich die Tür auf, dem Irrglauben unterlegen, alle Türen in dieser Schule würden klemmen und diesmal sauste die Tür mit einem ohrenbetäubenden Knall gegen die Wand und als sie noch immer ziemlich schwungvoll den Rückweg antreten wollte, sprang ich mit einem Satz ins Zimmer, um die Türe nicht ins Gesicht zu bekommen.

Das Schlimme an mir war einfach, dass ich nie den Eindruck eines Tollpatsch machte, was ja vielleicht noch süß oder lustig gewirkt hätte, sondern eher den eines Nilpferds, das auf Eiern laufen sollte.

Der ganze Kurs starrte mich mit riesigen Augen an, als könnten sie nicht glauben, dass jemand wirklich so dämlich einen Raum betreten konnte und als ich zum Lehrer sah, war mir klar, dass ich Eindruck hinterlassen hatte. Vielleicht keinen Guten, aber auch nicht wirklich einen Schlechten.

Mr. Brown, mein Literaturlehrer, sah mich eher mit einer Mischung aus Belustigung und Überraschung an.

Er war ein großer, schlanker, überraschend junger Mann mit blonden Haaren, die in alle Himmelsrichtungen abstanden und hätte er sich zwischen seine Schüler gesetzt, hätte man ihn höchstens für einen nicht besonders intelligenten Schüler gehalten, der

Weitere Kostenlose Bücher