Die Erben
sind fast ständig bei uns, da brauch ich keine Angst zu haben.“ Ich sah Kafka an, der regungslos neben mir sitzen blieb, statt dem Ast hinterher zu rennen. „Du bist so faul, weißt du das?“
Gran lachte und deutete auf einen Holzstamm. „Komm setzten wir uns, damit der Hund wieder zu Kräften kommt.“
„Das kannst du vergessen“, winkte ich ab, als ich mich neben sie nieder ließ.
„Also, warum reizt Fiona dich so?“, hakte Gran nach und sah mich eindringlich an.
„Du hältst mich sicher für verrückt, wenn ich dir das erzähle“, murmelte ich und begann meine Füße in den Sand zu bohren.
„Für verrückt halte ich dich eh schon.“ Gran lachte mich an und ich verzog das Gesicht.
„Ich habe von Fiona geträumt“, erklärte ich und beobachtete meine Gran, doch sie sah mich nur unbeeindruckt an und wartete.
„Naja, und in diesem Traum hat sie Thor betrogen“, fuhr ich fort. „Mit einem seiner Freunde. Ich weiß, wie bescheuert das klingt, aber es war so real. Und seit dem kann ich einfach nicht mehr normal mit ihr reden, auch wenn ich weiß, wie kindisch das ist.“
Ich bereitete mich innerlich darauf vor von Gran ausgelacht oder für verrückt erklärt zu werden, doch nichts davon passierte.
Stattdessen sah sie mich ernst an. „Hast du das nur einmal geträumt?“
„Nein, mehrmals“, antwortete ich leicht irritiert.
„Und kennst du diesen Freund von Thor?“, wollte sie wissen und ich verzog das Gesicht.
„Du nimmst das doch wohl nicht ernst, oder?“ Meine Augenbrauchen zogen sich zusammen und ungläubig beobachtete ich, wie Gran etwas verlegen wurde.
„Natürlich nicht“, winkte sie schnell ab. Etwas zu schnell, wie ich fand. „Aber vielleicht solltest du dem Ganzen trotzdem mal nachgehen. Einfach nur, um dich zu versichern, dass es nicht stimmt. Dann kannst du vielleicht auch wieder freundlicher mit ihr umgehen.“
„Aber wozu soll ich das denn herausfinden?“, fragte ich verständnislos und gestikulierte mit den Händen. „Sie betrügt ihn nicht. Wie dämlich müsste sie denn sein, um das wirklich zu tun? Es war einfach nur ein Traum.“
„Wahrscheinlich hast du Recht.“ Gran schlug mir lächelnd auf die Schulter und stand auf. „Wir sollten zurück gehen? Es wird kalt.“
4. Kapitel
- 4 -
Simon
„Und wie war die erste Woche ohne mich?“ Kyle nahm zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und warf mir eine zu, bevor er die Tür mit dem Fuß wieder schloss.
„Langweilig“, erklärte ich wahrheitsgemäß und öffnete die Flasche mit meinem Schlüsselbund. „Hastings hat am Montag gleich ein Gespräch mit mir geführt und seine Hoffnung geäußert, dass ich mich dieses Jahr zusammenreiße, jetzt wo du weg bist.“
Kyle lachte und setzte sich auf einen Sessel. „Was hast du geantwortet?“
„Dass man die Hoffnung nie aufgeben sollte.“ Grinsend prosteten wir uns zu und nahmen einen Schluck.
„Ich sag’s dir, Simon, Hastings ist ein Unikat“, meinte Kyle und lehnte sich zurück. „Der Mann hat bei der Hälfte unserer Streiche selbst gelacht, wenn wir aus dem Büro wieder draußen waren, da bin ich sicher.“
„Vermutlich“, gab ich ihm Recht.
Wir saßen in unserer Werkstatt, die eigentlich die Garage von Kyles Eltern war. Da es bei meinen Eltern ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre auch nur zu fragen, ob wir in deren Garage an meinem Motorrad oder Kyles Wagen basteln könnten, haben uns Tante Judith und Onkel George ihre Garage zur Verfügung gestellt und sogar Möbel hineingestellt.
„Und sonst?“, hakte Kyle weiter. „Irgendwas Neues in Canterbury?“
„Wir haben eine neue Schülerin“, berichtete ich und stellte meine Flasche auf den Tisch. „Sarah hasst sie jetzt schon.“
„Aha“, nickte Kyle. „Die Neue hat also ein Stipendium.“
„Richtig.“ Meine Schwester war überzeugt davon, der Förderverein, der für die Stipendien zuständig war, lege nicht genug Wert auf die Auswahl der Kandidaten und würde damit das gute Ansehen von Canterbury gefährden. Sie war eben durch und durch die elitäre Tochter unseres Vaters.
„Und wie ist die Neue?“, wollte Kyle wissen und ich zuckte mit den Schultern.
„Relativ ruhig und wenn sie doch mal was sagt ist es meistens bissig“, fasste ich zusammen. „Sie hat sich mit Ava Philipps angefreundet.“
„Ava Philipps? Die, die dir in den fünften einen Liebesbrief geschrieben hat?“
„Genau die“, pflichtete ich bei und lachte. „Die Kunstbesessene.“
„Oder wie Sarah sie
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