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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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teilnehmen wollen, so soll ihnen der Zutritt zur Kirche gewährt werden. Andernfalls findet keine Feier statt. Dann lasse ich mich so verscharren.
    Meine Sargträger sind: Harvey Moss, Duane Thomas, Steve Holland, Billy Bowles, Mike Mills und Walter Robinson.
    Anweisungen für die Beerdigung:
    Ich habe erst kürzlich ein Grab auf dem Friedhof der Irish Road Christian Church gekauft. Mit Mr. Magargel, dem Bestatter, ist bereits alles abgesprochen. Der Sarg ist bezahlt. Die Beisetzung nach der Trauer feier soll max. fünf Minuten dauern.
    Bis dann.
    Man sieht sich im Jenseits.
    Seth Hubbard
    Nachdem das Schreiben einmal um den Tisch herumgereicht worden war und alle es gelesen hatten, wurde Kaffee nachgegossen. Herschel schnitt sich ein großes Stück Zitronenkuchen ab und erklärte ihn für köstlich. Die Dafoes lehnten ab.
    »Sieht so aus, als hätte euer Vater alles ziemlich gut geplant«, bemerkte Ian, während er die Anweisungen noch einmal durchlas. »Kurz und knapp.«
    »Und wenn es ein Verbrechen war?«, platzte Ramona heraus. »Das haben wir noch gar nicht in Erwägung gezogen. Können wir wenigstens darüber sprechen? Was, wenn es kein Selbstmord war? Wenn das alles nur falsche Fährten sind? Glaubt ihr wirklich, Daddy hätte sich selbst umgebracht?«
    Herschel und Ian starrten sie an, als wären ihr gerade Hörner gewachsen. Beide hätten ihr am liebsten den Mund verboten und sie ausgelacht, stattdessen entstand eine peinliche Pause. Herschel biss langsam von seinem Kuchenstück ab, während Ian die beiden Blätter in die Hand nahm. »Meine Liebe, wie soll das gefälscht sein? Man erkennt Seths Handschrift auf zehn Meter Entfernung.«
    Sie weinte wieder und wischte sich die Tränen ab. Herschel fügte hinzu: »Ich habe den Sheriff auch darauf angesprochen, Mona, und er ist sich sicher, dass es Selbstmord war.«
    »Ich weiß, ich weiß«, murmelte sie unter Schluchzen.
    »Dein Vater hatte Krebs im Endstadium, mit Schmerzen und allem, er hat sein Schicksal selbst in die Hand genommen. Sieht aus, als wäre er ziemlich gründlich vorgegangen.«
    »Ich kann das nicht glauben«, sagte sie. »Warum hat er nicht mit uns gesprochen?«
    Weil ihr auch sonst nie miteinander gesprochen habt, dachte Lettie.
    Ian, der Rechtsexperte, fing an zu dozieren: »Das ist nicht ungewöhnlich für einen Selbstmord. Sie reden mit niemandem darüber und geben sich große Mühe mit der Planung. Vor zwei Jahren hat sich mein Onkel erschossen und …«
    »Dein Onkel war Alkoholiker«, sagte Ramona, als die Tränen getrocknet waren.
    »Ja, und er war auch betrunken, als er sich erschossen hat, aber er war trotzdem in der Lage, alles genau zu planen.«
    »Können wir bitte über etwas anderes reden?«, bat Herschel. »Mona, es war kein Verbrechen. Seth hat es selbst getan und Anweisungen hinterlassen. Ich schlage vor, wir durchsuchen das Haus nach Papieren, Kontoauszügen, dem Testament, nach allem, was uns nützen könnte. Wir sind seine Familie, und wir tragen die Verantwortung. So gehört sich das doch, oder?«
    Ian und Ramona nickten zustimmend.
    Lettie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Mr. Seth hatte alle Papiere in einem Aktenschrank in der Firma eingeschlossen. Letzten Monat hatte er Schreibtisch und Regale sorg fältig durchsucht und alle wichtigen Dokumente mitgenommen. »Lettie«, hatte er zu ihr gesagt, »wenn mir etwas zustoßen sollte, alles Wichtige ist in meinem Büro, gut verschlossen. Die Anwälte sollen sich darum kümmern. Nicht meine Kinder.«
    Außerdem hatte er gesagt: »Ich hinterlasse Ihnen auch ein bisschen was.«

5
    Gegen Montagmittag hatte sich die Neuigkeit von Seths Freitod unter den Anwälten im ganzen County herumgesprochen, und alle rätselten, welche Kanzlei wohl den Nachlass verwalten würde. Unnatürliche Todesfälle schlugen immer Wellen, insbesondere Autounfälle. Morde hingegen waren weniger beliebt – die meisten Mörder stammten aus den unteren Schichten und konnten keine hohen Honorare zahlen. Am Morgen hatte Jake noch nichts in der Hand gehabt – keinen Mord, keinen Auto unfall, kein vielversprechendes Testament. Am Mittag über legte er bereits, wofür er sein Honorar ausgeben würde.
    Es gab im Gericht immer etwas für ihn zu tun. Das Grundstücksregister befand sich in einem riesigen Archivraum im dritten Stock mit dicken Büchern, deren Eintragungen zum Teil zweihundert Jahre zurückreichten. Früher war er oft hergekommen, wenn ihm langweilig war oder er sich vor Lucien ver

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